Prüfung gegen Sanktionslisten

Im Zusammenhang mit den Entwicklungen in der Ukraine, der Verletzung der Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine durch den militärischen Angriff der Russischen Föderation sowie der unrechtmäßigen Eingliederung der Krim in die Russische Föderation hat die Europäische Union mehrere Sanktionspakete erlassen, zuletzt Anfang April 2022.

Da die Krise weiter andauert, ist durchaus damit zu rechnen, dass die bisherigen Sanktionen weiter ausgebaut werden. Deshalb sollte sich jedes Unternehmen damit befassen, welche Umsetzungen im Unternehmen erforderlich sind.

Rechtliche Verpflichtung zur Prüfung gegen die Sanktionslisten

Aktuell ist in der Medienberichterstattung häufig von Sanktionen zu hören, die gegen Staaten, Unternehmen, Banken oder Personen verhängt werden. Sanktionen können sowohl durch nationalen als auch internationalen Rechtsakt (UN, EU, US) verhängt werden.

Letztlich dienen Sanktionen als außenpolitisches Droh- und Druckmittel, um die betroffenen Staaten oder Personen zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen.

Nach ihrer Zielrichtung können Sanktionslisten grob in personen- bzw. organisations- oder güterbezogene Sanktionslisten unterteilt werden.

Sanktionslisten verfolgen das Ziel, Geschäftsbeziehungen mit bestimmten natürlichen oder juristischen Personen zu verhindern oder einzuschränken oder die Ein- bzw. Ausfuhr bestimmter Güter zu verhindern.

Einige Sanktionslisten umfassen ein sogenanntes „Bereitstellungsverbot“, also das Verbot, Vermögenswerte, Geld oder sonstige Leistungen an die gelistete Person oder das Unternehmen „herauszugeben“ (z.B. auch durch Arbeitslohn) oder Geschäftsbeziehungen einzugehen. Ausschlaggebend ist hier lediglich, ob die Person oder der potenzielle Geschäftspartner und die potenzielle Geschäftspartnerin direkt oder indirekt, z. B. über gesellschaftsrechtliche Verflechtungen, auf einer Sanktionsliste geführt wird/werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob bestimmte Güter oder Dienstleistungen exportiert werden oder ob eine bestimmte Art der Geschäftsbeziehung besteht.

Sollte im Rahmen einer Geschäftsbeziehung oder eines Arbeitsvertrages gegen die Sanktionslisten verstoßen werden, können Bußgeldnormen oder auch Strafnormen verletzt sein.

Die Sanktionslisten der EU sind in verschiedenen EU-Verordnungen enthalten; hierbei handelt es sich um für alle Mitgliedsstaaten unmittelbar geltendes Recht! Die wesentlichen EU-Verordnungen gibt es bereits seit dem Jahr 2002, somit sind diese Verpflichtungen bereits seit mehr als 20 Jahren für deutschen Unternehmen zu beachten! Die Strafnormen bei Verstößen sind im deutschen Außenwirtschaftsgesetz (AWG) enthalten.

Damit obliegt die Sanktionslistenprüfung jedem Unternehmen, unabhängig davon, ob dieses export- oder rüstungsgutorientiert ist. Verpflichtet zum Sanktionslistenscreening sind somit alle Unternehmen und natürlichen Personen, die dem europäischen Recht unterliegen.

Die Sanktionslisten der USA gehören in der Praxis zu den wichtigsten Sanktionsregimen. Diese müssen unter bestimmten Voraussetzungen auch von deutschen Unternehmen beachtet werden. Unabhängig davon, ob ein Unternehmen aufgrund von Geschäftsbeziehungen mit den USA direkt verpflichtet ist, besteht jedoch für alle deutschen Unternehmen das Risiko, bei Verstoß gegen US-Sanktionslisten ein Verfahren der US-Behörden auszulösen. Dadurch drohen ggf. hohe Bußgelder nach US-Recht und das Unternehmen läuft Gefahr, selbst in eine (US-)Sanktionsliste aufgenommen zu werden.

Fazit: Eine Prüfung gegen die Sanktionslisten der EU und der USA ist erforderlich!

Wer bzw. was ist bei der Prüfung gegen Sanktionslisten zu prüfen?

Zu prüfen sind:

  • alle Geschäftspartner (Kunden, Lieferanten, Dienstleister, Berater),
  • alle Bankverbindungen der Geschäftspartner und Mitarbeitenden, 
  • alle Mitarbeitende des Unternehmens und aller Tochtergesellschaften,
  • ob Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens von güterbezogenen Embargoregelungen erfasst werden.

Datenschutzrechtliche Betrachtung der Prüfung von Mitarbeitenden und Geschäftspartnern gegen Sanktionslisten

Da es sich bei der Prüfung gegen Sanktionslisten der EU um eine gesetzliche Verpflichtung handelt, erfolgt die interne Zusammenstellung der personenbezogenen Daten sowie die Prüfung dieser auf der Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 lit. c DS-GVO (Datenverarbeitung zur Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung).

Bei der Überprüfung von Sanktionslisten der USA liegt keine direkte gesetzliche Verpflichtung nach deutschem Recht vor, jedoch würde ein Verstoß gegen US-Sanktionslisten zu erheblichen Strafen gegen das Unternehmen sowie zu erheblichen negativen Auswirkungen für das Unternehmen führen. Deshalb erfolgt eine Prüfung gegen US-Sanktionslisten auf der Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO (Datenverarbeitung im berechtigen Interesse des Unternehmens).

Vorgehensweise im Falle eines echten Treffers bei Sanktionslistenprüfung

Sollte die Überprüfung ergeben, dass es sich um einen „echten Treffer“ handelt, muss je nach Sanktion (z.B. vollständiges Embargo oder produktbezogenes Embargo) über die weitere Vorgehensweise entschieden werden.

Prüfung gegen Sanktionslisten: Mitbestimmung des Betriebsrates

Ein Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte besteht nicht; hierzu gibt es ein konkretes Urteil des BAG aus dem Jahr 2017 (BAG, Urt. v. 19.12.2017, 1 ABR 32/16). Wir empfehlen jedoch, in dieser Angelegenheit den Betriebsrat im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu informieren.

Folgen bei Unterlassung einer Prüfung

Sollte ein Unternehmen im Rahmen der Geschäftsbeziehungen (zu Auftraggebern, Kunden und Mitarbeitern) gegen die Regelungen der Sanktionslisten verstoßen, liegt bei den EU-Sanktionslisten ein Verstoß gegen die Normen des AWG vor. Bereits fahrlässige Verstöße können mit Geldbußen in Höhe von bis zu 500.000 EUR geahndet werden. Bei vorsätzlichen Zuwiderhandlungen handelt es sich um nicht unerhebliche Straftaten.

Hierbei kann es sich bei vorsätzlichem Verstoß um schwere Straftaten handeln, bei Fahrlässigkeit um Bußgeldtatbestände. Das Unterlassen einer Prüfung wird in der Regel als vorsätzliche Handlungsweise von den Verfolgungsbehörden interpretiert.

Wie oft ist eine Prüfung vorzunehmen?

Generell gibt es keine konkrete rechtliche Vorgabe. Eine Prüfung ist nach Ansicht der Aufsichtsbehörde „risikobasiert“ zu wiederholen. Die konkreten Vorgaben für die regelmäßige Durchführung sollten deshalb durch die Unternehmen festgelegt werden.

Aufgrund der aktuellen Situation und den sich weiter ausweitenden Sanktionen sind aus jetziger Sicht vorerst kurze Prüfungsintervalle sinnvoll.

Schlagworte zum Thema:  Risikomanagement, Risikoanalyse, Compliance