Oppenheim Prozess - unrühmliches Ende einer stolzen Privatbank

Das Urteil im Sal. Oppenheim Prozess: Vier ehemalige Bankvorstände wurden zu Haftstrafen verurteilt. Für den Ex-Ressortleiter Risikomanagement gibt es keine Bewährung. Der angerichtete Schaden: Mehr als 100 Millionen Euro.

Sal. Oppenheim war einst das größte private Bankhaus Europas. Vor der großen Finanzkrise im Jahr 2008 hatte das damalige Führungsquartett der Bank immense Gewinne beschert. Chef des Investments-Geschäfts war der heute 62-jährige Dieter Pfundt, für das Risikomanagement war der heute 71-jährige Friedrich Carl Janssen zuständig, Matthias Graf von Krockow war der Sprecher, der Bankerbe Christoph von Oppenheim übernahm die Koordination; im Vorstand waren alle vier.

Ein ganz großes Rad drehen

In den Jahren vor der Finanzkrise drängte es die Bank zu immer größeren, wahnwitzigeren Risikogeschäften. Der Bauunternehmer Josef Esch – in Köln ebenfalls auf der Anklagebank – war der „kreative Ideengeber“. Es wurde getrickst, was das Zeug hielt. Die Warnungen der eigenen Wirtschaftsfachleute der Bank wurden in den Wind geschlagen. Mit üppigen Gewinnbeteiligungen wurden die Warner ruhig gestellt.

Die unendliche Gier

Höhepunkt des Größenwahn war eine überhastete Kapitalerhöhung im Jahr 2008. In der Folge sollte die Pleite des Karstadt-Mutterkonzerns war Arcandor (Chef: Thomas Middelhoff) abgewendet und ein risikoreicher Immobiliendeal in Frankfurts Bankenviertel abgewickelt werden. Als klar wurde, dass die Engagements schief gingen, unternahm Janssen 2009 einen Bittgang zur Bundesregierung nach Berlin, geholfen hat es nichts.

Außer einem zeigten sich die Angeklagten einsichtig

Das renommierte Bankhaus endete mit einem Schuldenberg von 750 Millionen Euro. In diesem Zustand wurde das Bankhaus von der Deutschen Bank übernommen und fristet dort ein kümmerliches Nischendasein. Auf zunächst 100 Millionen Euro Schaden bezifferte die Vorsitzende Richterin Sabine Grobecker den Schaden, den das Quartett angerichtet hatte.

Die vier Ex Bankchefs wurden wegen besonders schwerer Untreue in zwei Fällen verurteilt, zweimal zu einer Haftstrafe von zwei Jahren, einmal zu einem Jahr und elf Monaten, die jeweils zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Nur Janssen muss tatsächlich in Haft, er erhielt eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Im Gegensatz zu den anderen Verurteilten war er bis zum Schluss uneinsichtig und konnte ausdrücklich nicht erkennen, etwas Unrechtes getan zu haben.

Esch war der Sieger des Verfahrens

Der heimliche „Gewinner“ des Verfahrens war der Strippenzieher Josef Esch. Er erhielt nur eine Geldstrafe in Höhe von 495.000 Euro wegen „fahrlässigen, unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften“.

Bank war ein Selbstbedienungsladen

Die Richterin zeigte in der Urteilsbegründung deutlich auf, in welch drastischer Weise die Angeklagten sämtliche Klischees vom gierigen Banker bedient hatten. So leisteten sie sich

  • ein eigenes Schloss,
  • eine eigene Fluglinie
  • rauschende, sündhaft teure Feste.

Das alles wurde auch dann noch aufrechterhalten, als die Bank bereits kurz vor dem Kollaps gestanden hat.

Arroganz und Selbstschädigung als Strafmilderungsgründe

Die Chuzpe, mit der man im Vorstand über die stetigen Warnungen des Fachpersonals hinweggegangen war, war nach Auffassung des Gerichts umso unverständlicher, als die Angeklagten nicht nur dem Bankinstitut, sondern auch sich selbst immensen Schaden zugefügt haben. Alle vier war nämlich auch persönlich haftende Gesellschafter der Bank. Dies wirkte sich insofern strafmildernd aus, als drei von den Angeklagten haarscharf an einer tatsächlich abzusitzenden Haftstrafe vorbei schrammten, nur der notorisch uneinsichtige Janssen nicht. Janssen hat - ebenso wie die StA in allen Fällen – Revision gegen das Urteil eingelegt. Die Sache ist also bei weitem noch nicht ausgestanden.

Ohne rigorose Kontrolle und Zwang geht es nicht

Angesichts der hochtrabenden Compliance-Regelwerke, die sämtliche Bankhäuser in Deutschland heute besitzen, erscheinen die Verhältnisse bei Sal. Oppenheim wie ein Relikt aus grauer Vorzeit. Die Zukunft muss aber erst noch zeigen, ob der allgemeine Compliance-Hype tatsächlich dazu führt, solche Zustände wie bei Sal. Oppenheim in Zukunft zuverlässig zu verhindern. Die Natur der Menschen, die die entsprechenden Positionen innehaben, wird sich im letzten Jahrzehnt nicht grundlegend geändert haben.

Adaption von Compliance in den inneren Wertekanon

Papier ist bekanntlich geduldig, nur durch die Adaption von Compliance in den inneren Wertekanon jedes einzelnen Mitarbeiters einer Bank oder eines Unternehmens sowie durch unnachgiebige Überwachung der Regeltreue durch neutrale Kontrollorgane und die ebenso unnachgiebige Verhängung von Sanktionen bei Verstößen kann Compliance realistischerweise im Unternehmensalltag erzwungen werden.

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