Folgt man dem vorherrschenden Controller-Leitbild, das Controllerinnen und Controllern die Rolle des betriebswirtschaftlichen Gewissens zuschreibt,[1] wird die Funktion des Controllers mit der Sicherstellung des grundlegenden Formalziels der Gewinnerzielung von Unternehmen gleichgesetzt. Die Frage nach dem Fortbestand des Controllings und der Rolle des Controllers stellt sich demnach nicht, solange der Fortbestand von Unternehmen im vorherrschenden Wirtschaftssystem vom erzielten Gewinn abhängt. Tatsächlich ergeben sich durch die inhaltliche Ausrichtung des Wertschöpfungsbeitrags auf das Formalziel der Gewinnerzielung für den Fortbestand des Controllings und der Controller erhebliche Vorteile im Vergleich zu anderen Funktionsbereichen. Anders als bei vielen Fachkräften ist der Fortbestand von Controllern als betriebswirtschaftliches Gewissen nicht mit bestimmten Branchen, Geschäftsmodellen oder Unternehmensbereichen verknüpft. Selbst wenn große digitale Handelsplattformen keine ausgebildeten Fachverkäufer mehr benötigen, besteht deren Bedarf an einer betriebswirtschaftlich fundierten Entscheidungsfindung und Unternehmenssteuerung weiterhin.

Zudem kann das betriebswirtschaftliche Gewissen nicht ohne weiteres durch andere Querschnittsfunktionen übernommen werden. Führungskräfte verantworten die aktuelle Unternehmensführung und gestalten die zukünftige Entwicklung des Unternehmens durch neue Ideen und Strategien. Obwohl sie aufgrund ihrer Ergebnisverantwortung an einer neutralen betriebswirtschaftlichen Beurteilung ihrer Entscheidungsoptionen interessiert sind, fehlt ihnen die Zeit und das Detailwissen zur eigenständigen Ermittlung und Interpretation betriebswirtschaftlich relevanter Informationen oder gar der Pflege von Self-Service Controlling-Tools. Data Scientists sind Experten für das Datenmanagement und modellbasierte Analysen mit IT-basiertem und/oder mathematischem Fachwissen. Die Spezifikation der zu analysierenden betriebswirtschaftlichen Fragestellung, die Identifikation und Herleitung belastbarer Inputs zur Modellierung sowie die Validierung und betriebswirtschaftliche Interpretation der Ergebnisse erfordern jedoch darüber hinaus betriebswirtschaftliches Fachwissen.

Die emotional aufgeladene Frage nach dem Ausmaß der Bedeutung von Controlling sowie Controllerinnen und Controllern mit Fortschreiten der Digitalisierung ist daher nicht zielführend. Stattdessen sollte die Fragestellung adressiert werden, wie Controlling mithilfe der Digitalisierung weiterentwickelt werden kann und welche Kompetenzen der Controller in der digitalen Welt benötigt. Solange wir ein kapitalistisches Wirtschaftssystem haben, bei dem ein zentraler Faktor für den Fortbestand des Unternehmens dessen Profitabilität/Wertschöpfung für den Shareholder ist, werden Controller benötigt. Die Manager und IT-Experten schaffen es ohne die Controller nicht, gewinnmaximierend zu wirtschaften, auch wenn alles automatisiert werden könnte.

Dieser Beitrag knüpft an diese Fragestellungen an, indem er zunächst die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Aufgaben, die Rolle und die Kompetenzen des Controllers skizziert. Darauf aufbauend werden Wege zur zielgerichteten Weiterentwicklung von Controllerkompetenzen aufgezeigt, um dem Leser einen Einstieg in die praktische Umsetzung dieses zukunftsweisenden Aufgabengebiets zu ermöglichen.

[1] Vgl. International Group of Controlling, 2013, S. 1.

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