Zusammenfassung

 
Überblick

Die Corona-Krise bzw. die Pandemie der Erkrankung mit COVID-19 verliert an Bedeutung in Gesellschaft und Arbeitsleben. Zahlreiche Sonderregelungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sind mittlerweile ausgelaufen. So wurde zuletzt die Corona-ArbSchV aufgehoben. Der Beitrag gibt einen Überblick über Fragen bezüglich des Arbeitsschutzes und der Weisungsrechte des Arbeitgebers, die sich im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gestellt haben und zeigt die aktuell geltenden Regelungen auf.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetze: Die Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), Schwerpunkt die Schutzpflichten des Arbeitgebers (§§ 3, 4), die Gefährdungsbeurteilung (§ 5) und Unterrichtungspflichten (§ 12). § 106 Gewerbeordnung (GewO) zur Zulässigkeit der Schutzmaßnahmen. Regelung zur Mitbestimmung des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 BetrVG). Die Regelung zum Urlaub bei Absonderung nach § 59 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Regelungen zum Kurzarbeitergeld im Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), § 96 Abs. 1, § 98, § 104 Abs. 1 SGB III, § 45 Abs. 2a SGB V zu Kinderkrankengeld auch für Betreuungsfälle.

Rechtsprechung: BAG, Urteil v. 12.8.2008, 9 AZR 1117/06 zum Ermessen bei der Gefährdungsbeurteilung.

1 Arbeitsschutz

Seit dem 2.2.2023 gibt es keine spezifische Regelung mehr, die den Schutz vor Ansteckung mit Corona am Arbeitsplatz regelt, denn die Corona-ArbSchV ist zum 2.2.2023 ersatzlos aufgehoben worden.

Das bedeutet aber nicht, dass nun keine Schutzmaßnahmen mehr vor einer Ansteckung mit COVID-19 oder anderen Infektionskrankheiten am Arbeitsplatz getroffen werden müssen. Es gibt nur keine konkreten verbindlichen Regelungen mehr, die sich speziell auf eine Infektion mit dem COVID-19-Virus beziehen. Seit dem ist wieder (ausschließlich) das Arbeitsschutzgesetz zu beachten, das auch für den Schutz vor Ansteckung mit Infektionen am Arbeitsplatz gilt. "Der Ball" liegt damit wieder allein im Feld des Arbeitgebers und der Betriebe. Diese haben eigenverantwortlich – unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats – die Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich der Infektionsgefahr und der entsprechenden Schutzmaßnahmen nach betrieblichen Verhältnissen festzulegen. Dabei helfen die von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin veröffentlichten "Handlungsempfehlungen SARS-CoV-2" vom 15.11.2022.[1]

Weiterhin besteht auch nach §§ 3 ff. ArbSchG eine Rechtspflicht des Arbeitgebers, auf deren Einhaltung der einzelne Arbeitnehmer nach § 618 Abs. 1 BGB einen individuellen Rechtsanspruch hat.

1.1 Anforderungen an den Infektionsschutz nach dem Arbeitsschutzgesetz

Nach § 618 Abs. 1 BGB muss der Arbeitgeber die unter seiner Leitung vorzunehmenden Arbeitsleistungen so regeln, dass die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, als es die Natur der Arbeitsleistung gestattet. Dazu gehört auch der Schutz vor Ansteckung am Arbeitsplatz mit Infektionskrankheiten.

Bei Umsetzung der Schutzpflichten nach § 3 ArbSchG muss der Arbeitgeber die Leitlinien des § 4 ArbSchG beachten.

Maßgeblich ist vorrangig die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und ein daraus entwickeltes Hygienekonzept. Dabei gilt die TOP-Regel: erst technische, dann organisatorische, zuletzt persönliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes.

Anordnungen nach § 4 Nr. 7 ArbSchG, die der Arbeitgeber zur Umsetzung der Schutzpflichten zu erteilen hat, sind Weisungen durch das Direktionsrecht i. S. d. § 106 GewO, die die Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen.

Wenn gesetzliche Entscheidungsspielräume bestehen, sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 7 BetrVG zu beachten. Bei Maßnahmen nach dem ArbSchG hat der Betriebsrat sowohl bei der Methode der Gefährdungsbeurteilung und deren Dokumentation als auch bei der Auswahl der Schutzmaßnahmen ein Mitbestimmungsrecht.

Welche Schutzmaßnahmen vom Arbeitgeber durch sein Weisungsrecht angeordnet werden können, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dazu zählen insbesondere:

  • Das jeweilige Infektionsgeschehen zum konkreten Zeitpunkt,
  • die drohenden Gefahren für die Arbeitnehmer, insbesondere die Gefahr einer schweren Erkrankung,
  • die konkreten Umstände der Arbeitsleistung,
  • vor allem eine sachgerechte Gefährdungsbeurteilung nach dem ArbSchG und ein daraus entwickeltes sachgerechtes Hygienekonzept,
  • die Beachtung des TOP-Prinzips im Arbeitsschutz (erst technische, dann organisatorische und nur dann, wenn das nicht genügt; persönliche Maßnahmen wie z. B. Maskenpflicht, Testpflicht).

Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls und eine sorgfältige Gefährdungsbeurteilung an. Die Beachtung der TOP-Regel ist die Grundlage für Maßnahmen des Arbeitgebers, die – wenn zwingend erforderlich – bis zur Anordnung der Testpflicht gehen können.

Einzelheiten

Nach § 3 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, welche die Sicherheit und Gesundheit der Besc...

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