Aufbauend auf den Ergebnissen der Bestandsaufnahme sollten für den Einkauf bestehende Ziele bestätigt oder überarbeitete Ziele und Strategien formuliert werden. Ziele und Strategien sollten schriftlich festgehalten und es sollte erläutert werden, warum es welche Änderungen gegeben hat.

 
Praxis-Beispiel

Minimierung von Kapitalbindung und Lagerkosten wird nachrangig

Bisher lautet ein wichtiges Ziel im Einkauf, die Bestände bei A- und großen B-Artikeln gering zu halten, um Kapitalbindung sowie Lagerkosten niedrig zu halten. Voraussetzung dafür ist, dass alle benötigten Materialien verfügbar bzw. binnen 24-36 Stunden lieferbar sind. Zudem soll mit Lieferanten hart um Preise und Zahlungskonditionen verhandelt werden. Falls möglich, soll Skonto gezogen werden. Andernfalls werden Zahlungsziele von mehr als 30 Tagen angestrebt.

Auf Grund der aktuellen Lage sollen die Ziele angepasst werden. Beispielsweise sollen höhere Lager- und Sicherheitsbestände aufgebaut werden. Dazu soll für alle wichtigen Materialien eine Bestands- und Bestellanalyse vorgenommen werden. Zudem rückt das Thema "Verbesserung der Lieferantenpflege" als Strategie in den Vordergrund. Es gilt, sich gegenüber den Anbietern als zuverlässiger Besteller und fairer Abnehmer zu positionieren. Harte Verhandlungen, um v.a. gute Preise und Konditionen zu erreichen, sollen derzeit in den Hintergrund rücken. Damit sich doch noch gute Konditionen und eine hohe Liefertermintreue erreichen lassen, sollen Prozesse verbessert und wichtige Zulieferer in die eigene Planung eingebunden werden. Davon verspricht man sich im Betrieb eine stärkere Bindung der Zulieferer an das eigene Unternehmen, weil diese genauer abschätzen können, was wann in welcher Menge bestellt wird. Das ist in schwierigen Zeiten ein Vorteil gegenüber Wettbewerbern. In der Logistik will man stärker auf langlaufende Rahmenverträge setzen. Zu den Zielen soll es Kennzahlen geben, mit denen sich die Zielerreichung überprüfen lässt.

Unternehmensindividuelle Lösungen entwickeln

Jedes Unternehmen muss sich Gedanken dazu machen, wie seine individuellen Einkaufsziele und die für deren Erreichung wichtigen Strategien aussehen sollen. Die Wahl der Ziele hängt auch davon ab, wie gut der Einkauf bisher aufgestellt ist. Bei der Formulierung von Zielen und Strategien sollte darauf geachtet werden, dass diese durch Kennzahlen messbar sind. Tab. 1 zeigt zwei mögliche Beispiele.

 
Ziele Strategien Mögliche Kennzahlen
Materialeinkauf zentralisieren Einkaufsregeln für das Gesamtunternehmen entwickeln, um Volumen zu bündeln Vom Einkauf verantwortetes Volumen
Anteil der Stammlieferanten für wichtige Beschaffungsgüter erhöhen (Definition wichtige Güter notwendig) Anteil Einkaufsvolumen von Stammlieferanten (für definierte wichtige Güter)
Erhöhung der Anzahl Rahmenverträge Rahmenvertragsanteil
Versorgung Produktion sicherstellen Pünktliche und unterbrechungsfreie Belieferung der Produktion Anteil pünktlicher Lieferungen an Produktion, Produktionsunterbrechungen auf Grund fehlender Materialien
Qualitätsniveau der Beschaffungsgüter gewährleisten Anteil Lieferungen ohne Beanstandungen
Liefertermintreue der Anbieter sichern Anteil pünktlicher Lieferungen

Tab. 1: Beispiele für Ziele und Strategien im Einkauf

 
Hinweis

Kennzahlen nur einmal zuordnen

Es kann vorkommen, dass Strategien und Kennzahlen zwei oder mehr Zielen zugeordnet werden können. In solchen Fällen ist es wichtig, dass man sich festlegt, welche Strategie bzw. Kennzahl welchem Ziel zugeordnet wird, um Missverständnisse und ständige Nachfragen zu vermeiden. Das sollte im Betrieb auch so kommuniziert werden.

 
Praxis-Tipp

Zielkonflikte zwischen Unternehmen und Einkauf gemeinsam lösen

Zwischen Beschaffungs- und Unternehmenszielen (u. a. Gewinn, Liquidität) bestehen immer wieder Zielkonflikte. Beispielsweise kann eine Top-Qualität bei Materialien i. d. R. nicht zu extrem niedrigen Kosten sichergestellt werden. Auch eine gerade in der aktuellen Lage notwendige höhere Lagerhaltung oder ein vorsichtigerer Umgang mit Lieferanten führt zu höheren Kosten und zusätzlicher Kapitalbindung. Hinzu kommt, dass das neue Lieferkettengesetz (LkSG) zu Kostensteigerungen führen kann, weil u. a. mehr auf ökologische Nachhaltigkeit und Einhaltung der Menschenrechte innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette geachtet werden muss. Diese und ggf. weitere Zielkonflikte zwischen Einkauf und Controlling müssen benannt und gemeinsam gelöst werden.

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