Digitalisierung Vorteil für Controller kleinerer Unternehmen

Bisher profitierten Controller in Großunternehmen von maßgeschneiderten Konzepten, Softwareausstattung und Karrierechancen. In seiner Kolumne im Controller Magazin 2/2018 analysiert Prof. Dr. Jürgen Weber die Folgen der Digitalisierung – und deckt signifikante Vorteile im Mittelstand auf.

Diskussionen und Publikationen über Controlling fokussieren Großunternehmen

Das Schlagwort Digitalisierung beherrscht seit einiger Zeit die betriebswirtschaftliche Diskussion. Wie so häufig, wird die Debatte stark auf die Belange von Großunternehmen konzentriert. Das gilt selbst für Startups mit ihrer geringen Größe: Natürlich gibt es Literatur, die sich mit der Steuerung solcher Unternehmen befassen, die für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft so wichtig sind. Ausführlicher wird aber derzeit darüber nachgedacht, wie man Startups in Großunternehmen integrieren, wie man ihnen ein entsprechendes Biotop schaffen kann, damit sie nicht gleich in der Planungsbürokratie des Regelgeschäfts zerrieben werden.

Wichtige Entwicklungen im Controlling durch die Digitalisierung

Auch das, was auf Controller im Prozess der Digitalisierung zukommt, wird zumeist vor dem Hintergrund der Situation in Großunternehmen mit ihrer drei-, manchmal vierstelligen Zahl von Controllern reflektiert. Auch wir an der WHU haben uns aktiv an einem entsprechenden Blick in die Zukunft beteiligt. Wir sehen drei Entwicklungen:

  1. Transaktionale Aufgaben (wie z.B. reines Reporting) werden standardisiert und automatisiert. Sie fallen damit für Controller weg.
  2. Die Business Partner-Funktion wird für Controller immer anspruchsvoller, weil die Anforderungen der Manager steigen. Es wird zunehmend schwieriger, das dafür erforderliche Know-how aus dem Controllerbereich heraus aufzubauen. Die Funktion wird mehr und mehr aus dem Management heraus abgedeckt.
  3. Dabei greifen die Manager verstärkt auf Methodenspezialisten zurück („data scientists“), die nicht mehr im Controlling sitzen, sondern aus Spezialisierungsgründen in einem eigenen Bereich zusammengefasst sind.

„Die Luft für die Profession Controlling in Großunternehmen wird dünn.“

Ein weiterer für Großunternehmen relevanter Einflussfaktor kommt hinzu, der in dieselbe Richtung wirkt: Wir stehen im internationalen Vergleich, was die Zahl der Controller betrifft, ziemlich einzigartig dar. Der anglo-amerikanische Standard sieht deutlich weniger Controller vor, die noch dazu andere Funktionsbezeichnungen tragen. In einem bekannten DAX 30-Unternehmen wird die Controlling-Funktion gerade reorganisiert. Dieses Mal bleibt die Stellenbezeichnung noch erhalten; in der nächsten Runde wird dies nicht mehr der Fall sein. Mit anderen Worten: Die Luft für die Profession Controlling in Großunternehmen wird dünn, wenn auch diese Veränderungen nicht von jetzt auf gleich stattfinden werden.

Die Controlling-Allrounder im Mittelstand sind nicht ohne Weiteres zu ersetzen

Schauen wir in die kleineren, mittelständisch geprägten Unternehmen. Gilt für ihre Controller dasselbe? Ich meine nein. Wir reden im Mittelstand häufig über zwei, drei oder vier Controller. Eine Standardisierung und Automatisierung der Prozesse rechnet sich hier wegen geringerer Skaleneffekte weniger. Die Unternehmen haben nicht die finanziellen Möglichkeiten, einen Data Scientist einzustellen (wenn dieser überhaupt in einen mittelständischen Kontext arbeiten wollte), weil sie ihn gar nicht auslasten können. Mittelständische Controller müssen wegen der großen Nähe zum Management schon seit jeher eng am Geschäft sein, das auch nicht so komplex und weit entfernt ist, als dass man es sich als Controller nicht im Tagesgeschäft erarbeiten könnte. Gefordert ist eher der Allrounder, weniger der Spezialist. Die Führung erfolgt häufig durch direkte Ansprache, weniger indirekt durch finanzielle Zielgrößen. Controller stiften deshalb auch mit ihren bisherigen Qualifikationen genügend Nutzen. Ihnen fehlt schließlich die interne Konkurrenz; sie müssen z.B. nicht fürchten, dass die IT-Abteilung sie übernimmt.

Position durch neue Kompetenzen in Big Data und Business Analytics ausbauen

Ehrlich gesagt kann ich mir auf absehbare Zeit kein Szenario vorstellen, das die Controller aus ihrer in den letzten Jahren aufgebauten Position in den mittelständischen Unternehmen vertreibt. Ganz im Gegenteil: Controller haben in einem solchen Umfeld sehr gute Chancen, sich für das Management noch wertvoller zu machen, indem sie sich etwas in die (schwierige) Materie von Big Data und Business Analytics einarbeiten, indem sie helfen, die Chancen der Digitalisierung für das Unternehmen zu erkennen und auszuschöpfen. Wird es weniger Controller im Mittelstand in den nächsten Jahren geben? Eher nicht. Wird der Anteil der Controller, die im Mittelstand arbeiten, zunehmen? Meiner Einschätzung nach ja.

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