Korruption und Bestechung durch Sicherheitsfirma: Deal im Lageso?

Der ehemaliger Referatsleiter des Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) wurde zu zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er hatte von einer dubiosen Sicherheitsfirma Provisionen in Höhe von fast 150.000 EUR angenommen. Auch die Firmeninhaber erhielten Haftstrafen, die noch höher lagen.  

Das Sicherheitsgewerbe hat zur Zeit in Deutschland Konjunktur. Doch offensichtlich wird am Markt mit harten Bandagen um Platzvorteile gerungen. Die Geschäftsgebaren und Beschäftigten in dem Gewerbe sind nicht immer zimperlich. Allerdings gibt es auch in deren  "Kundschaft" selbst unter Staatsdienern gelegentlich schwarze Schafe. 

Eine Hand wusch die andere

Der ehemalige Referatsleiter habe 143.000 Euro von Verantwortlichen einer Sicherheitsfirma kassiert. Im Gegenzug habe er es unterlassen, seinen Dienstherrn über Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit in der Firma zu unterrichten. Neben dem suspendierten Beamten waren zwei Chefs des Unternehmens sowie ein von ihnen eingesetzter Strohmann angeklagt - auch sie wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Hohe Strafen

Der Geschäftsführer, der von den Richtern als Hauptakteur bei der Schmiergeldzahlung angesehen wurde, erhielt eine Gesamtstrafe von sieben Jahren und drei Monaten Haft, unter anderem wegen Bestechung und Steuerhinterziehung. Ein zweiter soll für fünf Jahre und fünf Monate in Haft, der vierte Angeklagte zweieinhalb Jahre.

Bestimmte Sicherheitsfirma für Flüchtlingsheime bevorzugt

Der verurteilte Regierungsrat hatte Mitte 2013 im Lageso die Leitung der Unterbringungsstelle für Flüchtlinge und Asylbewerber übernommen. Anscheinend erlag er den mit seiner Position verbundenen Versuchungen schon Ende 2013:

Die Ermittler gehen davon aus, dass er gegenüber Heimbetreibern Aufträge zur Flüchtlingsunterbringung an die Bedingung geknüpft habe, für die Bewachung nur die Sicherheitsfirma der mitangeklagten Manager zu engagieren.

Sicherheitsfirma, die auf Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit aufbaut?

Die angeklagten Manager scheinen über Jahre hinweg seit 2001 ein für Außenstehende schwer einsehbares kriminelles Geschäftsmodell entwickelt haben, mit dem sie verschleierten , dass sie Arbeitnehmer einstellten und weitervermittelten und  bei dem Millionenumsätze nicht versteuert und Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt wurden.

  • Mit diesen unzulässigen Finanzvorteilen konnten sie attraktive Angebotspreise bieten
  • und es gelang ihnen leichter, sich auf dem Markt für Wachschutz zu positionieren
  • und von 2012 bis 2015 diverse Aufträge für die Bewachung von Flüchtlingsheimen zu erhalten.

Beamter erhielt scheinbar 5%-igen Provisionsanteil

Fast zwei Jahre lang soll der damalige Referatsleiter, der nach Medienberichten verschuldet war, "die Hand aufgehalten" haben.

  • Laut Anklage soll er von jedem Auftrag, den die Firma der Mitangeklagten von einem Betreiber von Flüchtlingsheimen erhalten hatte, mit fünf Prozent "Provision" erhalten haben. 
  • Der Beamte habe im Gegenzug die aus Sicht der Anklage strafbaren Handlungen der beiden Firmen-Chefs nicht offenbart
  • und soll sie auch über die Anforderungen des Lageso an die Wachschutzfirmen informiert haben, was bei Ausschreibungen geholfen habe.

Bei Durchsuchungen wurden in einem Tresor in seiner Wohnung im Stadtteil Tiergarten 51.000 Euro entdeckt und im Februar 2016 endete diese vordergründig lukrative Phase seiner Beamtenlaufbahn nach mehr als 25 Jahren im Dienst in Handschellen.

Auch beim Beamten geht es nun um Steuerhinterziehung

Das mutmaßliche Schmiergeld soll er 2014 kassiert und in seiner Steuererklärung - verständlicherweise - nicht angegeben haben. Das bringt ihm eine zweiten Anklage wegen Steuerhinterziehung ein.

Inzwischen ist er gegen Auflagen und eine Kaution von weiterer Untersuchungshaft verschont worden.

Wohl Ende einer Beamtenlaufbahn

Der Beamte wurde vom Dienst suspendiert und ein Rückkehr ins Berufsleben als Staatsdiener scheint äußerst fraglich. Wird ihm Bestechlichkeit im besonders schweren Fall  nachgewiesen,  wird er seinen Beamtenstatus und wohl auch seine Versorgungsansprüche verlieren.

Anklage gegen Geschäftsführer der Sicherheitsfirma

Eine dritte Anklage, die im Prozess zu prüfen ist, bezieht sich auf mutmaßliche Wirtschaftskriminalität der beiden Unternehmer seit 2011. Die Ermittler gehen von mehr als zwei Millionen Euro Schaden durch Steuerhinterziehung aus. In diesem Komplex ist ein vierter Mann mitangeklagt. Er soll als eingetragener Geschäftsführer verstrickt gewesen sein.

Änderungen bei der Lageso- Verwaltung

Inzwischen ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales nicht mehr für die Flüchtlinge zuständig. Es war wegen Überforderung heftig kritisiert worden und am 1. August ging das neue Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten an den Start.

Vor dem Hintergrund des mutmaßlichen Korruptionsfalls durften bereits seit März Lageso-Mitarbeiter nur noch in Ausnahmefällen allein mit Betreibern von Flüchtlingsunterkünften, Sicherheitsfirmen oder Cateringunternehmen sprechen. Inhalte von Telefonaten mussten nach Angaben von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) protokolliert werden.

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Schlagworte zum Thema:  Beamte, Korruption, Strafverfahren