Automobilindustrie – statt Compliance Schummeleien ohne Ende

Eine nachhaltige Compliance hat in der Automobilindustrie offensichtlich keine Chance. Nach VW musste nun auch Mitsubishi Manipulationen einräumen. Das Unternehmen hat durch einen vergleichsweise simplen Trick die Verbrauchswerte geschönt. Doch dieses Vorgehen vermag lediglich durch den Ideenreichtum zu beeindrucken, Regeltreue und Markenpflege sieht anders aus.

Bei der Verbrauchsmessung auf dem Rollenprüfstand hat Mitsubishi offenbar schlicht und einfach den Reifendruck in unzulässiger Weise erhöht. Bei erhöhtem Reifendruck sinken die Verbrauchswerte. Im Alltag fährt aber kein Mensch mit solchermaßen erhöhtem Reifendruck, da dies vor allem den Komfort der Fahrzeuge erheblich schmälert. Die von Mitsubishi für einige Fahrzeuge angegebenen Verbrauchswerte waren also völlig unrealistisch.

Geschäftsräume durchsucht

Zunächst schien die Affäre sich auf das Heimatland von Mitsubishi, Japan, zu beschränken. Das japanische Verkehrsministerium hatte eine Durchsuchung der Büroräume von Mitsubishi veranlasst, nachdem das Unternehmen zugegeben hatte, die Verbrauchswerte manipuliert zu haben. Nach Angaben des Unternehmens sollen 600.000 ausschließlich in Japan verkaufte Fahrzeuge betroffen sein, darunter auch Fahrzeuge des Automobilbauers Nissan, für den Mitsubishi Fahrzeuge im Auftrag fertigt.

Skandal weitet sich über die Grenzen Japans hinaus aus

Nach Durchsuchung der Büroräume befürchtet das Verkehrsministerium allerdings, dass nicht nur im Inland verkaufte Fahrzeuge betroffen sind. Deshalb haben sich inzwischen auch die US-Behörden eingeschaltet und Untersuchungen im Hinblick auf die offiziellen Verbrauchswerte des japanischen Autoherstellers angekündigt. Die Behörde hat das Unternehmen bereits aufgefordert, Informationen über die in den USA verkauften Fahrzeuge zu übermitteln.

Mitsubishi-Aktie im freien Fall

Der Skandal bei Mitsubishi ist umso prekärer, als das Unternehmen in Japan bisher finanziell als besonders potent galt. Durch eine geschickte Firmenpolitik konnte das Unternehmen auf eine operative Gewinnmarge für das zum 31.3.2016 abgelaufene Bilanzjahr in Höhe von 5,5 % mit einem Reingewinn von ca. 800 Millionen Euro hoffen. In der Bilanz des Unternehmens stehen ca. 3,9 Milliarden Euro an Liquiditätsreserven. Nach den bekannt gewordenen Manipulationen befindet sich die Aktie im freien Fall.

Innerhalb von nur zwei Handelstagen verlor die Aktie ca. ein Drittel ihres Wertes und rauscht weiter nach unten. Der Handel mit der Mitsubishi-Aktie wurde bereits zeitweise ausgesetzt. Der Schaden durch den Vertrauensverlust bei den Kunden sowie durch mögliche Strafzahlungen ist der Höhe nach noch nicht annähernd abschätzbar.

Größter VW-Verlust aller Zeiten

Auch sonst kommt die Automobilindustrie nicht zur Ruhe. Inzwischen ist bekannt geworden, dass der deutsche Autohersteller VW sich mit den US-Behörden über die Höhe von Strafzahlungen geeinigt haben soll. Gleichzeitig sickerte durch, dass VW statt der ursprünglich vorgesehenen gut 6 Milliarden Euro bereits 16,4 Milliarden Euro in der Bilanz zurückgestellt haben soll.

Die Bekanntgabe der Eckdaten der VW-Bilanz wird heute noch erwartet. Infolge der Rückstellung wird für die laufende Bilanz der größte Verlust in der Geschichte des Konzerns erwartet. Zuletzt gab es einen Jahresfehlbetrag im Jahre 1993. Im Jahr 2014 lag der Gewinn noch bei rund 11 Milliarden Euro.

Skandal zieht immer weitere Kreise

Die Manipulationen an Abgas- und Verbrauchswerten greift in der Automobilindustrie offensichtlich um sich. Die auch von den deutschen Automobilkonzernen unter lautem Getöse heraus posaunten Gelöbnisse der Einhaltung hocheffizienter Compliance-Regeln klingen noch im Ohr. Der tatsächliche Effekt scheint aber gleich Null zu sein. Selbst das altehrwürdigste aller deutschen Automobilunternehmen, Daimler-Benz, läuft Gefahr, in den Manipulationsstrudel gezogen zu werden.

Selbst Daimler-Benz gerät ins Zwielicht

Unternehmen wurde inzwischen von den US-Behörden aufgefordert, die offiziell angegebenen Abgaswerte zu erläutern. In einer finanzrechtlichen Pflichtmitteilung teilte Daimler-Benz jetzt mit, die US Behörden hätten „die Daimler AG am 15. April 2016 unter Hinweis auf strenge Vertraulichkeit aufgefordert, den Zertifizierungs- und Zulassungsprozess in Bezug auf Abgasimmissionen in den USA im Wege einer internen Untersuchung... zu prüfen“.

Bisher hat Daimler jegliche Vorwürfe über Manipulationen bei Abgaswerten als unbegründet zurückgewiesen. Dies kann aber nicht davon ablenken, dass in den USA bereits eine Sammelklage von Daimler-Kunden gegen das Unternehmen wegen angeblich geschönter Abgaswerte anhängig ist.

Lernfähigkeit der Unternehmen lässt zu wünschen übrig

 Es scheint fast so, dass die Zahl der Skandale proportional mit der Zunahme der Einführung von Compliance-Regeln in den Unternehmen zunimmt. Das wäre eine niederschmetternde Bilanz. Gerade die Beispiele Mitsubishi und VW zeigen exemplarisch, welche dramatischen, die Existenz eines Unternehmens gefährdenden Auswirkungen die Nichtbeachtung der Unternehmens-Compliance haben kann. Und dennoch stellt sich die Lernfähigkeit der Unternehmen als eine äußerst zähe Angelegenheit dar.

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