Zusammenfassung

  • Ein hilfreiches Werkzeug zur Produktivitätssteigerung ist die Wertstrom-Methode. Mit ihrer Hilfe möchte man einer Fertigung einen durchgängigen "Fluss" verleihen und dabei Überproduktion und Verschwendung zu vermeiden.
  • Zur Bewertung der Produktivitätsverbesserungen würde man aus Controllingsicht gerne eine monetäre Kosten-Nutzen-Betrachtung mit unmittelbarer Aussage auf die Rentabilität favorisieren. Mit Blick auf die vielfältigen Ursache-Wirkungs-Beziehungen einer komplexen Fertigung sowie dem doch stark technisch geprägten Umfeld erscheint eine alternative Bewertung an Hand ausgewählter Leistungskennzahlen hilfreicher.
  • Diese Kennzahlen liefert die Wertstrom-Methode selbst: neben dem "Fluss-" bzw. dem "Fließgrad" stehen dabei die Gesamtanlageneffektivität, EPEI-Wert, Flächennutzungsgrad und Flächenwachstumsgrad sowie Kennzahlen zur Mitarbeiterproduktivität im Mittelpunkt.
  • Deren Formeln zu kennen, ist die eine Sache; sie anzuwenden und zu interpretieren, eine andere. In beiden Fällen ist jedoch die Kenntnis der Wertstrom-Methode und den ihr zugrundeliegenden Leitlinien von Lean Production unentbehrlich.

1 Neue Kennzahlen braucht die Fabrik!

Hohe Produktivität dank regelmäßiger Optimierung

Die deutsche Wirtschaft ist hoch-wettbewerbsfähig. Dies liegt einerseits an dem technisch-anspruchsvollen, innovativen und qualitativ hochwertigen Produktportfolio Deutschlands, andererseits aber auch an der Produktivität deutscher Unternehmen. Trotz zahlreicher Konkurrenz der Niedriglohnländer macht der industrielle Sektor in Deutschland konstant seit ca. 20 Jahren etwa ein Viertel des deutschen Bruttoinlandprodukts aus.[1] Die Initiative "Wir produzieren Deutschland ®"[2] verweist mit Stolz darauf und nennt zahlreiche in Deutschland ansässige Unternehmen. Gründe für die hohe Produktivität in Deutschland sind dabei neben der guten Infrastruktur Deutschlands (Qualifikation der Mitarbeiter, Verkehrsanbindung, Kundennähe) der stetige Wille deutscher Unternehmen, die bestehende Fertigung zu optimieren und stets neue Rationalisierungspotenziale zu erschließen.

Ausgangspunkt: Die schlanke Produktion

Auch wenn über Rationalisierung in Deutschland vermutlich bereits seit Einführung der industriellen Produktion nachgedacht wird, hat diese Thematik Anfang der 1990er Jahre mit der Diskussion um "Lean Production" und "Lean Thinking"[3] einen deutlichen Schub erhalten. Im Rahmen dessen hat man damals angefangen, die Fertigung systematisch zu durchleuchten, um jede Art von Verschwendung aufzudecken und natürlich auch zu beseitigen. Natürlich hat man auch bis dato nach Optimierungen in der Fertigung gesucht. Diese waren allerdings oftmals nur punktuell und teilweise zufallsgetrieben. Mit Einzug der "schlanken Produktion", die erstmals im Produktions System von Toyota umgesetzt wurde,[4] erhielt die Suche nach Effizienzsteigerungen eine konsequente Stringenz und Systematik.

Analyse-Werkzeug Wertstrom-Methode

Methodisch bediente man sich damals Werkzeugen der Prozessanalyse, die man dann auf die Bedürfnisse der Fertigung hin optimierte und die damals in namhaften deutschen Industrieunternehmen als "Fertigungsanalyse" bezeichnet wurde. Mit Veröffentlichung der Vorgehensweise, vor allem durch amerikanische Autoren, die diesen Ansatz als "Value Stream Method" bezeichneten, wurde dann der deutschsprachige Begriff "Wertstrom-Methode" eingeführt. In dieser Methode sind Werkzeuge der Prozess-Visualisierung und Prinzipien der Gestaltung optimaler Fertigungsabläufe vereint. Unter Beteiligung zahlreicher Personengruppen, die direkt oder indirekt am Fertigungsprozess beteiligt sind, wird der Fertigungsprozess zunächst erfasst, optisch in Form eines Flussdiagramms – jedoch mit eigener Symbolik – dargestellt, diskutiert und anschließend gemeinsam Verbesserungspotenziale vorgeschlagen. Der so entwickelte, vermeintlich ideale Ablauf des Fertigungsprozesses wird als Soll-Ablauf verabschiedet und anschließend durch entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen umgesetzt.

Effizienz mit Wertstromkennzahlen bewerten

Dabei sind bereits frühzeitig Nutzen und Aufwand gegenüberzustellen, um den Umfang des Produktivitätsfortschritts bzw. der Wirtschaftlichkeitssteigerung zu erkennen. In der Tradition des Controllings versucht man dabei, Nutzen und Aufwand monetär mithilfe von Kosten-Vergleichsrechnungen oder Investitionsrechenverfahren zu bewerten. Dies ist aber oftmals, wenn überhaupt, nur mit hohem Zeitaufwand möglich: Verbesserungen des Fertigungsablaufs sind häufig sehr vielfältig und in Ihrer Gesamtheit manches Mal nicht vollständig erkennbar. Zudem gibt es meist auch qualitative Verbesserungen, bei denen eine monetäre Bewertung nicht möglich ist. Ein Hauptgrund auf diese monetäre Bewertung zunächst zu verzichten, ist das Denken und Handeln der an der Prozessoptimierung beteiligten Personen: dieses ist stark geprägt vom Denken in technischen Parameter, wie Stückzahlen, Zeiten, Flächen und Prozentwerten. Die Umrechnung in Euro-Beträge und anschließend erforderliche Rückrechnung in Leistungsgröß...

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