Zusammenfassung

 
Überblick

Der Mindestlohn ist eine festgelegte Lohnuntergrenze, die von keinem Arbeitgeber unterschritten werden darf. Grundsätzlich gilt seit dem 1.1.2015 ein gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland für alle Arbeitgeber und alle Arbeitsverhältnisse und damit alle Arbeitnehmer. Der Gesetzgeber hat jedoch ausdrücklich in § 22 Mindestlohngesetz (MiLoG) einige Ausnahmen zugelassen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

1 Örtlicher Anwendungsbereich

Nach dem Gesetz gilt der Mindestlohn für Beschäftigungsorte in Deutschland, unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder dem Wohnsitz der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers. Er gilt demnach auch für Grenzgänger und Wanderarbeiter, sofern sie regelmäßig im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tätig sind.[1]

Auf den Unternehmenssitz des "Arbeitgebers" kommt es hingegen nicht an. Offen ist aber die Frage, ob auch Transitfahrten durch deutsches Staatsgebiet vom Mindestlohn erfasst werden. Verwaltungsintern wurde die Ahndung durch den Zoll ausgesetzt, dies hat jedoch auf eine etwaige Klage eines LKW-Fahrers gegen seinen Arbeitgeber keine bindende Wirkung. Die besseren Argumente sprechen insgesamt allerdings gegen eine Anwendbarkeit des MiLoG.

 
Hinweis

Mindestlohn für entsandte Arbeitnehmer

Anders als bei Transitfahrten, ist der Fall jedoch bei Entsendungen zu beurteilen – hier ist das MiLoG zu beachten.

[1] So zuletzt auch BAG, Urteil v. 24.6.2021, 5 AZR 505/20 in Bezug auf nach Deutschland entsandte ausländische Pflegekräfte.

2 Persönlicher Anwendungsbereich

Das Gesetz gilt für alle Arbeitnehmer. Arbeitnehmer ist, wer sich durch privatrechtlichen Vertrag dazu verpflichtet hat, eine unselbstständige weisungsgebundene Arbeit zu erbringen, vgl. dazu auch § 611a BGB.

Hierunter fallen grundsätzlich auch geringfügig Beschäftigte aber auch Praktikanten i. S. d. § 26 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Nicht hiervon erfasst sind Auszubildende. Ihnen steht nach § 17 BBiG nur ein Rechtsanspruch auf eine "angemessene Ausbildungsvergütung" zu.

3 Ausnahmeregelungen zum Mindestlohn

Das Gesetz sieht im Geltungsbereich die folgenden Ausnahmeregelungen vor:

3.1 Praktikanten

Praktikantinnen und Praktikanten i. S. d. § 26 BBiG werden grundsätzlich vom MiLoG erfasst. Hintergrund ist die Vermeidung von Missbrauch, den manche Unternehmen in der Vergangenheit mit Praktikanten betrieben haben.

Da ein Praktikantenverhältnis je nach Ausgestaltung Arbeitsverhältnis und Berufsausbildungsverhältnis sein kann, hat der Gesetzgeber im MiLoG bestimmte Praktikanten von dessen Anwendung ausgenommen.

Die Bezeichnung "Praktikant" ist in § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG gesetzlich definiert:

"Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt."

Das MiLoG findet nach § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG auf folgende Praktikantinnen und Praktikanten grundsätzlich keine Anwendung:

  1. Praktikanten, die ein Praktikum verpflichtend aufgrund (hoch-)schulrechtlicher Bestimmungen, einer Ausbildungsordnung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie ableisten,
  2. Praktikanten, die ein Praktikum bis zu 3 Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten,
  3. Praktikanten, die ein Praktikum von bis zu 3 Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bereits zuvor bestanden hat, oder
  4. Praktikanten, die an einer sog. Einstiegsqualifizierung oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung (gemäß § 54a SGB III bzw. §§ 6870 BBiG) teilnehmen.
 
Hinweis

Vergleichbare praktische Ausbildung

Vergleichbare praktische Ausbildungen i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG sind aber auch systematische innerbetriebliche Ausbildungen über einen längeren Zeitraum, um bestimmte berufliche Qualifikationen zu erlangen, ohne dass ein anerkannter Ausbildungsberuf erlernt wird oder aber auch Berufsausbildungen wie z. B. Tanzlehrer oder Volontär. Voraussetzung ist hierbei jedoch das Vorliegen einer mindestens 2-jährigen Ausbildung mit Ausbildungsziel und Ausbildungsinhalten.

 
Hinweis

Zur Einordnung echter und unechter Praktikanten Nachweis geben lassen

Auch losgelöst vom MiLoG ist die rechtliche Einordnung eines Praktikanten wichtig für die Beurteilung der Frage, ob z. B. Urlaubsansprüche und Entgeltfortzahlungsansprüche wegen Krankheit bestehen bzw. welche Kündigungsmöglichkeiten/-fristen Anwendung finden. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen den sog. "echten" Praktikanten, d. h. Praktikanten, die dieses zwingend im Rahmen eines Studiums oder einer sonstigen Hochschulausbildung absolvieren müssen, damit die Prüfungsvoraussetzungen erreicht werden können und sog. "unechten" Praktikanten,...

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