Das Internet der Dinge bildet die Infrastruktur für das Internet der Menschen – es öffnet die Räume für eine neue Art der Kommunikation und Zusammenarbeit. Das Internet der Menschen hat enorme Auswirkungen auf die individuellen Verhaltensweisen. Auch wenn wir wie schon an anderen Stellen die weiterreichenden Konsequenzen vielleicht noch nicht einmal ahnen, so können wir doch einige Veränderungen schon heute erleben bzw. beobachten:

  1. Die Vernetzung mehrerer Milliarden Menschen ist eine Tatsache, die inzwischen zu den Selbstverständlichkeiten des Alltags gehört. Sie prägt bereits unsere Kultur in einer Weise, der wir uns nur noch durch Absonderung entziehen können. Die Frage, ob wir uns vernetzen, steht nicht mehr, sondern nur noch die Frage, wie wir mit der Vernetzung und ihrer Gegenwärtigkeit umgehen wollen. Die heute Geborenen lernen damit zu leben, bevor sie laufen und sprechen können. Doch der Einbruch der Vernetzung in die Alltagskultur hat sich mit einer derartigen Geschwindigkeit vollzogen, dass es vielen Menschen schwerfällt, die damit verbundenen Veränderungen nachzuvollziehen und für sich selber positiv anzunehmen. Daraus erwachsen Widerstände und Hemmnisse, die von der Unternehmenssteuerung beachtet werden müssen.
  2. Das Internet der Menschen organisiert sich selbst. Es liegt in der Hand jedes Einzelnen, wann, wo, wie lange und in welchem Maße der Einstieg ins Netz erfolgt. Es bleibt auch den Einzelnen vorbehalten, welchen Apps sie sich anschließen, in welchen Gruppen sie sich engagieren und welche Inhalte sie mit anderen teilen. Das schließt auch Inhalte ein, die bisher als intern betrachtet wurden oder neue Kommunikationskanäle oder direkte Kontaktmöglichkeiten zwischen Menschen innerhalb und außerhalb eines Unternehmens, die in den "üblichen" Steuerungskonzepten nicht vorgesehen waren. Außerdem steht Selbstorganisation den tradierten Bildern von Befehl und Gehorsam, Planung und Ausführung, Vorgesetzten und Untergebenen diametral entgegen. Mit der Steuerung von Selbstorganisation haben sich Controlling und Qualitätsmanagement bisher eher am Rande und zumeist auch nur theoretisch befasst. Die meisten Führungskräfte stehen diesem Phänomen ziemlich hilflos und auch ablehnend gegenüber.
  3. Die wichtigste Orientierungsgröße im Internet der Menschen ist Attraktivität. Ob sich die Attraktivität aus dem ökonomischen Nutzen oder der Bequemlichkeit oder dem Gefühl der Zugehörigkeit oder irgendeinem Hype ergibt, erscheint im Strudel der unbegrenzten Möglichkeiten eher nebensächlich.

    Attraktivität ist allerdings infolge unserer auf "Objektivität" ausgerichteten Wahrnehmung eine schwer greifbare Größe. Und das in doppelter Hinsicht.

    Zum einen sind wir anfällig für attraktive Angebote, die uns scheinbar "kostenlos" nützliche Leistungen eröffnen. Dafür sind wir oft bereit, selbst sensible Daten über unser Verhalten ebenfalls "kostenlos" weiterzureichen (Ein oft genanntes Internet-Mem, dessen Ursprung sich nicht mehr eindeutig zurückverfolgen lässt, lautet: "if you're not paying for the product, you are the product"). Erst allmählich reift die Erkenntnis, dass diese Geschäftsmodelle auf manipulativen Beeinflussungen zu unseren Lasten beruhen oder auf hinter unserem Rücken ablaufenden Algorithmen mit intransparenten Kriterien und Verknüpfungen. Daraus resultieren Abhängigkeiten, die eine moderne Unternehmenssteuerung nicht ignorieren darf.

    Zum anderen fehlen sowohl im Controlling als auch im Qualitätsmanagement die Instrumente, die auf Attraktivität beruhende Netzwerk-Ökonomie zu beschreiben und zu messen, weil sie sich mit den uns vertrauten Methoden nicht "objektivieren" lässt. Das trübt den Blick sowohl auf die Chancen als auch auf die Risiken attraktiver Angebote im Internet der Menschen.

  4. Die Vielfalt vernetzter Kommunikationsmöglichkeiten führt zu unerwarteten oder auch unvorhersehbaren Rückkoppelungen. Sie führen auch dazu, dass falsche, halbwahre oder ungeprüfte Daten und daraus entstehende qualitativ mangelhafte Informationen sich mit derselben Geschwindigkeit verbreiten können wie qualitativ hochwertige Daten und Informationen. Daraus resultieren nicht deterministische Verhaltensweisen und neuartige Qualitätsprobleme, die unsere eher starren Planungs- und Steuerungssysteme grundlegend infrage stellen. Das Internet der Menschen erzwingt aus diesem Grunde einen Grad an Flexibilität und kritischer Aufmerksamkeit für Qualität, den wir bisher nicht gewohnt sind. Denn wir möchten "die Dinge" im Griff haben. Dabei hilft uns traditionell eine lineare, im Kopf nachvollziehbare Mathematik. Sie vermittelt ein Bild von Exaktheit und Klarheit verbunden mit dem Gefühl, durch Abweichungsanalysen selbst grenzwertige Situationen beherrschen zu können. Aber menschliche Netzwerke sind kein "Internet der Dinge". Es gibt hier keine "Dinge", die man in den Griff bekommen kann.
  5. Der einzelne Mensch ist häufig mit den modernen Entwicklungen und der Orientierung in einer künstlichen Umwelt überfordert. Seine evolutionären Programme und Fähigk...

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