VW-Tochter Skoda muss Zulieferer Prevent entschädigen

In dem lang andauernden Streit zwischen Volkswagen und Prevent hat der Zulieferer einen Teilerfolg vor dem OLG Celle erzielt. Aufgrund der rechtswidrigen Kündigung eines mehrjährigen Vertrages muss die Volkswagentochter Skoda ihrem früheren Zulieferer nun Schadenersatz zahlen.

Der Konflikt geht bereits in das Jahr 2016 zurück, als zwei Firmen der Prevent-Gruppe die Belieferung an VW aussetzten. Dadurch wurde die Produktion des Autokonzerns in mehreren Werken weitestgehend lahmgelegt. Anschließend erhoben die Gesellschaften wechselseitige Vorwürfe.

Prevent beschuldigt den VW-Konzern, seine Marktmacht auszun utzen, um Druck auf Lieferanten auszuüben. VW konterte Prevent wolle überzogenen Forderungen durch Lieferblockaden durchsetzen:

  • Während sich VW durch den Lieferboykott erpresst fühlte,
  • war Prevent der Auffassung, dass VW bei dem Streit um Konditionen unzulässigen Druck ausüben und seine Macht missbrauchen würde.

Letztlich kündigte VW zum 31.03.2019 einseitig alle Verträge mit der Firmengruppe, woraufhin diese vor mehreren Gerichten und in verschiedenen Ländern Schadenersatzklagen erhob.

Bisherige Entscheidungen fielen meist zugunsten von VW

Bislang hatte VW vor Gericht meist Erfolg. So entschied das OLG Düsseldorf beispielsweise mit Urteil vom 05.02.2020 (Az.: VI-U (Kart) 4/19), dass die außerordentliche Kündigung durch VW rechtmäßig gewesen sei, da Prevent mit erpresserischen Mitteln versucht hätte, eine Preiserhöhung von 25% durchzusetzen.

OLG Celle hält Kündigung gegenüber Prevent für unwirksam

Anders beurteilte das OLG Celle die Sachlage nun in einem Verfahren, das von dem Tochterunternehmen TWB des Zulieferers Prevent angestrengt worden war. TWB hatte gegen die Volkswagentochter Skoda auf Feststellung geklagt, dass diese allen Schaden zu ersetzen hat, der aus der Kündigung des Liefervertrages und der Verweigerung von dessen Erfüllung entstanden ist oder noch entstehen wird. Ferner verlangte TWB Auskunft darüber, welche Lieferanten VW ersatzweise ausgewählt hatte.

Ordentliche Kündigung war unwirksam, da im Vertrag nicht vorgesehen

Der Kartellsenat des OLG Celle gab dem Zulieferunternehmen Recht; es hielt die einseitig durch VW ausgesprochene Kündigung für unbegründet und rechtswidrig. Sie war ausgesprochen worden,  als die Prevent-Töchter ES Guss und Car Trim wegen Meinungsverschiedenheiten die Belieferung aussetzten. Die Kündigung befand das Gericht für unwirksam, weil nur eine ordentliche, keine außerordentliche Kündigung erfolgt sei.

Eine Möglichkeit zur ordentliche Kündigung der Lieferbeziehung war in dem befristeten Vertrag aber nicht vereinbart. Vielmehr ergab sich der Ausschluss eines vertraglichen ordentlichen Kündigungsrechts aus Ziffer 2.1.1 des Lastenheftes klagenden Prevent-Tochter wonach eine frühzeitige Vertragsbeendigung eine Verständigung der Parteien, also eine Einigung, voraussetzt. 

Gegen ein Recht, die Verträge ordentlich unabhängig von bestimmten Kündigungsgründen zu kündigen, sprach laut Gericht auch in den Nomination Letter zum Ausdruck gekommene Interessenlage.

VW soll Entschädigung  für den Zeitraum April 2019 bis Ende 2025 zahlen

Audi müsse Prevent deshalb den durch die einseitige Kündigung entstandenen Schaden ersetzen. VW soll nun eine Entschädigung zahlen, die sich nach dem Wert der ausgebliebenen Lieferungen im Zeitraum April 2019 bis Ende des Jahres 2025 bemisst. Der Höhe nach wurde die Entschädigung noch nicht konkret beziffert. Prevent ist gehalten, den konkreten Schaden zu ermitteln. Nach eigenen Angaben geht der Zulieferer von einer zweistelligen Millionensumme pro Marke aus. Der Streitwert für das beim OLG Celle geführte Verfahren lag immerhin bei 7 Millionen Euro.

Prevent betrachtet das Urteil als Präzedenzfall und erhofft sich eine positive Wirkung auf die anderen noch laufenden Verfahren. Volkswagen hingegen erklärte, dass es das Urteil für falsch hält und geprüft werde, ob gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde zum Bundesgerichtshof erhoben wird.

(OLG Celle, Urteil v. 09.12.2020, 13 U 65/19 (Kart)

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Schlagworte zum Thema:  Schadensersatz, Kündigung, Vertrag