Arbeitsrichtlinien können gemäß Artikel 4 ArbeitsVG neben Einzelheiten der Arbeitsbedingungen, wie Vergütung, Arbeits- und Ruhezeiten, Urlaub, Arbeitssicherheit, Sozialleistungen und Mitarbeiterentwicklung, insbesondere auch Regeln zur Arbeitsdisziplin enthalten. Bei der Ausarbeitung des Mitarbeiter-Handbuchs ist daher darauf zu achten, dass unter dem Stichwort Arbeitsdisziplin nach Möglichkeit auch das Compliance-Programm des Unternehmens aufgenommen wird. Das sollte regelmäßig den Code of Conduct und ggf. weitere Richtlinien unterhalb des Codes of Conduct umfassen. Insbesondere kommen hier Richtlinien zu folgenden Themen in Betracht:

  • Umgang mit Geschäftspartnern und Behördenvertretern, vor allem bezüglich Korruptionsverbots, Geschenken und Bewirtung
  • Abrechnung von Reisekosten und Spesen
  • Umgang mit Eigentum des Unternehmens und seiner Geschäftspartner
  • Umgang mit Wettbewerbern
  • Nutzung der vom Unternehmen bereitgestellten IT/IS-Infrastruktur einschließlich Intranet- und Internetzugang
  • Umgang mit vertraulichen Informationen, IP und ggf. Insiderwissen
  • Anzeige von und Umgang mit Interessenkonflikten
  • Datenschutz
  • Anti-Diskriminierungsregeln und Regeln gegen (sexuelle) Belästigung[1]
  • Arbeits- und Anlagensicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz
  • Unterschriftsrichtlinie und Chop Management[2] sowie Autorisierungsmatrix und Genehmigungsvorbehalte für Geschäftsvorgänge

In der Praxis hat sich auch ein ausdrückliches Verbot von Foto-, Audio- und Videoaufnahmen im betrieblichen Kontext als empfehlenswert erwiesen, um insbesondere den heimlichen Mitschnitt von Gesprächen bei Ermittlungen und in Konfliktsituationen im Vorfeld einer möglichen Kündigung zu vermeiden. Ein dem deutschen Strafrecht vergleichbarer Schutz vor heimlichen Mitschnitten besteht in China nicht. Im Zweifel muss befürchtet werden, dass mangels ausdrücklichen Verbots im Mitarbeiter-Handbuch heimlich angefertigte Mitschnitte beispielsweise als Beweismaterial in einer Kündigungsschutzklage eingebracht werden können.

Für das wirksame Einbeziehen von Mitarbeiter-Handbüchern in das Arbeitsverhältnis ist neben der inhaltlichen Gesetzeskonformität erforderlich, dass sie (1) im Konsultationsverfahren mit der betrieblichen oder außerbetrieblichen Arbeitnehmervertretung (Trade Unions, Gewerkschaften)[3] verabschiedet und (2) den Mitarbeitern zur Kenntnis gebracht werden. Auf beide Punkte sollte Sorgfalt verwendet und hierzu gegebenenfalls lokaler Rechtsrat eingeholt werden, damit Mitarbeiter im Ernstfall nicht mit der Unwirksamkeit des Handbuchs argumentieren können. Das gilt nicht nur für die erstmalige Verabschiedung, sondern auch für spätere Änderungen. Besteht die Landesorganisation in China aus mehreren Gesellschaften, ist zu beachten, dass das Mitarbeiter-Handbuch für jede Gesellschaft gesondert eingeführt werden muss.

Die Einzelheiten der Durchführung des Konsultationsverfahrens sollten schriftlich dokumentiert werden. Das Verfahren ist grundsätzlich dreistufig:

  1. Anhörung und Beratung mit der Gewerkschaft oder betrieblichen Arbeitnehmervertretung über den Entwurf
  2. Einholung von Stellungnahmen und Änderungsvorschlägen der Gewerkschaft oder betrieblichen Arbeitnehmervertretung und
  3. Entscheidung über die finale Fassung aufgrund ausgewogener Verhandlungen[4]

Faktisch zur Kenntnis gebracht werden sollte das Mitarbeiter-Handbuch, über einen (dynamischen) Verweis im Arbeitsvertrag hinaus, durch Aushändigung eines Exemplars des Handbuchs bei der Einstellung. Den Erhalt sollte der Mitarbeiter schriftlich quittieren. Daneben sollte das Mitarbeiter-Handbuch auf der Intranetseite der Personalabteilung abrufbar sein und auf Aktualisierungen per E-Mail und im Intranet hingewiesen werden. Soweit im Rahmen des jährlichen Mitarbeiter- und Beurteilungsgesprächs eine Zielvereinbarung schriftlich oder elektronisch (z.B. über ein webbasiertes HR-Mitarbeiter-Tool) abgeschlossen wird, ist es empfehlenswert, hierin eine von allen Mitarbeitern jährlich abzuzeichnende Klausel aufzunehmen, mit der die Mitarbeiter bestätigen, im abgelaufenen Jahr in Ausübung ihrer Tätigkeit für das Unternehmen stets strikt im Einklang mit dem Gesetz, dem Code of Conduct und dem Mitarbeiter-Handbuch gehandelt zu haben, und sich verpflichten, dies auch im kommenden Jahr zu tun. Compliance-Schulungen stellen schließlich sicher, dass Mitarbeitern die Compliance-relevanten Regeln des Handbuchs auch im Einzelnen erläutert werden.

Verstöße gegen Vorschriften des Mitarbeiter-Handbuchs eröffnen nicht automatisch arbeitsrechtliche Sanktionsmöglichkeiten. Insbesondere für eine Kündigung ist erforderlich, dass ein schwerwiegender Verstoß vorliegt. Daher empfiehlt es sich, bestimmte Arten von Verstößen im Compliance-Bereich im Handbuch ausdrücklich als "schwerwiegend" zu definieren. Darüber hinaus kann daran gedacht werden, sogar einen detaillierten Sanktionskatalog im Mitarbeiter-Handbuch aufzunehmen. Abzuwägen ist dabei jedoch, inwieweit solche Regelungen und Sanktionskataloge im Konsultationsverfahren mit der Arbeitneh...

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