Digital Markets Act

Ende März 2022 einigten sich das Europäische Parlament und der Rat vorläufig über den Digital Marktes Act. Am 5.7.2022 stimmte das Europäische Parlament dem Gesetz zu, sodass nur noch der Rat der Europäischen Union dem Gesetz zustimmen muss. Das neue Gesetz ist Bestandteil einer umfassenden Reform der Vorschriften im Bereich des digitalen Raums und zielt auf eine gerechtere und stärker wettbewerbsbezogene Gestaltung des digitalen Sektors ab.

Zielsetzung des neuen Gesetzes über digitale Märkte

In den letzten Jahren ist die Nutzung von digitalen Diensten im Rahmen des wirtschaftlichen Verkehrs vermehrt in den Fokus getreten. Den Nutzenden sind dadurch auf der einen Seite innovative Vorteile entstanden, auf der anderen Seite wurde der europäische Binnenmarkt durch neue Geschäftsmöglichkeiten und die Erleichterung des grenzüberschreitenden Handels gestärkt. Der digitale Sektor umfasst heute zahlreiche alltägliche Bereiche, z.B. soziale Netzwerke, Online-Suchmaschinen, Betriebssysteme und Stores für Softwareanwendungen. Den Nutzenden entsteht dadurch die Möglichkeit, Zugang zu einer größeren Auswahl von Anbietenden zu erhalten. Gleichzeitig steigern diese Zugangsmöglichkeiten die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Anbietenden. Auf diese Weise sind in den letzten Jahren jedoch auch besonders mächtige Plattform-Unternehmen entstanden, die ihre Position teilweise dahingehend missbraucht haben, anderen Unternehmen den Zugang zu Nutzenden zu versperren. Dieses Problem soll künftig durch klare Regeln für bestimmte Verhaltensweisen beseitigt werden. Mit dem Digital Markets Act, zu dem die Europäische Kommission bereits im Dezember 2020 einen ersten Entwurf vorlegte, sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen im digitalen Raum geschaffen werden, um Wettbewerbsverzerrungen künftig zu vermeiden.

Adressaten des neuen Gesetzes über Digitale Märkte sind „Gatekeeper“

Die Vorschriften des neuen Gesetzes über digitale Märkte richten sich an Betreibende von Plattformen, die als „Gatekeeper“ bezeichnet werden. Der Begriff „Gatekeeper“ bildet die Grundlage der neuen Vorschriften und richtet sich an Betreiberinnen und Betreiber von zentralen Plattformdiensten. Als „zentraler Plattformdienst“ werden folgende Dienste eingestuft:

  • Online-Vermittlungsdienste,
  • Online-Suchmaschinen,
  • Online-Dienste sozialer Netzwerke,
  • Video-Sharing-Plattform-Dienste,
  • nummerunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste,
  • Cloud-Computing-Dienste und
  • Werbedienste.

Betreibende der o.g. Dienste werden künftig als „Gatekeeper“ benannt, wenn die von ihnen betriebene Online-Plattform folgende Voraussetzungen erfüllt:

  1. Die Betreiberin oder der Betreiber hat erhebliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt. Davon ist zunächst auszugehen, wenn das Unternehmen der Betreiberin oder des Betreibers in den vergangenen 3 Geschäftsjahren im Europäischen Wirtschaftsraum einen Jahresumsatz von mindestens 6,5 Mrd. EUR erzielt hat. Weiterhin kann die Voraussetzung auch dann erfüllt sein, wenn die durchschnittliche Marktkapitalisierung oder ein entsprechender Marktwert im vergangenen Geschäftsjahr mindestens 65 Mrd. EUR betrug und in mindestens 3 Mitgliedstaaten der zentrale Plattformdienst betrieben wird.
  2. Die Betreiberin oder der Betreiber betreibt einen zentralen Plattformdienst, der gewerblichen Nutzern als wichtige Zugangsmöglichkeit zu den Endnutzern dient. Als Kriterien für das Vorliegen dieser Voraussetzung wird auf die aktive Endnutzeranzahl abgestellt: Der zentrale Plattformdient muss im vergangenen Geschäftsjahr monatlich mehr als 45 Millionen in der EU niedergelassene aktive Endnutzer und mindestens 10.000 jährlich aktive gewerbliche Nutzer verzeichnen können.
  3. Als letzte Voraussetzung muss die Betreiberin oder der Betreiber hinsichtlich ihrer/seiner Tätigkeiten entweder eine gefestigte und dauerhafte Position innehaben oder es muss absehbar sein, dass sie oder er eine solche Position in naher Zukunft erlangen wird.

Ex-ante-Verbotsregelung im Digital Markets Act

Das neue Gesetz enthält eine ex-ante Vorgehensweise in Form eines festgelegten Verbotskataloges für Gatekeeper. Das bedeutet, dass bestimmte Vorgehensweisen anhand einer „Blacklist“ bereits im Vorfeld untersagt werden, um eine etwaige Wettbewerbsverzerrung erst gar nicht ermöglichen zu können. Der Verbotskatalog umfasst z.B. die Regelung, dass Gatekeeper keine personenbezogenen Daten, die von mehreren Diensten gesammelt werden, zusammenführen dürfen, wenn dafür kein Einverständnis der betroffenen Person vorliegt. Diese Situation kann sich beispielsweise zwischen einem sozialen Netzwerk und einem Messanging Dienst ergeben. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Gatekeeper selbst um einen der betroffenen Dienste handelt. Wichtig ist, dass die Europäische Kommission den Verbotskatalog weiter spezifizieren kann. Dies soll dem Umstand gerecht werden, dass Marktsituationen sich stetig verändern und auch neue Probleme entstehen können.

Weitere Pflichten für Gatekeeper gemäß Digital Markets Act

In den Artikeln 5 und 6 des Digital Markets Acts sind verschiedene Pflichten für Gatekeeper geregelt. Diese eindeutigen und einheitlichen Pflichten für betroffene Plattformen sollen dazu führen, unfaire oder bestreitbare Geschäftspraktiken der Gatekeeper im Vorfeld zu vermeiden. Dazu gehören insbesondere folgende Verpflichtungen:

  • Gatekeeper müssen künftig ihre digitalen Dienste für Dienste von Wettbewerbern öffnen. Diese Regelung soll die Interoperabilität der digitalen Dienste fördern, sodass über Dienste unterschiedlicher Hersteller kommuniziert werden kann.
  • Gatekeeper müssen Werbetreibenden und Verlagen, für die Werbeleistung betrieben wird, auf Anfrage Auskunft über gezahlte Vergütungen erteilen. Dies soll sicherstellen, dass Werbetreibende eine eigene unabhängige Überprüfung der Werbeleistungen vornehmen können.
  • Gatekeeper sind auf Antrag von dritten Online-Suchmaschinen-Betreibenden dazu verpflichtet, diesen zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen Zugang zu Ranking-, Such-, Klick- und Anzeigedaten in Bezug auf unbezahlte oder bezahlte Suchergebnisse zu gewähren. Dabei handelt es sich um Suchergebnisse, die von Endnutzern in den jeweiligen Online-Suchmaschinen des Gatekeepers generiert werden. Dabei muss berücksichtigt werden, ob eine etwaige Anonymisierungspflicht der Daten besteht, bei denen es sich um personenbezogene Daten handelt.

Mögliche Sanktionen nach dem Digital Markets Act

Betroffene Nutzerinnen und Nutzer haben die Möglichkeit, die Verhaltenspflichten der Gatekeeper auf privatem Rechtsweg vor den jeweiligen nationalen Gerichten durchzusetzen. Dies führt in der Praxis dazu, dass betroffene Gatekeeper sich rechtzeitig mit den Neuregelungen befassen müssen und diese auch rechtzeitig in ihrem Geschäftsablauf integrieren müssen. Kommen Gatekeeper den neuen Verpflichtungen und Verboten nicht nach, drohen Geldbußen i.H.v. bis zu 10 % des weltweiten Gesamtumsatzes. Bei wiederholtem Vorgehen sind sogar Geldbußen i.H.v. bis zu 20 % des weltweilten Gesamtumsatzes möglich.

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Schlagworte zum Thema:  Compliance, Digitalisierung, EU-Recht, EU-Parlament