Entlastungsmöglichkeiten bei Steuern im Energiebereich

Energiesteuern und -abgaben lassen sich wie Energiekosten senken. Zudem gibt es eine ganze Reihe von Erstattungsmöglichkeiten. Im Gespräch mit der Haufe-Redaktion erklärt Michael Riechel, Geschäftsführer und Energiemanager bei enmacon, wie sich Energienebenkosten reduzieren und signifikante Einsparungen bei Energiesteuern und Energieabgaben realisieren lassen.

Wenn es um Energienebenkosten geht, denken viele Unternehmen nur an die Reduzierung der EEG-Umlage. Doch auf diese Weise verschenken sie häufig aus Unwissenheit Geld. Denn hier gibt es viel mehr Einsparmöglichkeiten!

Herr Riechel, was versteht man unter energieintensiven Unternehmen?

Unter energieintensiven Unternehmen versteht man grundsätzliche alle Unternehmen, bei denen der Energieeinsatz und die damit verbundenen Kosten einen erheblichen Anteil der unternehmerischen Gesamtkosten verursachen. Die Zuordnung ist unabhängig davon, ob das Unternehmen dem produzierenden Gewerbe zuzuordnen ist oder nicht.

Allerdings wurde der Begriff „energieintensive Unternehmen“ bisher hauptsächlich durch die EEG-Thematik, also das Erneuerbare-Energien-Gesetz, und die darin enthaltene „Besondere Ausgleichsregelung“ geprägt.

So werden z. B. produzierende Unternehmen ab einem Stromverbrauch von einer Gigawattstunde (GWh) und einer Stromkostenintensität je nach Branchenzugehörigkeit von mindestens 17 % zu großen Teilen von der EEG-Umlage befreit. Doch diese Bedingungen treffen nur für sehr große Unternehmen zu. In Deutschland sind das rund 2.800.

Ab welchem Energieverbrauch lohnt es sich generell für ein Unternehmen, nach den Energiesteuern und Energienebenkosten zu schauen?

Erfahrungsgemäß ergeben sich erhebliche Einsparpotenziale ab einem Stromverbrauch von etwa einer Gigawattstunde pro Abnahmestelle. Ab diesem Verbrauch empfehlen wir jedem Unternehmen, die Energienebenkosten auf Senkungsmöglichkeiten zu überprüfen und zwar unabhängig von der Besonderen Ausgleichsregelung der EEG-Umlage. Für produzierende Unternehmen lohnt es sich grundsätzlich ab ca. 250.000 kWh genauer hinzuschauen.

Und was zählt zu den Energiesteuern und Energieabgaben?

Dazu zählen u. a. Steuern, Netzentgelte und seit neuerer Zeit auch die Offshore-Haftungsumlage. Die Energieversorger sind verpflichtet die Energienebenkosten in der Abrechnung aufzuführen.

Unterscheiden sich die Energienebenkosten einzelner Energieversorger?

Ja, allerdings nur in Teilen. Ich gebe Ihnen einmal ein Beispiel, das Sie sicher aus der Presse kennen. Immer mehr Stadtwerke kaufen ihre Netze zurück. Dadurch verändern sich die Netzentgelte. Der Grund dafür: Ein Leistungsnetz aufzubauen und vor allem instand zu halten ist im ländlichen Bereich teurer als in einer Stadt. Denn auf jeden Kilometer Leistungsnetz kommen auf dem Land vielleicht 100 Einwohner und in der Stadt 1.000.

Neben diesen Besonderheiten gibt es aber auch Nebenkosten, die bundesweit identisch sind, wie beispielsweise die EEG-Umlage oder die Stromsteuer.

Und warum sind die Energienebenkosten in den letzten Jahren gestiegen?

Das hat zum einem mit dem Umbau unseres Energiesystems zu tun. Die Netze werden weiter ausgebaut. Die geplanten Stromtrassen von Nord nach Süd sollen, so wird momentan diskutiert, unter der Erde verlegt werden, was zusätzliche Kosten bedeutet. Oder nehmen Sie die Offshore-Windkraftanlagen: auch sie werden weiter ausgebaut. Allerdings hat man in diesem Bereich noch wenig Erfahrung, so dass sie eine hohe Risikobewertung haben. Die damit verbundene Offshore-Haftungsumlage wird auf die Kunden verteilt.

Dass die Energiewende der Grund für die Verteuerung ist, stimmt so allerdings nicht ganz. Die Kraftwerkparks in Deutschland sind sehr alt und müssen ersetzt oder überholt werden. Die Kosten würden also sowieso steigen. Doch das lassen manche gerne unter den Tisch fallen und schieben den regenerativen Energien den schwarzen Peter zu.

Bei der Strom- und Energiesteuer – auch „Öko-Steuer“ genannt – ist eine andere Sache wenig bekannt: In den 90er Jahren hat man bei Einführung der Stromsteuer mit den produzierenden Unternehmen ausgehandelt, dass sie bei der Stromsteuer bzw. Energiesteuer entlastet werden, wenn sie Rentenbeiträge bezahlen. Konkret heißt das, dass der § 10 des StromStG sowie der §55 des EnergieStG bis heute mit den Rentenbeiträgen verknüpft sind. Da die Rentenbeiträge in den letzten Jahren aber gesunken sind, hat dies auch sinkende Strom- und Energiesteuererstattungen zur Folge.

Wie kann ein Unternehmen also seine Energienebenkosten senken?

Die Reduzierung der KWKG-Abgaben, StromNEV-Umlage oder Offshore-Haftungsumlage hängen z. B. vom Umsatz und den gezahlten Stromkosten ab. Je höher die Stromkosten in Relation zum Umsatz, umso wahrscheinlicher ist eine Reduzierung.

Anders ausgedrückt bedeutet dies: je schlechter es dem Unternehmen wirtschaftlich geht, desto größer ist die Chance, Geld zurückzubekommen. Wir überprüfen, ob unsere Kunden die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Ist dies der Fall, leiten wir die Antragstellung in die Wege.

Wenn es um die Netzentgelte geht, ist auch der §19 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) für viele Unternehmen interessant. Ich mache Ihnen einmal ein Beispiel dazu: Zu bestimmten Tageszeiten steigt der Stromverbrauch stark an, z. B. am frühen Abend, wenn alle zu Hause sind, kochen, die Tagesschau anschalten, den PC hochfahren, alle Lichter angehen usw. Fährt ein Unternehmen um diese Zeit seinen Stromverbraucher auch hoch, belastet es damit das Stromnetz zusätzlich. Der hohe Strombedarf macht den Strom während solch eines Hochlastzeitfensters besonders teuer.

Und jetzt kommen Sie und implementieren einen Meldefristenlalender - was heißt das?

Wir analysieren und prüfen die Strom- und Energiesteuern sowie die Nebenkosten auf Senkungsmöglichkeiten und überprüfen, ob Sie die dafür erforderlichen Antragsvoraussetzungen erfüllen.

Des Weiteren begleiten und unterstützen wir die Unternehmen bei der Vorbereitung der Antragsunterlagen, einer eventuell notwendigen Zertifizierung durch einen Wirtschaftsprüfer und übernehmen, soweit wie möglich, die finale Antragstellung bei der verantwortlichen Institution.

Außerdem überprüfen wir bei Nichterfüllung der Kriterien, ob und wo eine Verhaltensänderung möglich ist. Dazu analysieren wir u. a. die Verbräuche. Als ein Beispiel versuchen wir gemeinsam mit dem Unternehmen das Verbrauchsprofil weg vom Hochlastzeitfenster zu verschieben. Ist das nicht möglich, beraten wir das Unternehmen zum Lastmanagement und empfehlen z. B. über eine Stromerzeugung durch vorhandene Notstromaggregate nachzudenken.

Legt ein Unternehmen, was den Paragraph §19 StromNEV angeht, seine Verbräuche außerhalb des Hochlastzeitfensters, kann es meist einen Antrag auf Rückerstattung stellen.

Insgesamt haben wir in dDeutschland 28 allgemeine Fristen wo Mitteilungen oder Angaben zur Stromeigenerzeugung anstehen. Des Weiteren sollten auch individuelle Fristen wie z.B. § 32 MessEG beachtet werden wo innerhalb von 6 Wochen der Verwender neuer Messgeräte bei der Landesbehörde diese anzeigen muss.

Es empfiehlt sich ein Unternehmensspezifischen Meldefristenkalender zu erstellen, in dem nur die Unternehmensrelevanten Fristen abgebildet werden. Wir bieten hierzu auch einen Workshop an.

Welche gesetzlichen Grundlagen und Fristen müssen bei Erstattungen von Energiesteuern eingehalten werden?

Das ist eine ganze Liste: StromStG, EnergieStG, EEG 2014, StromNEV, KAV, KWKG, EnWG-Novelle. Da verliert man schon einmal den Überblick.

Einige Gesetze gibt es schon sehr lange, andere wie etwa die Offshore-Haftungsumlage erst seit kurzem. Da ist noch nicht alles ausgereift. Vor allem muss man auch immer damit rechnen, dass ein Gesetz oder eine Vorgabe aktualisiert wird. Zu unserer Dienstleistung gehört es, ständig auf dem Laufenden zu sein.

Hinzu kommt, dass die Fristen in der Vergangenheit zum Teil nicht gesetzlich geregelt waren, sondern sich durch die übliche Verwaltungspraxis ergeben haben. Inzwischen gibt es für die meisten Nebenkosten jedoch eindeutige, gesetzlich geregelte Fristen. Die wenigen Ausnahmen sind teilweise durch andere Gesetze geregelt. Auch über die unterschiedlichen Fristen sind wir stets auf dem aktuellen Stand und bereiten unsere Kunden frühzeitig darauf vor.

Und was brauchen Sie für eine Prüfung?

Für eine umfassende Prüfung aller Erstattungsmöglichkeiten benötigen wir sehr überschaubare Informationen: den Umsatz und die Strom- und Erdgasrechnungen des vorvorletzten Jahres sowie die Abrechnungen und die Strom- Lastgangdaten (Viertel-Stunden-Werte) je Abnahmestelle des letzten Jahres. Diese erhält man auf Nachfrage beim Energieversorger.

Und was kostet das Unternehmen eine solche Überprüfung und mit welchen Erstattungen kann es rechnen?

Wenn wir alle Unterlagen zusammen haben, benötigen wir je nach Paragraphen und Anzahl der Abnahmestellen in der Regel etwa ein bis zwei Tage für die Analyse und um herauszufinden, ob Einsparpotentiale möglich sind und ob Anträge für Erstattungen gestellt werden können. Im Rahmen von bestimmten Projektbeziehungen wie z. B. einer Mittelstandsberatung oder bei der Durchführung von Energieaudits ist diese Leistung bei uns inbegriffen.

Da die Erstattungshöhe von den individuellen Gegebenheiten des Unternehmens, wie z. B. dem Stromverbrauch und den Lastspitzen abhängig ist, ist auch die jeweilige Erstattungshöhe unternehmensindividuell.

Was unsere Vergütung anbelangt, bieten wir im ersten Schritt einen kostenfreien Potential-Check an und wenn gewünscht im zweiten Schritt einen kostenpflichtigen Hauptbericht. Der Hauptbericht spiegelt die aktuelle Erstattungssituation wieder sowie einen gemeinsam getroffenen und möglichen Strategieweg zur Optimierung. Oder anders ausgedrückt: Bei Nichterfüllung der Rahmenbedingungen zeigen wir im Hauptbericht den Weg in eine mögliche Erstattung auf. Im dritten Schritt bieten wir dann das Antragswesen an.

Herr Riechel, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Bettina Brucker M. A., Freie Journalistin und Autorin.

Das Ingenieurbüro enmacon berät Unternehmen unabhängig und  im gesamten Bundesgebiet. Die Tätigkeitsfelder reichen von der energetischen Erstanalyse über die Umsetzungsbegleitung bis zur systematischen Einführung von Energiemanagementsystemen.

Abkürzungen

EEG = Erneuerbare-Energien-Gesetz

EnergieStG = Energiesteuergesetz

EnWG = Energiewirtschaftsgesetz

KAV = Konzessionsabgabeverordnung

KWKG = Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz

StromNEV = Stromnetzentgeltverordnung

StromStG = Stromsteuergesetz

MessEG = Mess- und Eichgesetz