Bekanntermaßen ist Rentabilität das Verhältnis von Gewinn zu Kapitaleinsatz. Dabei ergibt sich der Gewinn aus der Differenz zwischen Umsatz und Kosten. Tatsächlich könnte Industrie 4.0 durch Eröffnung neuer Geschäftsmodelle – statt Produzent künftig Dienstleister – eine Steigerung der Umsätze und Kapitalrentabilität ermöglichen. Einige Unternehmen beschreiten diesen Weg bereits erfolgreich (z. B. Trumpf[1]) oder sind auf dem Weg dahin.

Investitionsaufwand scheint hinreichend quantifizierbar

Der für die Berechnung der Rentabilitätssteigerung erforderliche zusätzliche Kapitaleinsatz sowie die Prognose der laufenden Auszahlungen erscheint dabei – wie auch bei anderen bisherigen Investitionen – gut quantifizierbar, wenngleich auch die Planungsgenauigkeit stark vom Innovationsgrad des neuen Industrie 4.0-Geschäftsfeldes abhängt. Szenario-Techniken und Variantenrechnungen sind hier aber bewährte Instrumente zur Bewertung und Eingrenzung der Planungsunsicherheit.

Umsatzpotenzial schwierig zu bewerten

Schwieriger ist oftmals – wie aber im Grunde bei den meisten Investitions- oder Projektrechnungen – die Einschätzung des Nutzens der neuen Geschäftsmodelle. Absatzsteigerungen hängen meist von der emotional geprägten Kaufentscheidung des Kunden ab; dies gilt entsprechend auch für die durch Industrie 4.0 neu generierten Produkte und Dienstleistungen. Entsprechend schwer ist das Absatz- und Umsatzpotenzial abzuschätzen.

Marktforschung und Planung bleiben unverzichtbar

Hilfe können hier ausgefeilte Marktforschungsmethoden bieten. Gute Erfahrungen wurde dabei bspw. mit der Conjoint-Measurement-Methode gemacht. Dieses aus der Psychologie abgeleitete Verfahren, bekannt vor allem aus dem Target Costing, versucht Kundenpräferenzen abzuschätzen, die Kaufentscheidungen zugrunde gelegt werden. Hierbei werden Probanten einer Zielgruppe zu ihren Vorstellungen hinsichtlich des Produkts oder der Dienstleistung und deren Funktionalität in Kombination mit einem möglichen Kaufpreis befragt. Paarweise werden dabei immer Produkt- oder Servicefunktionen und alternative Preise den Befragten vorgelegt, die dann ihre Präferenz für eines der beiden Produktmerkmale benennen müssen. Diese mehrfach durchgeführten paarweisen Vergleiche führen dann zu einer zielgruppenspezifischen Präferenzstruktur aus der sich dann sowohl die Kaufneigung für das Produkt oder die Dienstleistung als auch die Kaufpreisbereitschaft ableiten lassen.[2] Aus diesen Erkenntnissen wiederum lassen sich anschließend Marktpotenziale ableiten und Marktanteile abschätzen, wichtige Prämissen einer Projektrechnung. Die Wirtschaftlichkeit selbst lässt sich auf Basis der Planungsprämissen dann gut mit den allseits vertrauten Algorithmen einer Investitionsrechnung ermitteln.

Ergänzend sind Instrumente zu empfehlen, um neue Geschäftsmodelle ganzheitlich zu betrachten. Häufig zitiert wird dabei die "Business Model Canvas".[3] Dabei handelt es sich um eine Visualisierungs- und Kommunikations-Methode, die bei der Entwicklung innovativer und komplexer Geschäftsmodelle unterstützt. Hierzu werden auf eine "Canvas" (Leinwand, Papierbogen) 9 Felder eingezeichnet, die jeweils die Schlüsselfaktoren eines Geschäftsmodells repräsentieren. Diese sind:

  1. Geschäftspartner,
  2. erforderliche Aktivitäten zur Erbringung des Produkts oder der Dienstleistung,
  3. Nutzenversprechen gegenüber dem Kunden,
  4. Kundenbeziehungen,
  5. Zielgruppen,
  6. Ressourceneinsatz,
  7. Vertriebs- und Kommunikationspolitik,
  8. Kosten und
  9. Einnahmequellen.

Zu jedem Feld werden anschließend in Stichworten Ideen vermerkt. Auf diese Weise lassen sich viele Einzelideen zu einem Geschäftsmodell baukastenartig zusammenfügen und zueinander in Beziehung setzen, bis ein marktfähiges, erfolgversprechendes Geschäftsmodell gefunden ist. Auf Basis daraus abgeleiteter monetärer Prognosen können abschließend Finanzpläne erstellt werden, die Aussagen zur Rentabilität oder Liquidität der neue Geschäftsidee zulassen.

Eine Erweiterung des Controllinginstrumentariums erscheint insofern mit Blick auf die Bewertung neuer Geschäftsmodelle nicht erforderlich.

[1] Vgl. ICV, 2015, S. 25 ff.
[2] Näheres dazu bspw. bei Baier/Brusch, 2009.
[3] Vgl. Obermaier u. a., 2017, S. 125.

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