Das Mindestentgelt i. S. v. § 14 AEntG umfasst nur das Nettoentgelt (also abzüglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen). Anders als noch in der von der Bundesregierung vorgelegten Formulierung des MiLoG soll es dem Auftraggeber nun nicht mehr möglich sein, sich der Bürgenhaftung durch den Nachweis fehlender positiver Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von dem Verstoß seines Nachunternehmers gegen die Mindestlohnpflicht zu entziehen. Es reicht also nicht aus, wenn sich der Auftraggeber auf den "guten Ruf" des beauftragten Unternehmens beruft und darauf vertraut.

Die Haftungsregelung zielt primär auf Generalunternehmer ab, die Subunternehmer einsetzen. Damit soll erreicht werden, dass auch in einer Kette aus Unternehmern die Arbeitnehmer den Mindestlohn erhalten und verstärkt damit die Wirksamkeit des Mindestlohns in Beschäftigungsketten. Die Arbeitnehmer können den ihnen vorenthaltenen Mindestlohn sofort gegenüber dem Auftraggeber ihres Arbeitgebers geltend machen. Mehrere Auftraggeber haften als Gesamtschuldner, §§ 774, 426 BGB, d. h. sie haften grundsätzlich zu gleichen Teilen.

 
Hinweis

Anspruch der Agentur für Arbeit gegenüber Auftraggeber im Insolvenzfall

Auch wenn das MiLoG für den insolvenzbedingten Zahlungsausfall keine Regelung vorsieht, ist davon auszugehen, dass auch in diesem Fall die Bürgenhaftung eintritt, sodass sich letztlich auch die Bundesagentur für Arbeit für Insolvenzgeldzahlungen beim Auftraggeber schadlos halten kann.

Folgen für die Praxis

Die gesetzliche Haftungsregelung führt zu wichtigen Folgen für die Praxis: Unternehmer, die sich bei der Erfüllung ihrer Aufträge Dritter bedienen, müssen sicherstellen, dass das MiLoG auch durch die eingeschalteten Dritten und Subunternehmer eingehalten wird. Nur so kann vermieden werden, dass die Unternehmer/Auftraggeber für den Mindestlohn haften müssen, unabhängig davon, ob sie vom Verstoß des Auftragnehmers oder weiterer Subunternehmer gegen das MiLoG gewusst oder hiervon profitiert haben.

 
Hinweis

Maßnahmen zur Eingrenzung des Haftungsrisikos[1]

Folgende Maßnahmen zur Eingrenzung des Haftungsrisikos sind denkbar:

  • Es sollten nur die Angebote berücksichtigt werden, aus denen hervorgeht, dass die Pflicht zur Zahlung eines Mindestlohns eingerechnet ist. Die Dienstleistung muss zu dem angebotenen Preis auch dann betriebswirtschaftlich sinnvoll erbracht werden können, wenn der Nachunternehmer den Mindestlohn zahlt.
  • Vertraglich sollte der Auftragnehmer die Einhaltung der Bestimmungen des MiLoG zusichern, insbesondere seine Verpflichtung zur Zahlung der gesetzlichen Mindestlöhne an seine Arbeitnehmer.

    Formulierungsbeispiel: "Hiermit bestätige ich, dass ich meinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern den für meine Branche gesetzlich geltenden Mindestlohn fristgerecht zahle."

  • Des Weiteren sollte der Auftragnehmer verpflichtet werden, eine entsprechende Verpflichtungserklärung zur Einhaltung der Bestimmungen des MiLoG mit seinem Subunternehmer/Verleiher zu vereinbaren. Zum anderen sollte geregelt werden, dass dieser Subunternehmer wiederum seinen Subunternehmer zu einer Verpflichtungserklärung verpflichten muss.

    Zugleich sollte die Pflicht des Auftragnehmers zur monatlichen Vorlage eines Nachweises über die Zahlung des Mindestlohns durch ihn und ggf. auch seine Nachunternehmer (z. B. Aufzeichnungen über geleistete Arbeitsstunden und hierfür gezahlte Arbeitsentgelte) vereinbart werden, einschließlich eines Einsichtsrechts in die (anonymisierten) Lohn- und Gehaltslisten. Ebenso ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung dieser Nachweispflichten denkbar. Erforderlich ist dementsprechend aber auch die regelmäßige Durchsicht und Prüfung der vorgelegten Nachweise.

  • Der Auftragnehmer sollte vertraglich zusichern, dass er die angefragten Leistungen selbst erbringt bzw. es sollte zumindest vereinbart werden, dass der Auftragnehmer seinerseits nur nach vorheriger Zustimmung des Auftraggebers (wiederum abhängig vom Inhalt des beabsichtigten Vertrags) Nachunternehmer einsetzen darf, ggf. nur gegen Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Sicherheiten.
  • Ggf. können auch (zusätzliche) Sicherheitsleistungen für das Haftungsrisiko z. B. durch Bürgschaftsstellung durch den Auftragnehmer und Kündigungsrecht für den Auftraggeber für den Fall des Verstoßes gegen die vereinbarten Nachweispflichten vereinbart werden.
[1] Da die Bürgenhaftung verschuldensunabhängig ist, kann das Haftungsrisiko mit den nachfolgenden Maßnahmen nur minimiert, aber niemals ausgeschlossen werden!

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