Gemeinsames Registerportal: Problem Datenschutz

Seit dem 1.8.2022 werden auf www.handelsregister.de die Einträge aller deutschen Handels-, Genossenschafts-, Partner- und Vereinsregister digital zur Verfügung gestellt. Dadurch sind personenbezogene Daten frei zugänglich. Nach Kritik von Datenschützern wurde die Handelsregisterverordnung (HRV) angepasst.

Die Europäische Digitalisierungsrichtlinie (EU) 2019/1151 fordert die Bereitstellung digitaler Lösungen für den europäischen Binnenmarkt. Diese sollen unter anderem die Voraussetzungen für die „administrative Optimierung“ und die „Bereitstellung umfassender, barrierefreier Informationen über Gesellschaften“ schaffen. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) wurde die EU-Richtlinie in nationales deutsches Recht umgesetzt. Dieser Richtlinie entsprechend wurden sämtliche Einträge der deutschen Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister digitalisiert und am 1.8.2022 auf dem Online-Portal Gemeinsames Registerportal der Länder veröffentlicht.

Umfassende Registerinformationen können kostenlos abgerufen werden

Zu den Registerinformationen, die seit August kostenlos und ohne Registrierung abrufbar sind, gehören auch personenbezogene Daten und weitere persönliche Informationen: Namen, Adressen, Geburtsdaten, aber auch Kontonummern, Unterschriften und andere sensible Informationen sind öffentlich zugänglich. Zu den Dokumenten, die den Einträgen beigefügt sind, können sogar Erbscheine, Erbverträge und öffentliche Testamente gehören. Die Datenbasis reicht dabei weit zurück. Betroffen von der Offenlegung der Registerdaten sind nicht nur aktuelle Geschäftsführer, Vereinsvorstände und andere Vertretungsberechtigte, sondern auch Personen, deren Geschäfts- oder Vereinstätigkeit viele Jahre oder gar Jahrzehnte zurückliegt. Je nach Datenlage der Registergerichte sind bei einzelnen Einträgen auch digitale Kopien „historischer“ Dokumente abrufbar.

Scharfe Kritik von Datenschützern und Datenschutzexperten

Obwohl allgemein anerkannt wurde, dass das Online-Registerportal ein wichtigen Digitalisierungsschritt darstellt, reagierten Datenschützer, Datenschutzexperten und Unternehmerverbände darauf äußerst kritisch. Einige davon verlangten sogar die sofortige Abschaltung des Registerportals (so z.B. die Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD)). Sie beklagten, dass das Gemeinsame Registerportal viele Möglichkeiten zur missbräuchlichen Nutzung bietet und grundsätzliche Datenschutzvorgaben missachtet. Im September wurde die Bundestags-Online-Petition „Datenschutz personenbezogener Daten im Handelsregister“ gestartet. Im Dezember veröffentlichte das Netzwerk Datenschutzexpertise ein Rechtsgutachten mit dem Titel „www.handelsregister.de und Datenschutz: Rechtstransparenz contra Identitätsdiebstahl“. Darin wurde festgestellt, dass die „Harmonisierung des Registerrechts mit dem Datenschutzrecht sowohl rechtlich als auch praktisch misslungen [ist]“. Gefordert wurden verbindliche technische und organisatorische Maßnahmen zur Eingrenzung der Missbrauchspotenziale, die Löschung nicht mehr erforderlicher Daten sowie der Verzicht auf alle Informationen, die nicht unbedingt für die Personenidentifizierung notwendig sind.

Bundesjustizministerium ändert Handelsregisterverordnung

Das Bundesjustizministerium hat auf den wachsenden Druck reagiert und eine Änderung der Handelsregisterverordnung (HRV) vorgenommen, der der Bundesrat am 16.12.2022 zugestimmt hat und die am 23.12.2022 in Kraft getreten ist. Sie sieht vor, dass nur Dokumente in das digitale Handelsregister aufgenommen werden, bei denen dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Nicht aufgenommen werden sollen Ausweiskopien, Erbscheine, Erbverträge, Nachlasszeugnisse und andere Dokumente, die bei den Registergerichten eingereicht wurden. Außerdem ist vorgesehen, dass ein Dokument, das nicht erforderliche Informationen enthält, gegen ein neues Dokument ohne die Zusatzinformationen ausgetauscht werden kann.

Registereinträge sind Ländersache

Da für die Register und das digitale Registerportal die Bundesländer zuständig sind, kann das Bundesjustizministerium mit der Änderung der Handelsregisterverordnung nur den rechtlichen Rahmen vorgeben. Wann und wie dieser konkret in den einzelnen Bundesländern ausgestaltet wird, bleibt abzuwarten. Zu befürchten ist, dass sich zeitnah kaum etwas ändern wird. Unternehmen, Genossenschaften und Vereine sollten daher prüfen, welche Informationen und Dokumente über sie aktuell im digitalen Handelsregister abrufbar sind. Sind nicht erforderliche Informationen in einzelnen Dokumenten enthalten, sollten diese ohne die Zusatzangaben unverzüglich neu verfasst und beim zuständigen Registergericht eingereicht werden.

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