Zusammenfassung

Die Autorin schlägt den VUCA-Pathfinder als sinnvolle Ergänzung der bestehenden Controller-Rollen vor. Der Artikel zeigt auf, welche Herausforderungen das VUCA-Umfeld für die Controller mit sich bringt und mit welchem Mindset und mit welchen Instrumenten ein erfolgreiches VUCA-Pathfinding – und damit ein Beitrag des Controllings zu besseren Entscheidungen – gelingen kann.[1]

[1] Dieser Beitrag erschien im Controller Magazin 2/2021.

1 Theorie und Praxis

In Theorie und Praxis wird diskutiert, wie sich die klassischen Controller-Rollen[1] weiter entwickeln sollten bzw. welche weiteren Rollen(zuweisungen) zukünftig sinnvoll sind.[2]

Der zunehmende Grad an Unsicherheit, der uns nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie eindrücklich und schmerzlich vor Augen geführt wurde, stellt Organisationen vor Herausforderungen. Sofern Controller Manager zielgerichtet und wirkungsvoll unterstützen wollen, muss sich das auch in den Rollenzuweisungen und den daraus resultierenden Kompetenzprofilen widerspiegeln. Aus dieser Überlegung heraus resultiert der Vorschlag der Rollenentwicklung des Controllers als VUCA Pathfinder. Aufgrund der Bedeutung des Themas Unsicherheit sehe ich diese Rollenentwicklung – neben den aktuell durch die Digitalisierung geprägten diskutierten Rollenerweiterungen der Controller, die unter Rollenbezeichnungen wie beispielsweise Data Scientist, Data Engineer, Decision Scientist[3] oder Analytics Translator[4] diskutiert werden, als die beiden wichtigsten Rollenerweiterungen bzw. -ergänzungen für die Sicherung der Relevanz der Controller.

Der Begriff des Pathfinders erscheint mir im VUCA Kontext zielführender als der bisher übliche Begriff des Navigators. Während der Navigator mit einer bestehenden Landkarte arbeitet, zeichnet den Pathfinder aus, dass er häufiger innehalten muss, um den nächsten Abschnitt des Weges "entdecken" zu können. Navigieren kann man auch mit dem Wochenendtrip nach Paris vergleichen: man weiß wo sich die Sehenswürdigkeiten befinden und plant seinen Weg entsprechend. Ganz anders verhält es sich dagegen beim Pathfinding, das eher mit der "Dschungel-Safari" vergleichbar ist, bei der man – zugegebenermaßen etwas übertrieben formuliert – alle paar hundert Meter auf einen Baum klettern muss, um den Überblick zu behalten.[5]

[1] Für die bessere Lesbarkeit wird im Artikel Controller und Entscheider im Sinne eines generischen Maskulinums, das alle Geschlechter beinhaltet, verwendet.
[2] Vgl. Schäffer/Brückner, 2019.
[3] Vgl. Schäffer/Brückner, 2019.
[4] Vgl. Henke/Levine/McInerney, 2018.
[5] Sofern Organisationen es vorziehen, bei der Bezeichnung der Rolle in der Bilderwelt des Segelns zu verbleiben, bietet sich für das VUCA-Umfeld eine Rollenbezeichnung an, die aus dem von Peter Kruse geprägten Bild des VUCA-Umfeldes als einem, in dem Entscheider nur noch auf Sicht segeln können, abgeleitet ist.

2 Welche 4 Herausforderungen stecken hinter dem Begriff VUCA?

Die erste ist die Volatilität: das Umfeld zeichnet sich durch Unbeständigkeit mit hoher Schwankungsbreite aus, d. h. Ausmaß, Häufigkeit und Unprognostizierbarkeit der Veränderungen nehmen zu. Dies führt zu Anpassungsbedarfen bei der Gestaltung der Controlling-Kernprozesse Planung und Forecasting. Da es bereits viele Veröffentlichungen dazu gibt, wie man diese Prozesse sinnvoll anpassen kann, soll dieses Thema im Rahmen des Artikels nicht weiter vertieft werden.[1]

Auf drei Erfordernisse sei aber nochmals kurz hingewiesen. Zum einen ist bei Planungsprozessen eine Akzentverschiebung dahin gehend erforderlich, dass Planungen mehr die Bandbreite von Möglichkeiten aufzeigen, anstatt illusorische Sicherheiten zu präsentieren. Zum zweiten ist es im volatilen Umfeld sinnvoll, nicht (mehr) zu viele Ressourcen in Planungsprozesse zu investieren, sondern stattdessen mehr Ressourcen dafür zu nutzen um Mechanismen zu implementieren, die die Verwundbarkeit der Organisation reduzieren bzw. ihre Anpassungsfähigkeit erhöhen. Und als drittes der Hinweis, dass der Blick nach draußen noch stärker in den Vordergrund rücken muss, da Ausmaß und Richtung der eingetretenen Volatilität integraler Bestandteil der Erfolgsbeurteilung sein müssen.

Die zweite Herausforderung ist die Unsicherheit. Sie ist gekennzeichnet durch das Fehlen 100 %iger Sicherheit, d. h. es gibt mehr als eine Möglichkeit. Der "Kardinalfehler" mancher Controller ist hier, dass sie der Unsicherheit in ihren Analysen nicht Rechnung tragen. Unsicherheit hat eine Form, d. h. man kann nicht sagen, dass die Zukunft unsicher ist und dass man im nächsten Jahr ein Ergebnis von 54.687 EUR erwartet. Falsche Präzision ist nicht informativer, sondern irreführend. Wichtig ist auch zu beachten, dass Unsicherheit nicht gleichbedeutend mit Risiko ist. Dies ist am Beispiel des Würfelns gut nachvollziehbar. Beim Würfeln besteht eine Unsicherheit, welche Zahl man würfelt. Solange man aber kein Geld darauf wettet, besteht kein Risiko.

Die dritte Herausforderung ist die Komplexität, die dazu führt, dass Ursache-Wirkungszusammenhänge häufig nicht nachvollziehbar sind. Dies ist für Controller eine große Herausfo...

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