Verbreitung von Compliance-Systemen in der deutschen Wirtschaft

Compliance – ein Wirtschaftsthema seit vielen Jahren. Aber zeigt der Hype auch echte Wirkung? Hat das Bewusstsein für Regelkonformität, Regeltreue und Unternehmensethik weite Teile der Wirtschaft erfasst oder besteht noch Nachholbedarf? Sind die Compliance-Regelwerke geschriebene Lippenbekenntnisse wie so viele Firmenregeln oder werden sie von belastbarem Controlling abgesichert? Das war jetzt Gegenstand eines Forschungsauftrags.

In einem Studienprojekt hat die Hochschule für angewandte Wirtschaftswissenschaften Würzburg-Schweinfurt unter Leitung von Prof. Dr. Christine Wegerich 169 deutsche Unternehmen zum Umsetzungsstand von Compliance-Management-Systemen (CMS) befragt.

  • Die Befragung erstreckte sich auf konkrete Unternehmensmaßnahmen, die die Umsetzung von Compliance belegen.
  • Gefragt wurde aber auch nach den Unternehmensmotiven bei der Compliance-Umsetzung.

Compliance oft als Rohrkrepierer

Nach der Umfrage haben sich 18 % der Unternehmen dem Thema Compliance-Management bisher gar nicht gestellt. Bei den übrigen Unternehmen sind zwar Compliance-Ansätze vorhanden, häufig bleibt jedoch der Compliance-Zug irgendwo auf der Strecke stehen und kommt nicht ans Ziel.

  • So haben nur 69 % der befragten Unternehmen die für eine wirksame Compliance unabdingbaren Kontrollmechanismen implementiert.
  • In den übrigen Unternehmen wird die Einhaltung der Compliance-Richtlinien nicht überprüft.
  • Nur die Hälfte der Unternehmen hat Regularien implementiert, die die Folgen bzw. Sanktionen bei Regelverstößen regeln. 

Mangelndes Bewusstsein der Arbeitnehmer

Erstaunlich war, dass auch in Betrieben, die über ein CMS verfügen, nur 36 % der befragten Mitarbeiter hiervon Kenntnis haben.

  • 25 % der Arbeitnehmer erklärten, dass sie zwar von der Existenz einer Unternehmenscompliance Kenntnis hätten, jedoch Compliance im Unternehmensalltag keine Bedeutung habe.
  • 23 % der Arbeitnehmer können mit dem Begriff Compliance grundsätzlich nichts anfangen. 

Reputationspflege als leitendes Motiv

Bei den Gründen für die Einführung einer Unternehmenscompliance kommt nach der Befragung den gesetzlichen Vorgaben eine tragende Rolle zu.

  • Unternehmen wollen Haftungsrisiken, die durch ein fehlendes CMS entstehen, möglichst ausschließen.
  • Besonders große Unternehmen sind darüber hinaus der Auffassung, durch einen Verhaltenscodex und die Schaffung ethischer Grundsätze für die Unternehmensführung die Reputation des Unternehmens insgesamt aufzuwerten.
  • 81 % der Unternehmen ist die Korruptionsbekämpfung besonders wichtig, die von einigen Unternehmen als Hauptgrund für die Einführung eines CMS genannt wird.
  • Auch präventive Gründe spielen eine erhebliche Rolle. 75 % der Befragten richten ihren Fokus auf die Vermeidung von Schadensfällen durch verbindliche Unternehmensrichtlinien und deren Kontrolle.
  • Die Vermeidung von Imageschäden für das Unternehmen durch Compliance-Verstöße wird als tragendes Motiv für die Implementierung effektiver Überwachungs- und Kontrollmechanismen genannt. 

Der Nachbesserungsbedarf ist noch hoch

Die Studie zeigt, dass CMS in deutschen Unternehmen großflächig Einzug gehalten hat, wenn auch in vielen Unternehmen bisher nur rudimentär. Die Entwicklung insgesamt ist jedoch positiv. Schwachpunkte sind die in vielen Unternehmen noch

  • fehlenden oder mangelhaften Kontrollinstrumente
  • sowie die Verankerung der Regelwerke und der damit geschaffenen Unternehmensethik im Bewusstsein der Mitarbeiter.

Hier ist noch einiges nachzubessern. Ein effizientes CMS wird zu Recht als Teil eines vorausschauenden, effektiven Reputationsmanagements gesehen. Wenn nur 36 % der Arbeitnehmer in den Unternehmen angeben, die Compliance ihres Unternehmens zu kennen und auch zu befolgen, so ist dies eindeutig zu wenig. Hier besteht der dringendste Nachbesserungsbedarf.

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