Die Schattenwirtschaft bleibt ein drängendes Compliance-Thema

Mit der Einführung des Mindestlohns zu Beginn des Jahres 2015 wurde in Fachkreisen ein signifikanter Anstieg der Schwarzarbeit prognostiziert. Die Bundesregierung hat aber die Augen vor dem Problem verschlossen, wie die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen zeigt.

Der Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttosozialprodukt lag im Jahr 2014 nach Schätzungen bei um die 12 % mit abnehmender Tendenz. Dies geht aus einer Studie des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) hervor.

Robuste Konjunktur drückt auf Schwarzarbeit

Laut IAW- Direktor Bernhard Boockmann ist dieser Trend eine Folge der robusten deutschen Konjunktur, die in der Regel zu einem Rückgang der Schattenwirtschaft führe. Für das Jahr 2015 wurde wegen der Einführung des Mindestlohns ein Anstieg erwartet. Dies war Anlass für eine kleine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung.

Absurder Rückgang der Kontrollen

Die überraschende Antwort der Bundesregierung lautete, dass die Zahl der Überprüfungen im Jahr 2015 um ein Drittel niedriger lag als im Jahr zuvor. 2014 wurden noch 63.000 Betriebe kontrolliert, im Jahr 2015 nur 43.700.

  • In der für Schwarzarbeit besonders anfälligen Baubranche gingen die Überprüfungen sogar um fast 50 % auf ca. 17.000 zurück.
  • Dies gab den Grünen Anlass zu der Vermutung, dass man die Augen vor der Wirklichkeit lieber verschließe, als die Schwarzarbeit konsequent zu bekämpfen.
  • Es sei absurd, gerade unmittelbar nach Einführung des Mindestlohns die Kontrollen der Schwarzarbeit zurückzufahren.

Nach wie vor werde besonders häufig im Gastronomiebereich, in Hotels, Teilen der Bauwirtschaft aber auch bei persönlichen Dienstleistungen und in der Landwirtschaft schwarz gearbeitet.

Augen zu und durch? 600 Planstellen nicht besetzt

Wegen der hohen Dunkelziffer sind Schätzungen zur Höhe des angerichteten Schadens schwierig. Die vom Zoll veröffentlichten Schadenssummen im Rahmen der straf- und bußgeldrechtliche Ermittlungen lagen im Jahr 2014 bei ca. 795 Millionen Euro. In der Realität dürften sie um ein Vielfaches höher liegen.

  • Dennoch sind bei der Kontrollbehörde 600 Planstellen nicht besetzt.
  • 154 Mitarbeiter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) sind nach einer Information der Süddeutschen Zeitung derzeit als Aushilfen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingesetzt.

Was ist eigentlich Schwarzarbeit?

Nach der Definition der zuständigen Zollbehörden liegt Schwarzarbeit immer dann vor, wenn aufgrund einer Dienst- oder Werkleistung

  • der Arbeitgeber seinen sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- und Aufzeichnungspflichten nicht nachkommt,
  • der die Leistung Erbringende seine steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,
  • ein Sozialleistungsempfänger seinen Mitteilungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger nicht nachkommt,
  • ein Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen die erforderliche gewerberechtliche Anmeldung unterlässt oder
  • ein zulassungsfähiges Handwerk ohne Eintragung in die Handwerksrolle betrieben wird. 

Weitgehende Mitwirkungspflichten zur Aufdeckung von Verstößen

Im Falle der Überprüfung durch die zuständigen Behörden haben Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Auftraggeber gemäß § 2 Abs. 1 SchwarzArbG Mitwirkungspflichten, wenn die Behörden einen Fall von Schwarzarbeit aufdecken. Gemäß §§ 3-5 SchwarzArbG müssen sie insbesondere

  • die erfragten Auskünfte erteilen,
  • Unterlagen, wie Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen und andere Geschäftsunterlagen, zur Einsichtnahme vorlegen,
  • das Betreten der Grundstücke und der Geschäftsräume während der Geschäftszeiten dulden.

Die Nichterbringung der gebotenen Mitwirkung kann mit einem Bußgeld geahndet werden.

Schwarzarbeit ist strafbar

Wer Schwarzarbeiter beschäftigt, begeht grundsätzlich eine Straftat. Gemäß § 266a StGB wird das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge) mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren, in besonders schweren Fällen sogar mit Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren, geahndet.

Wer Sozialleistungen empfängt und Einkommen aufgrund erbrachter Arbeitsleistung nicht angibt, begeht einen sog. Sozialleistungsbetrug gemäß § 263 StGB.

In weniger gravierenden Fällen werden Bußgelder verhängt

Die verhängten Geldbußen summierten sich im Jahr 2015 auf ca. 43 Millionen Euro. Ein Drittel dieser Summe ist auf Verstöße gegen das Mindestlohngesetz zurückzuführen. Für die Kontrolle des Mindestlohns sind 1.600 zusätzliche Planstellen beim FKS vorgesehen. Wegen fehlender finanzieller Mittel werden diese aber erst in den Haushaltsjahren 2017-2022 zur Verfügung gestellt.

Die polnische Brigade des Donald Trump

Die Versuchung zur Beschäftigung von Schwarzarbeitern ist in Betrieben immer wieder groß - und dies nicht nur in Deutschland. Auch im US-Wahlkampf spielt Schwarzarbeit eine Rolle. Wahlkämpfer Donald Trump musste sich gegen eine Sammelklage polnischer Bauarbeiter wehren. Er hatte Anfang der 80er-Jahre ausländische Arbeiter engagieren lassen, um ein altes Gebäude in der Fifth Avenue in Manhattan abzureißen. Rund 200 polnische Bauarbeiter hatte er dort beschäftigt, die in der Mehrheit keine Aufenthaltstitel für die USA hatten. Die Arbeitszeit betrug teilweise 12 Stunden pro Tag und das 7 Tage in der Woche. 1991 urteilte ein Gericht, das Trump diesen Leuten noch ca. 325.000 Dollar an Löhnen zu zahlen hätte. Beendet wurde das Verfahren 1999 mit einem nicht öffentlich gewordenen Vergleich. Im Wahlkampf könnten sich die Versäumnisse des Donald Trump noch als große Bürde erweisen.

Schwarzarbeit ist immer ein Schaden für die Allgemeinheit

Fest steht: Illegale Beschäftigung ist in jeder Hinsicht ein großer Nachteil für die gesamte Volkswirtschaft eines Landes. Schwarzarbeit begünstigt Preisdumping und verzerrt dadurch den Wettbewerb gegenüber Unternehmen, die mit legalen, besser bezahlten Mitarbeitern arbeiten.

Durch Schattenwirtschaft werden Arbeitsplätze gefährdet und die Schaffung neuer Arbeitsplätze verhindert. Der Arbeitsmarkt wird hierdurch belastet, die Arbeitslosigkeit steigt. Die Kosten haben letztlich die Steuerzahler zu tragen, weshalb ein großer Schaden für die Allgemeinheit entsteht.

  • Die meisten größeren Unternehmen beachten daher die Regeln gegen Schwarzarbeit und sehen entsprechende Sanktionen bei Verstößen in ihren Compliance- Regelwerken vor - auch, weil das in ihrem ureigensten Interesse liegt.
  • Das fehlende Compliance-Bewusstsein in manchen Branchen dürfte durch gutgläubige Appelle aus der Politik nicht zu ersetzen sein. Ohne eine effektive staatliche Kontrolle dürfte sich dort die Lage kaum bessern.