Der BR-Vorsitzende kann zugleich Datenschutzbeauftragter sein

Die Tätigkeit des Vorsitzenden des Betriebsrats ist mit dem Amt des Datenschutzbeauftragten kompatibel. Nachdem das BAG dies bereits für "normale" Betriebsratsmitglieder festgestellt hat, wurde dies nun auch für den BR-Vorsitz entschieden. Das Amt kann nur aus „wichtigem Grund“, somit nicht betriebsbedingt widerrufen werden.

Ein Datenschutzbeauftragter für alle

Ein Konzern plante konzerneinheitliche Datenschutzstandards zu schaffen. Zu diesem Zweck wurde ein und dieselbe Person in der Mutter- und allen Tochtergesellschaften zum Datenschutzbeauftragten bestellt.

Dieser Mitarbeiter war zugleich der Betriebsratsvorsitzende einer Tochter und stellvertretener Betriebsratsvorsitzender des Gesamtbetriebsrats.

Landesdatenschutzbeauftragter moniert Unzuverlässigkeit wegen Doppelamt

Der für die Mutter- und einen Teil der Tochtergesellschaften zuständige Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit fand das höchst bedenklich und stufte den Mann in zwei Ämtern als „unzuverlässig“ ein.

Konzernweite Amtsenthebung

Zugleich eigennützig und in vorauseilendem Gehorsam widerrief man die Bestellung des Datenschutzbeauftragten in sämtlichen Konzerngesellschaften.

  • Das Unternehmen argumentierte mit dem Verlangen des Landesbeauftragten
  • und damit, dass das Konzernziel des einheitlichen Datenschutzes nun nicht mehr erreicht werden könne.

Betriebsratsvorsitzender wehrt sich punktuell gegen Entzug der Datenschutzbeauftragung

Der seines Amtes beraubte Datenschutzbeauftragte klagte wegen des Widerrufs gegen die Tochtergesellschaft, in der er Betriebsratsvorsitzender ist und die nicht im Zuständigkeitsbereich des kritischen Landesdatenschutzbeauftragten ansässig ist.

Verlangen der zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich

Inzwischen hat das LAG Sachsen in zweiter Instanz entschieden und – wie auch schon die erste Instanz – der Klage stattgegeben. Der Widerruf der Bestellung scheiterte auf voller Linie. Auf die Eingabe des Landesbeauftragten konnte sich die beklagte Tochtergesellschaft nicht stützen, weil er nicht für sie zuständig war. Hierfür wäre eine Anweisung des Thüringischen Landes- oder des Sächsischen Datenschutzbeauftragten nötig gewesen.

Betriebsratsvorsitz und Datenschutzbeauftragter beißen sich nicht

Das Argument der Unzuverlässigkeit, das allein auf der gleichzeitigen Betriebsratsvorsitztätigkeit fußte, verfing ebenso wenig. Bereits 2011 hatte das BAG entschieden, dass Betriebsratstätigkeit und Datenschutzverantwortlichkeit sich nicht ausschließen (BAG, Urteil v. 23.3.2011, 10 AZR 562/09).

Das LAG sah keinen Grund für eine andere Bewertung bei einem Betriebsratsvorsitzenden.  Obgleich er Überwachungsaufgaben bzgl. seiner eigenen Verantwortung für den Datenschutz hat, sieht es keinen durchgreifenden Interessenskonflikt.

Amtsentzug nur bei Pflichtverstößen vergleichbar mit fristlosen Kündigungsgründen

Neben dem „Verlangen der Aufsichtsbehörde“ kann der Datenschutzbeauftragte nur wegen eines „wichtigen Grundes“ seines Amtes enthoben werden (§ 4 f Abs. 3 S. 4 BDSG a.F.; § 6 Abs. 4 BDSG n.F.). Damit ist eine schwere Pflichtverletzung gemeint. Die Tatsache, dass der Arbeitgeber in dem zugrunde liegenden Fall sein betriebliches Konzept „ein Konzern-Datenschutzbeauftragter = einheitlicher Datenschutz im gesamten Konzern“ nicht mehr umsetzen konnte, reicht folglich nicht.

Revision zugelassen für Überprüfung der deutschen Regelung

Da die Abberufung des Datenschutzbeauftragten in der DSGVO nicht geregelt und insoweit auch keine Öffnungsklausel vorgesehen ist, könnte so mancher Jurist seine Schwierigkeiten mit der deutschen Gesetzesregelung haben (§ 6 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 38 Abs. 2 BDSG n.F.). Das LAG Sachsen hat keine Probleme damit, will die Entscheidung darüber aber dem BAG überlassen und hat dementsprechend die Revision zugelassen.

(Sächsisches LAG, Urteil v. 19.8.2019, 9 Sa 268/18).

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