Das in die Schmiergeldzahlungen involvierte Management der Tochtergesellschaft in China ist einer Reihe von persönlichen Haftungsrisiken ausgesetzt, die nachstehend zusammengefasst sind:

Freiheitsstrafe

Die involvierten Manager würden im vorliegenden Szenario aufgrund des Gebens von Bestechungsgeldern dem Risiko einer bis zu 3-jährigen Freiheitsstrafe in China ausgesetzt sein.

Manager-Sperre

Nach Verbüßung der Freiheitsstrafe könnte den involvierten Managern eine Manager-Sperre auferlegt werden. Konkret: Für bis zu 5 Jahre darf der verurteilte Manager keine leitenden Managerpositionen in China wahrnehmen.

Schadensersatzansprüche

Zudem können die in die Schmiergeldzahlungen involvierten Manager[1] von der Tochtergesellschaft in China und auch von der Muttergesellschaft in Deutschland nach chinesischem Recht auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

Das chinesische Gesellschaftsrecht sieht hierbei einige Haftungsszenarien vor:[2]

  • Die Tochtergesellschaft in China darf unmittelbar den Manager auf Schadensersatz in Anspruch nehmen soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
  • Die Muttergesellschaft in Deutschland darf vom Board of Supervisors – bzw. vom Supervisor, falls kein Board of Supervisors besteht – der Tochtergesellschaft verlangen, den involvierten Manager auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
  • Die Muttergesellschaft in Deutschland darf vom Board of Directors – bzw. vom Executive Director, falls kein Board of Directors besteht – der Tochtergesellschaft verlangen, den Supervisor auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Das Risiko einer Schadensersatzklage der deutschen Muttergesellschaft – nach chinesischem Recht – gegen das lokale Management in China ist in der Praxis häufig noch unbekannt. Brisant ist – dies gilt für alle oben dargestellten Haftungsszenarien –, dass das chinesische Gesellschaftsrecht keine Deckelung mit Blick auf die Höhe des Schadensersatzanspruchs gegen den Manager vorsieht. Die erfolgreiche Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs durch ein großes Unternehmen, das einen hohen Schaden erlitten hat und diesen rechtmäßig geltend macht, kann für den betroffenen Manager existenzvernichtend sein.

Kündigung des Arbeitsvertrags

Der involvierte Manager wird arbeitsrechtlichen Sanktionen – insbesondere der Kündigung des Arbeitsvertrags – durch seinen Arbeitgeber ausgesetzt sein.

 
Wichtig

Haftet das Management in Deutschland für Compliance-Verstöße in China?

Das Management in Deutschland kann für Compliance-Verstöße in China nach deutschem Recht persönlich haften. Dies betrifft nicht nur die seit einigen Jahren bereits bestehende Strafbarkeit (nach deutschem Recht) von Schmiergeldzahlungen an Amtsträger eines ausländischen Staates und Schmiergeldzahlungen an ausländische Privatpersonen. Hinzu kommt auch das Risiko von Schadensersatzansprüchen des Unternehmens – aus chinesischer Sicht ist dies die Muttergesellschaft in Deutschland – gegen ihre Unternehmensleitung in Deutschland mit Blick auf Compliance-Verstöße im Ausland. Ein Urteil des LG München I hat dies deutlich gemacht: Auf 15 Mio. Euro Schadensersatz hatte die Siemens AG ihren ehemaligen Finanzvorstand aufgrund von Verstößen gegen seine Compliance-Pflichten verklagt. Das Landgericht München I hatte dieser Klage stattgegeben (LG München I, Urteil vom 10.12.2013 – 5 HK O 1387/10)[3]. Dem ehemaligen Finanzvorstand wurde vorgeworfen, seine Compliance-Pflichten mit Blick auch auf Korruptionsfälle im Ausland als Vorstandsmitglied verletzt zu haben. In den Entscheidungsgründen des Landgerichts steht: "[…] der Beklagte habe trotz wiederholter in zur Kenntnis gebrachter Gesetzesverletzungen keine bzw. jedenfalls keine ausreichenden Maßnahmen zur Aufklärung und Untersuchung von Verstößen, deren Abstellen und der Ahndung der betroffenen Mitarbeiter eingeleitet." Weiter führt das Landgericht aus: "Gerade das wiederholte Auftreten von Gesetzesverstößen oder zumindest gravierender Verdachtsmomente im Zusammenhang mit Korruptionsfällen im Ausland zeigt, dass das bisherige System nicht ausreicht. Dann aber ist es Aufgabe jedes einzelnen Vorstandsmitglieds und damit auch des Beklagten, im Rahmen seiner Überwachungspflicht darauf hinzuwirken, dass innerhalb des Vorstands ein funktionierendes Compliance-System beschlossen wird." Nicht überraschend hat das Landgericht auch ausgeführt: "Demgemäß bedeuten grenzüberschreitende Schmiergeldzahlungen eine Gesetzesverletzung, die sich auch nicht aus der Erwägung heraus rechtfertigen läßt, anderenfalls seien wirtschaftliche Erfolge auf korruptiven Auslandsmärkten nicht mehr möglich." Zum Maßstab der Sorgfalts- und Compliance-Pflichten des Vorstandsmitglieds hat das Landgericht u.a. ausgeführt: "Einer derartigen Organisationspflicht genügt der Vorstand bei entsprechender Gefährdungslage nur dann, wenn er eine auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegte Compliance-Organisation einrichtet […]." Dem Urteil des...

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