Danaer-Geschenk der Abi-Klasse: Lehrerin zahlt 4000 EUR Geldbuße

Korruptionsbekämpfung all überall - auch im öffentlichen Dienst. Geschenke an Bauämter in Zusammenhang mit Auftragsvergaben, Champagner für den Oberbürgermeister - all das soll der Vergangenheit angehören. Und dieses neue Korruptionsverständnis trifft jetzt auch die Lehrer. Manchmal hart und etwas unverhältnismäßig.

Schüler, meist angehalten von ihren Eltern, drücken besonders engagierten Lehrern ihrer Wertschätzung auch schon mal durch ein Geschenk aus. Gerade am Ende eines Schuljahrs oder eine Stufe werden Blumen und andere Aufmerksamkeiten gerne übergeben.

Teure Geschenke, gut gemeint

Für Lehrer kann sich die Großzügigkeit der Schülerschaft leicht als Rohrkrepierer erweisen:  

  • Der Direktor eines Gymnasiums in Schleswig-Holstein nahm stolz von seinen Schülern zum Abschied einen von diesen selbst gebauten Seniorenbriefkasten entgegen. Seniorenbriefkasten hieß der Briefkasten deshalb, weil die Schüler ihn mit einem rot leuchtenden Einwurfsignal ausgestattet haben, ein Geschenk das deutlich mehr als die in Schleswig-Holstein erlaubten zehn Euro gekostet hat.
  • Beliebte Lehrer erhielten in Rheinland-Pfalz auch schon mal einen Gutschein über ein Wellnesswochenende für zwei Personen.
  • Dem engagierten Lehrer im Leistungskurs Sport hatten die Schüler gar eine Fahrt im Ferrari spendiert, Kostenpunkt 200 Euro. Der Lehrer war begeistert.

Was darf der Lehrkörper annehmen?

Dürfen Lehrer solch teure Geschenke von Schülern annehmen? Was Lehrer von ihren Schülern annehmen dürfen, wird in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Die jeweiligen Formulierungen zeigen, wie schwer sich der Gesetzgeber mit der Festlegung von Wertgrenzen tut.

  • In Baden Württemberg sehen die Verwaltungsvorschriften für Lehrer keine obere Wertgrenze vor. Zulässig sind Geschenke, die „im gesellschaftlich üblichen Rahmen“ liegen.
  • In Bayern sind „geringwertige Aufmerksamkeiten“ erlaubt.
  • Die Verwaltungsvorschriften in Nordrhein-Westfalen sind da schon genauer. Geschenke von einzelnen Schülern oder Eltern sind grundsätzlich nicht gestattet. Gruppengeschenke, also beispielsweise von einer Klassengemeinschaft, dürfen Lehrer dann annehmen, wenn sie “im allgemeinen Empfinden als angemessen zu bewerten“ sind.

Danaergeschenk der Abi-Klasse: 4000 Euro Geldbuße

Begeistert und gerührt war eine Lehrerin in Berlin, als der Abikurs ihr ihre Wertschätzung zum Schulabschluss mit einem Geschenk im Wert von ca. 200 Euro zum Ausdruck brachte. Der Vater eines Schülers, der selbst eine Schule leitet, empfand das Geschenk dagegen als überzogen und erstattete Strafanzeige.

Die StA ermittelte wegen Vorteilsannahme, § 331 StGB. Hiernach darf ein Amtsträger in Zusammenhang mit den von ihm geleisteten Diensten keine Vorteile annehmen.

  • Die unerbittliche StA bot der betroffenen Lehrerin großzügig an, gegen Zahlung einer Geldbuße von 4.000 Euro das Strafverfahren einzustellen.
  • Dienstherr und Schule wirkten auf die Lehrerin ein, das Angebot zu akzeptieren, um die Sache möglichst schnell und geräuschlos zu beenden.

Die konsternierte Lehrerin nahm schließlich das Angebot der StA an. 4.000 Euro - für eine Lehrerin kein Pappenstiel.

Überzieht der Staat bei der Korruptionsbekämpfung?

Der Großteil der Eltern und Schüler war über das harte Vorgehen der StA tief entsetzt. Eine solche Negativbewertung eines Vorgangs, mit dem die Schüler der Lehrerin ihre Verbundenheit und ihren Dank für ihre engagierte Tätigkeit zum Ausdruck bringen wollten - das konnten die meisten Schüler und Eltern nicht verstehen. Haben diese Eltern Recht? Schüler bedanken sich zum Schulabschluss bei lieb gewonnenen Lehrern schon mal mit großzügigen Geschenken, weniger um dem Lehrer einen geldwerten Vorteil zu gewähren, sondern vielmehr als Ausdruck von Anerkennung und ZuneigungÜberzieht der deutsche Staat nach Jahren des „Laissez-faire“ nun mit der Korruptionsbekämpfung? Ist das typisch deutsche Kleinkariertheit?

Kreative Schüler sind gefragt

Die Kehrseite der Medaille: Korruptionsbekämpfung in Amtsstuben tut not. Die Unterscheidung von Amtsträgern in unterschiedliche Gattungen erscheint schwierig. Ein Lehrer ist nun mal ein Amtsträger ebenso wie ein Bauamtsleiter und Geschenk ist Geschenk. Dennoch ist man geneigt, dem Lehrer die Annahme eines Geschenks seiner Schüler eher nachzusehen als dem Bauamtsleiter, zumal nach dem Schulabschluss ein Zusammenhang mit den Leistungen der Lehrer (z.B. bei der Notenvergabe) nicht mehr zu erkennen ist, während das Geschenk eines Architekten ans Bauamt einfach einen anderen Geschmack hinterlässt.

Immaterielle Schenkungen

Vielleicht sind in Zukunft aber auch die Schüler verstärkt gefragt, durch kreative Gestaltung von Geschenken einen immateriellen Wert zu erzeugen, der nicht ohne weiteres in einem geldwerten Vorteil zu messen ist. Das Ergebnis kann allerdings für Lehrer auch zur Last werde: Collagen, bunte Steine  und Traumfänger ohne Ende?

Gespür für die Verhältnismäßigkeit

Justiziabel muss die Annahme von Geschenken in jedem Fall bleiben, will man mit der Bekämpfung von Korruption im öffentlichen Dienst ernst machen. Im Einzelfall darf man aber hoffen, dass die Entscheidungsträger ein besseres Gespür für die Verhältnismäßigkeit einer Strafe zeigen als die Berliner Staatsanwaltschaft im Fall der Lehrerin. Compliance erfordert -auch in Unternehmen - immer auch ein Gespür für das, was angemessen und verhältnismäßig ist und was nicht - und das hat die Berliner StA mit ihrem drakonischen Vorgehen doch vermissen lassen.

Anti-Korruptions-Arbeitskreis verlangt Ausnahmen für Abschiedsgeschenke

Da der Fall die Gemüter erhitzte, an das Kind des übereifrigen Vaters will man garnicht denken, hat auch  der Anti-Korruptions-Arbeitskreis der Berliner Senatsverwaltungen sich gedanken gamacht. Er hat der Bildungssenatorin Scheeres empfohlen, bei Abschlusspräsenten für Lehrer flexibler zu sein. Man habe keine Bedenken, wenn der Wert eines Straußes „ersichtlich über 10 Euro“ liege, heißt es. Dafür müssten allerdings die Ausführungsbestimmungen des Landes Berlin geändert werden.


Schlagworte zum Thema:  Korruption