Verbraucherschutz im Internet: Gesetze und Urteile

Konsumenten sollen im Internet besser geschützt werden, dafür gibt es mehrere Gesetzespläne. Zusätzlich verlangt ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Köln, dass Influencer in sozialen Medien ihre Kontakte darüber informieren, dass sie Werbung für Produkte betreiben.

Der Bundestag beriet am Freitag, 26. März 2021, in erster Lesung über einen von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht. Dieser ändert verschiedene Bestimmungen des UWG und soll am 28. Mai 2022 in Kraft treten. Eingefügt werden Regelungen über wesentliche Informationen und verbotene Verletzung von Verbraucherinteressen durch unlautere geschäftliche Handlungen.

Ebenfalls beraten wurde in dieser Debatte ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie über digitale Inhalte und zu den vertraglichen Regelungen der EU-Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften (Richtlinie 2019/2161). Es sollen hauptsächlich Regelungen des BGB und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche aktualisiert werden, vor allem sollen die Informationspflichten der Internet-Anbieter erweitert werden. Es sind genaue Regeln über die Verletzung von Verbraucherinteressen vorgesehen sowie neue Sanktionsvorschriften.

Anschließend sollen die beiden Entwürfe zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen werden.

Die Bundesregierung legte am 24. Februar 2021 den Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge vor. Dabei geht es um den Schutz der Kunden bei Verträgen, die ihnen z.B. durch Telefonwerbung aufgedrängt werden.

Das Gesetz zum Erschweren missbräuchlicher Abmahnungen und zur Stärkung des fairen Wettbewerbs ist größtenteils am 02.12.2020 in Kraft getreten.

Gerichtsurteil: Informationspflicht der Influencer über Werbung

Über Informationspflichten von Influencern urteilte das Oberlandesgericht Köln am 19.2.2021 (6U 103/20). Der Kläger war der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. Die Beklagte ist hauptberuflich Bloggerin im Bereich Mode und Lebensstil und erzielt jährlich sechsstellige Umsätze. Auf ihrem Instagram-Account veröffentlichte sie unter anderem im Juli 2018 mehrere Fotos von sich, die Modeartikel und -accessoires zeigten und mit elektronischen Markierungen („tags“) versehen waren, aus denen der Name der Hersteller von Bekleidung oder der Erbringer von Dienstleistungen wie Fotoshootings oder Körperstyling hervorging. Beim Anklicken der Markierung wurde der Nutzer auf die jeweiligen Profilseiten dieser Unternehmen geführt, was man als „Vertaggung“ bezeichnet. Der Kläger mahnte die Beklagte wegen mehrerer Bilddarstellungen auf Instagram im Juli 2018 ab, die Beklagte versprach im August 2018 in einer Unterlassungserklärung gegenüber dem Kläger, dass sie auf Instagram keine Publikationen mehr platzieren würde ohne auf den kommerziellen Zweck hinzuweisen, soweit sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, beispielsweise durch die Verwendung des Hinweises „Werbung“ oder ähnlicher Hinweise.

Die Beklagte veröffentlichte trotzdem später wieder Bilder, bei denen Klicks oder Berührungen des Bildschirms zu den Instagram-Profilen der Hersteller der getragenen Kleidung führten. Der Kläger forderte die Beklagte daraufhin vergeblich zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 10.200 EUR und zur Abgabe einer neuen Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen von mindestens 6.000 EUR pro Verstoß auf. Die Beklagte verweigerte dies, sodass der Fall vor das Oberlandgericht Köln gelangte.

Der Kläger argumentierte, dass eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG vorliegt, wenn ein „werblicher Zusammenhang“ zwischen den Abbildungen und kommerziellen Interessen der von der Darstellung begünstigen Unternehmen sowie der Beklagten selbst bestehe. Aus der Vertaggung könne man auf Werbeabsicht schließen.

Die Beklagte brachte vor, dass mit den verlinkten Unternehmen zum betreffenden Zeitpunkt keinerlei Kooperationen bestanden hätten. Die Bekleidungsstücke seien von ihr selbst gekauft und bezahlt worden, die Tags dienten der Quellenangabe und Urheberbenennung des Fotografen. Soweit für eine der Publikationen Ausrüstungsgegenstände zur Verfügung gestellt wurden, seien keine zusätzlichen Entgelte gezahlt worden. Deswegen seien weder der Unterlassungsanspruch begründet noch eine Vertragsstrafe fällig.

Indizien für geschäftliche Handlungen

In der bisherigen Rechtsprechung ist noch nicht abschließend geklärt, welche Indizien vorliegen müssen, um eine kommerzielle Absicht von Instagram-Postings zu vermuten. Einerseits ist dem Blogger also der Nachweis zu gestatten, dass und inwiefern die von ihm präsentierten Produkte und Accessoires mit eigenen Mitteln beschafft wurden, andererseits ist zu gewichten, ob und in welchem Maße die zu den Bilddarstellungen gesetzten Texte einen Informationsgehalt haben und ob die Links zu den davon objektiv begünstigten Unternehmen redaktionell veranlasst sind. Auf diese Weise wird dem Gefährdungspotenzial Rechnung getragen, das gerade die soziale Kommunikation für Verbraucherinteressen in sich trägt.

Im Bereich der Influencerhandelns haben einige Gerichte das Überwiegen geschäftlicher Zwecke anhand von Indizien bestimmt. Dazu gehören insbesondere in das Foto eingebettete Tags mit Verlinkung zu Herstellerseiten. In diesem Gerichtsfall waren die Kriterien für kommerzielles Handeln eindeutig erfüllt. Die dem Prozess zugrundeliegenden Motive waren vertaggt, die Zahl der Follower ist erheblich, die Beklagte wird in einem Ranking der erfolgreichsten Influencerinnen geführt. Die Fotos hatten Relevanz für die geschäftliche Entscheidung der angesprochenen Verbraucher.

Neue gesetzliche Regelung

Die Beklagte legte in der Berufungsinstanz den Referentenentwurf des Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht vom 4.11.2020 vor. Dort wurde eine Neufassung des § 5a Abs. 6 UWG vorgeschlagen, wonach „(b)ei einer Handlung ausschließlich zugunsten eines fremden Unternehmens … nur dann ein kommerzieller Zweck anzunehmen (ist), wenn der Handelnde ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält“. Die Regelung des Referentenentwurfs stellte noch kein geltendes Recht dar, war also für die Lösung des Falles nicht heranzuziehen.

Am 20. Januar 2021 wurde ein weiterer Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht vorgelegt, siehe oben. In diesem enthält § 5a Abs. 4 folgende Regelung: „Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.“

Im Internet informieren über geschäftliche Verbindungen

Die Vorinstanz, das Landgericht Köln, hielt die Klage für zulässig und begründet. Unterlassungsanspruch ergebe sich aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, sowie 5a Abs. 6 UWG (Unterlassung von Informationen). Auf dieses Urteil bezog sich dann auch das OLG Köln und begründete die Abweisung der Berufung folgendermaßen:

  • Das Problem seien nicht die Abbildungen über Modethemen mit Texten als solche, sondern die Verbindung dieser Kommunikation mit einem durch Anklicken erreichbaren Unternehmensauftritt.
  • Die Anwendungsvoraussetzung des § 3 Abs. 1 UWG, nämlich das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung, lag vor. Eine geschäftliche Handlung ist dadurch gekennzeichnet, dass ein objektiver Zusammenhang zwischen dem konkret beleuchteten Verhalten und der Absatzförderung entweder desjenigen, der handelt oder eines Dritten besteht (§ 2 Nr. 1 UWG). Auch Publikationen, die redaktioneller oder informierender Natur ist, können in solchen Fällen als geschäftlich gelten.
  • Soweit durch die Produktdarstellung in sozialen Medien Unternehmensinteressen gefördert werden, liegt eine geschäftliche Handlung auch dann vor, wenn keine explizite Förderabsicht nachweisbar ist.

Fazit: Bei Internetpublikationen sollte man im Zweifelsfall immer darauf hinweisen, dass eine Werbeabsicht besteht, wenn man Informationen über Waren publiziert.