Neues Korruptionsstrafrecht und Geschenke als Compliance-Risiko

Das verschärfte neue Korruptionsstrafrecht kann im Geschenkerausch der Vorweihnachtszeit zu einer gefährlichen Falle werden. Geschenke sind, nicht nur zur Zeit des Schenkens und Feierns, eine Herausforderung für die Compliancestruktur und Complianceorganisation jedes Unternehmens. Das war ein Thema beim 12. Mittelstandstag am Bodensee.

Seit knapp zwei Jahren können Compliance-Verstöße bei Annahme und Vergabe von Geschenken deutlich schärfere Konsequenzen nach sich ziehen.

Am 20.11.2015 ist die Neufassung des Korruptionsstrafrechts, darunter die Reform des § 299 StGB, in Kraft getreten. Die Strafbarkeit der Korruption im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 StGB wurde erheblich erweitert. Nicht allen Unternehmen ist bewusst, welche rechtlichen Fallstricke aus lieb gewonnenen Usancen im Sog des gegenseitigen Schenkens und Beschenktwerdens daraus erwachsen können.

Diskussion zum verschärften Korruptionsstrafrecht

Beim 12. Mittelstandstag Bodensee am 28.9.2017 im Graf Zeppelin Haus in Friedrichshafen setzten sich die Teilnehmer mit den Fragen der Korruption im Rahmen der neuen Gesetzeslage auseinander.

In einer Podiumsdiskussion wies Oliver Hahne, Leiter Legal und Compliance bei der Haufe-Lexware GmbH, explizit auf die gesteigerte Gefahrenlage hin, die insbesondere in mittelständischen Unternehmen durch Annahme und Weitergabe mehr oder weniger kleiner Geschenke, gerade auch in der Vorweihnachtszeit, besteht.

Compliance fängt im Kopf an

Hahne legte besonderen Wert darauf, dass Compliance im Unternehmen vorgelebt werden müsse, da nur vorgelebte Unternehmensethik in die Köpfe der Mitarbeiter vordringe. Nur das Bewusstsein der ethischen Unternehmenswerte im Kopf jedes einzelnen  Mitarbeiters gewährleiste eine nachhaltige Implementierung von Compliance im Unternehmen.

Anonymitätsgarantie für Hinweisgeber ist das A und O

Als Beispiel nannte er die Haufe-Lexware GmbH, in der inzwischen ein System implementiert worden sei, das sowohl Mitarbeitern des Unternehmens als auch außenstehenden Kunden erlaube, im Fall des Verdachts von Korruption anonyme Hinweise über einen externe Dienstleister an die Unternehmensleitung zu geben.

Nur durch Wahrung der Anonymität sei gewährleistet, dass der Hinweisgeber nicht die Furcht haben müsse, infolge der gegebenen Hinweise in Misskredit bei seinen Kollegen zu geraten und dort möglicherweise als Verräter zu gelten.

Erfahrungen mit anonyme Hinweissystem sind positiv

Hahne empfiehlt dieses anonyme Hinweissystem als wesentlichen Faktor für nachhaltige Compliance insbesondere auch mittelständischen Unternehmen. Im Fall von Haufe-Lexware sind die Erfahrungen mit diesem System äußerst positiv, zumal solche Hinweisen zunächst firmenintern auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden können und nicht sofort die Staatsanwaltschaft auf dem Plan ist.

Compliance-Regeln verinnerlichen

Es ist also gerade nach neuem Korruptionsstraftecht  für Unternehmen wichtig, den Mitarbeitern die Compliance-Regeln eines Unternehmens nochmals vor Augen zu führen. Ein Hinweis auf die strafrechtliche Bestimmung des § 299 StGB kann nicht schaden, da diese Vorschrift im Grunde jede unrechtmäßige Beeinflussung auch von Arbeitnehmern eines Unternehmens unter Strafe stellt. Die Vorschrift erfasst

  • Handlungen eines Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens,
  • die dieser ohne Einwilligung des Geschäftsherrn vornimmt und
  • mit denen er seine Verpflichtungen gegenüber dem Geschäftsherrn verletzt und
  • für die er sich einen persönlichen Vorteil gewähren lässt.

Hierunter fallen nicht nur Schmiergeldzahlungen, sondern auch Essenseinladungen oder unangemessene Weihnachtsgeschenke.

Nicht die Compliance-Regeln des Geschäftspartners übersehen

Wichtig: Unternehmen sollten in der Vorweihnachtszeit nicht nur die eigenen Regeln über erlaubte bzw. unerlaubte Geschenke beachten, sondern auch die Compliance-Regeln der Unternehmen, die Geschenke erhalten sollen, im Blick haben.

Eine kleine Liste zum Abhaken

Grundsätzlich sind folgende Grundsätze einzuhalten:

  • Kleinere Werbeartikel als Geschenke sind nicht nur in der Vorweihnachtszeit grundsätzlich erlaubt.
  • Größere Geschenke müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Geschäftsbeziehung stehen und dürfen keineswegs eine Größe erreichen, die Einfluss auf die Vergabe bzw. Entgegennahme von Aufträgen haben könnte.
  • Kritisch sind Konzertkarten, VIP-Karten für ein Fußballspiel, Uhren, Lederaktenkoffer u.ä.
  • Besondere Zurückhaltung ist geboten bei Geschenken an Amtsträger, denengrundsätzlich die Annahme von Geschenken, die über den Bagatellebereich hinausgehen, untersagt ist.
  • Besondere Vorsicht ist auch geboten, wenn zeitnah eine geschäftliche Entscheidung ansteht und ein Geschenk hierauf Einfluss nehmen könnte.

Transparenz ist Trumpf

Der einzelne Mitarbeiter im Unternehmen sollte seinen Vorgesetzten grundsätzlich informieren, wenn er ein Geschenk von einem Geschäftspartner erhalten hat.

  • Sinnvoll ist es auch, dem Empfänger von Geschenken mitzuteilen, dass von der Möglichkeit der Pauschalversteuerung von Geschenken Gebrauch gemacht wurde, so dass dem Empfänger keine steuerlichen Unannehmlichkeiten entstehen können.
  • Schließlich sollten alle erhaltenen und herausgegebenen Geschenke zur Schaffung von Transparenz und Kontrolle dokumentiert werden.

Man muss die Vorsicht auch nicht übertreiben

Bei aller Vorsicht im Umgang mit Geschenken sollte man in der Vorweihnachtszeit aber auch nicht zum kleinkarierten Korinthenzähler werden. Ein solches Verhalten tut dem Renommee und Image eines Unternehmens auch nicht gut. Erhält das Unternehmen von einem Geschäftspartner einen schönen kleinen Baumkuchen und verzehren die Mitarbeiter diesen gemeinsam, so muss wohl keiner ein schlechtes Gewissen haben. Oliver Hahne erntete denn auch mit seinem süffisanten Baumkuchenhinweis beim Mittelstandstag den von ihm beabsichtigten Lacherfolg. Zum total verängstigten Duckmäuser, der sich jeglicher gut gemeinten, noch so kleinen Aufmerksamkeit verweigert, muss und sollte also trotz der veränderten Gesetzeslage keiner werden.

 

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Geschäftsherrenmodell erhöht Strafbarkeitsrisiko im Korruptionsstrafrecht

Welche Auswirkungen hat die Verschärfung des Korruptionsstrafrechts auf die Compliance-Praxis?

Hintergrund:

Nach der Rechtslage bis Ende 2015 stand der Schutz des Wettbewerbs im Zentrum des Korruptionstatbestandes des § 299 StGB; allenfalls nachrangig ging es um den Schutz des Vermögens des Geschäftsherrn des bestochenen Mitarbeiters. Durch die Gesetzesreform hat der Gesetzgeber § 299 StGB um das Geschäftsherrenmodell erweitert.

Während sich Mitarbeiter vor der Gesetzesänderung nur dann strafbar machten, wenn sie einen Vorteil als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb gewährten oder erhielten, kommt es auf eine Beeinflussung des Wettbewerbs nun nicht mehr an.

Vielmehr kommt eine Strafbarkeit von Mitarbeitern bereits dann in Betracht, wenn sie Schmiergeld als Gegenleistung für eine Pflichtverletzung gegenüber ihrem Arbeitgeber beim Bezug von Waren oder Dienstleistungen annehmen. Dies stellt ein erhebliches Risiko sowohl für Mitarbeiter als auch die Unternehmen selbst dar.

Schlagworte zum Thema:  Compliance-Management, Compliance, Geschenk