
Der Rassismus-Fettnapf ist selbst bei internationalen Konzernen trotz ein erstaunlich häufiger Stolperstein. Ob der Modekonzern H&M, die Kosmetikmarke Dove oder der belgische Bierbrauer Heineken - sie alle mussten in den vergangenen Wochen und Monaten Werbespots wegen rassistischer Attitüden zurückziehen.
In allen drei genannten Unternehmen existieren zwar ausgefeilte Compliance-Regelwerke, die aber bei der Entwicklung von Werbekampagnen keine Rolle zu spielen scheinen. |
Keiner interne Kontrolle für Aussagen von Werbespots?
Die inhaltlichen Aussagen von Werbespots scheinen keiner internen Kontrolle zu unterliegen. Die Frage muss erlaubt sein, ob es in der Werbung immer nur um vordergründige Effekte und die kurz erregte Aufmerksamkeit geht und die ethische Qualität der Werbespots dahinter zurücktreten muss. Einige der vergangenen Werbekampagnen der international agierenden Unternehmen H&M, Dove und Heineken legen tatsächlich diesen Schluss nahe.
Heineken-Werbung spielte mit doppeldeutig mit dem Thema Hautfarbe
Anstoß erregt hatte zuletzt der belgische Bierbrauer Heineken mit einem Sport, in dem eine junge Frau weißer Hautfarbe auf einer Freiluftfete keinen Gefallen an ihrem Weißwein findet.
Dem Barkeeper bleibt dies nicht verborgen. Er schiebt lässig eine über die gesamte Länge des Tresens gleitende Flasche „Heineken Light“ zu. Dabei gleitet die Flasche an einer ganzen Reihe dunkelhäutiger Gäste vorbei. Hierzu erscheint der Text:
„Sometimes lighter is better“.
- kaum ignorierbar spielt der Satz hierbei mit den beiden möglichen Bedeutungen „Manchmal ist leichter besser“ in Bezug auf die Alkoholfreiheit des Bieres
- und der Bedeutung „Manchmal ist heller besser“, die auf die Hautfarbe der anwesenden Gäste anspielt.
Heineken entschuldigte sich öffentlich für seinen Werbespot
Heineken hat sich für diesen geschmacklos erscheinenden Gag inzwischen entschuldigt - allerdings erst auf massiven öffentlichen Druck hin.
- Der für sein soziales Engagement bekannte US-Musiker „Chance the Rapper“ warf dem belgischen Bierkonzern bewusste rassistische Werbung um der kurzfristigen Aufmerksamkeit willen vor
- und hatte auf Twitter umgehend 7.241 Retweets und 30.895 „Gefällt mir“-Angaben von seinen mittlerweile über 7 Millionen Followern.
- Das Management von Heineken entschuldigte sich anschließend öffentlich und erklärte, die Werbung sei inhaltlich klar „am Ziel vorbei geschossen“.
Die nachträgliche Entschuldigung des Bierproduzenten wurde vom Publikum eher als Schadensbegrenzungsmaßnahme zur Verhinderung von Imageschäden denn als wahrhaftige Demutsgeste aufgefasst.
H&M suggeriert Nähe von dunkelhäutigem Kind zu Affen
Ähnlich erging es H&M mit einer Werbekampagne, in der ein dunkelhäutiger Junge einen Kapuzenpulli mit der Aufschrift trug
„Coolest monkey in the jungle“.
Der Spot hatte weltweit große Proteste ausgelöst, in Südafrika wurden ganze Filialen von H&M verwüstet, prominente Stars beendeten die Zusammenarbeit mit H&M. Zur Eindämmung drohender Imageschäden war der Konzern gezwungen, die Werbekampagne zu stoppen und den beworbenen Pulli aus dem Sortiment zu nehmen.
Dunkelhäutige Frau nach Dove-Dusche weiß gewaschen
Ein ähnlich geschmackloser Werbespot hatte Ende 2017 das Image des Kosmetikunternehmens Dove deutlich beschädigt. Darin verwandelte sich eine dunkelhäutige Frau mit braunem T-Shirt während einer Dusche mit einem Dove-Duschgel in eine hellhäutige Frau mit weißem T-Shirt. Dazu erschien schriftlich eingeblendet die an den Zuschauer gerichtete Frage:
„Ready for a Dove-Shower?“.
Dunkelhäutig als Synonym für schmutzig?
Kritiker monierten, die Werbung vermittle den Eindruck, dass dunkelhäutige Benutzer des Duschgels sich mit Hilfe des Gels weiß waschen könnten. Dies entspreche einer historisch gewachsenen Sicht der angelsächsischen Werbung, wonach die Farbe Schwarz als schmutzig und die Farbe Weiß als rein und sauber betrachtet werde. Der Unilever-Konzern, zu dem Dove gehört, musste den Werbespot canceln.
Ethische Missgriffe sind schlecht fürs Geschäft
Besonders für H&M kam der Werbe-GAU zur Unzeit. Die Geschäfte laufen aktuell schlecht. Im ersten Quartal 2018 ist der Gewinn des Modeproduzenten stark eingebrochen. Schuld daran sind, neben der Konkurrenz durch den Online-Handel, auch verunglückte Imagekampagnen. Dieser Zusammenhang beweist, dass
- eine glaubwürdige und gelebte Unternehmensethik,
- die in Zweifelsfällen per se interne Kritiker sicherstellt,
- und durchdachte Compliance-Kontrolle
- im Rahmen einer und das Unternehmen in sämtlichen Bereichen durchdringenden Compliance-Struktur
- eine hohe Bedeutung auch für den geschäftlichen Erfolg eines Unternehmens zukommt.
Das gilt auch jenseits von folgenschweren Straftaten wie Korruption oder Regelverstößen bei Datenschutz und IT-Sicherheit.
Was einige Unternehmen noch lernen müssen
Ein umfassendes Compliance-Management-System darf kein Geschäftsfeld und insbesondere auch nicht das Marketingsegment außen vor lassen, tritt das Unternehmen doch gerade mit Hilfe der Werbung in unmittelbaren Kontakt zum Publikum und seinen Zielgruppen. |
Dessen Antennen für ethische Grenzüberschreitungen dürfen keinesfalls unterschätzt werden.
- Hinzu kommt die enorm schnelle und massenhafte Verbreitung kritischer Reaktionen in den sozialen Netzwerken.
- Werden diese dann noch von in der Zielgruppe prominenten Meinungsführern unterstützt, kann dies unmittelbare und erhebliche Auswirkungen auf Umsatz und Image eines Unternehmens haben.
Eine effektive Compliance wird damit immer mehr zu einer conditio sine qua non für die Marktakzeptanz und die Abwehr von Nachteile von einem Unternehmen und seinen Marken.
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