Deutschland steht nach Ausführungen der Bundesregierung aufgrund der hohen internationalen Verflechtung seiner volkswirtschaftlich bedeutenden Branchen in einer besonderen Verantwortung, auf eine Verbesserung der weltweiten Menschenrechtslage entlang von Lieferketten hinzuwirken und die Globalisierung mit Blick auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sozial zu gestalten.

Die zunehmende Integration deutscher Unternehmen in globale Beschaffungs- und Absatzmärkte bietet Chancen und Herausforderungen zugleich: Neue Märkte und Produktionsstätten werden erschlossen und so Arbeitsplätze und Wohlstand geschaffen. Gleichzeitig können in der Lieferkette von Unternehmen in der globalen Wirtschaft aber auch Risiken durch Intransparenz und die oft mangelhafte Durchsetzung von international anerkannten Menschenrechten entstehen. Die Pflicht, die Menschenrechte des Einzelnen zu achten, zu schützen und einzuhalten, liegt bei den Staaten.

Die Verantwortung von Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte besteht unabhängig von der Fähigkeit oder Bereitschaft der Staaten, ihrer Pflicht zum Schutz der Menschenrechte nachzukommen. Macht der innerstaatliche Kontext es unmöglich, dieser Verantwortung uneingeschränkt nachzukommen, ist von Unternehmen zu erwarten, dass sie die Grundsätze der international anerkannten Menschenrechte achten, soweit es in Anbetracht der Umstände möglich ist.

Um ihrer Verantwortung zum Schutz der Menschenrechte gerecht zu werden, hat die deutsche Bundesregierung die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen mit dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte von 2016 (Nationaler Aktionsplan) in Deutschland umgesetzt.[1] Dort ist die Erwartung an Unternehmen formuliert, mit Bezug auf ihre Größe, Branche und Position in der Lieferkette in angemessener Weise die menschenrechtlichen Risiken in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten zu ermitteln, ihnen zu begegnen, darüber zu berichten und Beschwerdeverfahren zu ermöglichen.

Der Nationale Aktionsplan ist ein wichtiger erster Schritt. Zentral für seine erfolgreiche Umsetzung sind ein einheitliches Verständnis von Inhalt und Umfang der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten und deren breite Verankerung in unternehmensinternen Prozessen. Die Ergebnisse der im Rahmen des Nationalen Aktionsplans durchgeführten repräsentativen Untersuchungen vom Juli 2020 haben gezeigt, dass lediglich zwischen 13 und 17 % der befragten Unternehmen die Anforderungen des Nationalen Aktionsplans erfüllen. Um eine ausreichende Einhaltung zu gewährleisten, bedurfte es deshalb nach Auffassung der Bundesregierung eines rechtlich verbindlichen und international anschlussfähigen Sorgfaltsstandards.

Durch das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten, kurz ›Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz‹ (LkSG) werden in Deutschland ansässige Unternehmen ab einer bestimmten Größe verpflichtet, ihrer Verantwortung in der Lieferkette in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte durch die Implementierung der Kernelemente der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht besser nachzukommen.

Dadurch

  • sollen die Rechte der von Unternehmensaktivitäten betroffenen Menschen in den Lieferketten gestärkt und
  • soll den legitimen Interessen der Unternehmen an Rechtssicherheit und fairen Wettbewerbsbedingungen Rechnung getragen werden.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz dient der Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage, indem es Anforderungen an ein verantwortliches Management von Lieferketten für bestimmte Unternehmen festlegt.

Unternehmen erhalten einen klaren, verhältnismäßigen und zumutbaren gesetzlichen Rahmen zur Erfüllung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten. Die Anforderungen orientieren sich am Sorgfaltsstandard (›due diligence standard‹) der UN-Leitprinzipien, auf dem der Nationale Aktionsplan basiert. Das Gesetz enthält darüber hinaus behördliche Durchsetzungsmechanismen. Die für die Kontrolle und Durchsetzung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten zuständige Behörde (das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, BAFA) wurde mit entsprechenden Eingriffsbefugnissen ausgestattet. Das Gesetz begründet eine Bemühenspflicht, aber weder eine Erfolgspflicht noch eine Garantiehaftung.

Anders als mit der Erfolgspflicht werden Unternehmen mit der Bemühenspflicht nicht dazu verpflichtet, Garantien vorzuweisen, dass Verstöße im eigenen Geschäftsbetrieb und den der unmittelbaren Lieferanten gänzlich verhindert werden. Vielmehr müssen sie nachweisen können, sich bemüht zu haben, alle ihnen mögliche Maßnahmen ergriffen zu haben, Risiken in der Lieferkette zu begegnen.

Dies wirkt recht unbestimmt, weshalb der Angemessenheit an dieser Stelle eine wesentliche Rolle zukommt. § 3 Abs. 2 LkSG liefert Bestimmungen hinsichtlich angemessenen Handelns, das den Sorgfaltspflichten genügt.

[1] Nationaler Aktionsplan ›Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenre...

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