Zusammenfassung

 
Begriff

Bilanzierungswahlrechte, auch "Ansatzwahlrechte" genannt, stellen es den Unternehmen frei, bestimmte Vermögensgegenstände/Wirtschaftsgüter, Schulden (Verbindlichkeiten, Rückstellungen) oder Rechnungsabgrenzungsposten in der Bilanz auszuweisen.

Nach dem Vollständigkeitsgebot[1] muss der Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Mit dieser Einschränkung sind insbesondere die gesetzlichen Ansatzwahlrechte gemeint, also die Aktivierungs- und die Passivierungswahlrechte.

Handelsrechtliche Aktivierungs- und Passivierungswahlrechte folgen i. d. R. aus Einzelvorschriften. Sie ergeben sich nicht aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Daher sind sie nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz EStG für die Steuerbilanz maßgebend. Ihre Wirkung für die Steuerbilanz ist daher aufgrund steuerrechtlicher Maßstäbe zu prüfen.

 
[1] § 246 Abs. 1 HGB; hierzu Justhoven/Meyer, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 246 HGB Rz. 2ff.

1 Handelsrechtliche Bilanzierungswahlrechte

1.1 Aktivierungswahlrechte

Es bestehen seit der umfassenden Änderungen des HGB durch das BilMoG noch die folgenden handelsrechtlichen Aktivierungswahlrechte für

Das Damnum/Disagio darf in der Handelsbilanz aktiviert werden. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabebetrag und dem Erfüllungsbetrag einer Verbindlichkeit kann voll als Aufwand gebucht oder ganz oder teilweise aktiviert werden. Ein aktiviertes Damnum/Disagio ist planmäßig abzuschreiben. Die Verteilung der Abschreibungen kann auf die gesamte oder einen Teil der Laufzeit des Darlehens geschehen.

Für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens mit Ausnahme von selbst geschaffenen Marken, Drucktiteln, Verlagsrechten, Kundenlisten oder vergleichbaren immateriellen Vermögensgegenständen besteht ein Aktivierungswahlrecht.[4] Hierdurch soll der zunehmenden Bedeutung der immateriellen Vermögensgegenstände im Wirtschaftsleben Rechnung getragen werden. Ein aktivierter Betrag wird mit einer Ausschüttungssperre belegt.[5]

[1] § 250 Abs. 3 HGB; Bertram, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 14. Aufl. 2023, § 250 HGB Rz. 18ff.
[2] § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB; Bertram, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 14. Aufl. 2023, § 248 HGB Rz. 37ff.
[3] § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB; Grottel/Larenz, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 274 HGB Rz. 15f.

1.2 Passivierungswahlrechte

Passivierungswahlrechte bestehen noch für Pensionsrückstellungen, wenn der Rechtsanspruch auf laufende Pension oder Anwartschaften auf Pension vor dem 1.1.1987 erworben wurde. Ebenfalls bestehen Bilanzierungswahlrechte, wenn Pensionen für vor dem 1.1.1987 erworbene Rechtsansprüche nach dem 31.12.1986 erhöht worden sind.[1]

2 Auswirkungen der handelsrechtlichen Bilanzierungswahlrechte auf die steuerliche Gewinnermittlung

2.1 Auslegung aus dem Sinn und Zweck der steuerlichen Gewinnermittlung

Nach Auffassung des BMF[1] führen handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte zu Aktivierungsgeboten in der Steuerbilanz, es sei denn, die Aktivierung in der Steuerbilanz ist aufgrund einer steuerlichen Regelung ausgeschlossen. Z. B. besteht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens handelsrechtlich ein Aktivierungswahlrecht,[2] während hierfür steuerrechtlich ausdrücklich die Aktivierung ausgeschlossen ist.[3]

Hingegen ergibt sich aus einem handelsrechtlichen Passivierungswahlrecht in der Steuerbilanz ein Passivierungsverbot.[4]

2.2 Handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte

2.2.1 Damnum

Ist bei einem Schulddarlehen der Erfüllungsbetrag (Nennbetrag) höher als der Ausgabebetrag (Verfügungsbetrag), so besteht handelsrechtlich ein Wahlrecht, den Unterschiedsbetrag zwischen Erfüllungsbetrag und Ausgabebetrag zu aktivieren.[1] Aus dem Grundsatz, dass aus einem handelsrechtlichen Aktivierungswahlrecht für die steuerliche Gewinnermittlung ein Aktivierungsgebot folgt, wäre in der Steuerbilanz der Unterschiedsbetrag als Damnum zu aktivieren.

In diesem Fall wäre auch der Unterschiedsbetrag planmäßig abzuschreiben und es bestünde ein Wahlrecht, die Abschreibungen über die gesamte Laufzeit des Darlehens zu verteilen.[2]

Eine planmäßige Abschreibung würde hiernach in der Handelsbilanz schwankende Abschreibungsbeträge und eine Verteilung des Unterschiedsbetrags im Wege der Abschreibung auch auf einen Teil der Laufzeit des Darlehens zulassen.

Ste...

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