
Wenn ein Internet-Nachrichtenanbieter auf seinen Seiten anonyme Kommentare ermöglicht, kann er nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für hier veröffentlichte beleidigende Kommentare haftbar gemacht werden.
In dem verhandelten Fall muss jetzt ein estnisches Nachrichtenportal eine Geldstrafe an eine Fährgesellschaft zahlen. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte entschieden, dass Nachrichtenanbieter im Internet, die anonyme Leser-Kommentare zulassen, für darin enthaltene Beleidigungen verantwortlich gemacht werden können.
Angemessener Eingriff in die Rechte des Portalbetreibers
In dem Verfahren ging es um die Klage eines estnischen Fährunternehmens, über das auf dem Nachrichtenportal berichtet worden war. Auf der Website hatten verschiedene Nutzer daraufhin über die angebotenen Kommentarfunktionen auch Beleidigungen und Drohungen geäußert, durch die sich das Unternehmen beeinträchtigt sah, weshalb es Klage auf Schadensersatz gegen den Portalbetreiber erhoben hatte. Die estnischen Gerichte gaben dieser Klage statt und lehnten in letzter Instanz auch eine Berufung des Portalbetreibers ab, die unter dem Hinweis auf die Haftungsprivilegien von Providern eingereicht worden war.
Mit der Klage am EGMR wollte der Portalbetreiber nun eine Verletzung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit feststellen lassen, was jedoch nur bedingt gelang. Zwar widersprachen die Richter dieser Auffassung nicht, jedoch werteten sie die Urteile der estnischen Justiz als berechtigten und angemessenen Eingriff in dieses Recht.
Keine ausreichenden Maßnahmen zum Schutz der Opfer
Diese Eingriffe seien deshalb nicht zu beanstanden, weil der Portalbetreiber nicht genug unternommen habe, um beleidigende Kommentare von seinen Seiten zu entfernen. Weder die eindeutigen Warnungen an die Nutzer noch die automatischen Wortfilter seien ausreichend gewesen. Prinzipiell hätte das Fährunternehmen zwar auch direkt die Verfasser der beleidigenden Kommentare verklagen können. In der Praxis sei dies jedoch kaum möglich gewesen, da das Portal es ermöglicht habe, Kommentare ohne Registrierung zu veröffentlichen.
Zudem sei der Portalbetreiber auch deshalb verantwortlich zu machen, weil er aus den Kommentaren einen wirtschaftlichen Vorteil ziehe und schließlich hätten die estnischen Gerichte außer einer geringen Strafzahlung keine weiteren Eingriffe verhängt.
Gegen das Urteil des EGMR ist allerdings noch eine Berufung möglich.
Schlagworte zum Thema: Internetportal, Beleidigung, Haftung
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