Schulungen sollten zielgruppengerecht sein. Unterschiedliche Zielgruppen erfordern unterschiedliche Trainingsinhalte und Schwerpunkte. Die wichtigste Zielgruppe sind Mitarbeiter in Marketing und Vertrieb, im Einkauf und im General Management. Allgemein formuliert geht es um alle Mitarbeiter, die regelmäßig mit Kunden, Lieferanten, sonstigen Geschäftspartnern und Behörden in Kontakt kommen. Bei dieser Zielgruppe sind die Themen Anti-Korruption und Wettbewerbsrecht von zentraler Bedeutung. Mit Blick auf das System von Guanxi darf aber auch das Thema Interessenkonflikte keinesfalls zu kurz kommen. Weitere wichtige Zielgruppen sind Mitarbeiter der Einheiten Finance, HR, Supply Chain, Corporate Affairs und Government Relations. Wie bereits oben erwähnt, sollte eine Basisschulung jedoch auch für alle übrigen Mitarbeiter angeboten werden. Die Einteilung der Teilnehmer nach Zielgruppen ist zwar im Hinblick auf die Themenwahl sehr wichtig. Allerdings können Diskussionen während einer Schulung aber auch gerade dann besonders interessant sein, wenn Teilnehmer aus unterschiedlichen Geschäftseinheiten ihre Erfahrungen anhand unterschiedlicher Geschäftsmodelle und Kundensituationen austauschen. Für eine erfolgreiche Schulung ist daher die richtige Teilnehmerzahl meistens wichtiger als eine genaue Einteilung nach Geschäftseinheiten und Funktionen. Vertiefungsschulungen und Workshops sollten nicht mehr als 20 Teilnehmer haben. Für Grundschulungen ist eine größere Teilnehmerzahl möglich.

Bei der Teilnehmerauswahl stellt sich auch die Frage, ob Managementvertreter sinnvollerweise zusammen mit anderen Mitarbeitern geschult werden können. Das kann nur differenziert beantwortet werden. Einerseits wird die Wichtigkeit des Themas durch Anwesenheit von Managementvertretern und gegebenenfalls einem live Tone from the Top unterstrichen. Es wird deutlich, dass das Thema alle Mitarbeiter betrifft. Das wirkt sich positiv auf die Unternehmens- und Compliance-Kultur aus. Motivation und Aufmerksamkeit der Teilnehmer während der Schulung werden erheblich gesteigert. Andererseits wird mit Blick auf die Chefhörigkeit in China die Diskussionsbereitschaft der Teilnehmer erheblich sinken, falls überhaupt diskutiert wird. Wichtig ist, dass der Trainer die Situation im Vorfeld richtig einschätzt. In jedem Fall muss natürlich auch das Management geschult werden, entweder in einer separaten Management-Schulung oder sukzessive durch Teilnahme von Mitgliedern des Management Teams an Mitarbeiterschulungen.

Vor diesem Hintergrund empfehlen sich die folgenden Schulungsarten bzw. das folgende Trainingskonzept:[1]

  • Onboarding: Neue Mitarbeiter sollten bereits bei der Einstellung über das Compliance-Programm des Unternehmens im Rahmen einer Erstinformation unterrichtet werden. Bei BASF in Hongkong geschieht das zum Beispiel durch ein 15-minütiges Compliance Briefing im Rahmen von regelmäßigen Onboarding-Veranstaltungen für neue Mitarbeiter.[2] Hierbei werden vier Punkte vermittelt.

     
    (1) Das Unternehmen hat ein wertebasiertes Compliance-Programm und einen globalen Code of Conduct, der ausgehändigt wird.
    (2) Es gibt eine "Gift Policy", die Geschenke und Bewirtung im Umgang mit Geschäftspartnern und Behörden regelt. Sie wird ebenfalls ausgehändigt. Wertgrenzen und Grundprinzipien werden genannt.
    (3) Bei Interessenkonflikten kommt es auf den richtigen Umgang an. Interessenkonflikte müssen unmittelbar angezeigt werden (Transparenz) und konfliktbefangene Mitarbeiter sind von der Entscheidung ausgeschlossen (Eskalation der Entscheidung an den Vorgesetzten).
    (4) Die Ansprechpartner für Fragen im Bereich Compliance und zur Meldung von etwaigen Verstößen einschließlich Whistleblower Hotline werden genannt.
  • Grundschulungen: Alle Mitarbeiter sollten innerhalb der ersten sechs Monate, spätestens jedoch innerhalb der ersten zwölf Monate nach der Einstellung eine umfassende Basisschulung erhalten. Diese sollte einen vollständigen Überblick über das Compliance-Programm des Unternehmens einschließlich Grundwerte, Code of Conduct und der wesentlichen Richtlinien enthalten.
  • Wiederholungsschulungen: Im Abstand von ein bis maximal drei Jahren sollten Wiederholungsschulungen stattfinden. Ergänzend eignen sich e-Trainings zur Wiederholung.
  • Spezial- und Vertiefungsschulungen: Diese sollten für bestimmte Themen, Rechtsgebiete und Geschäftsfelder und bei erkannten Schwächen angeboten werden. Pflichtmäßig sollten Schulungen im Wettbewerbsrecht für Mitarbeiter in Marketing und Vertrieb, im Einkauf und im General Management angeboten werden. Hier empfehlen sich ebenfalls eine Wiederholungsschulung und ein ergänzendes spezielles e-Training. Weitere Themenfelder können das Embargo- und Exportkontrollrecht oder das Antidumpingrecht sein. Angesichts des ständig zunehmenden Risikos von behördlichen Ermittlungen ist es außerdem sinnvoll, Spezialtrainings zum Verhalten während dieser Ermittlungen anzubieten bzw. das Thema generell bei Compliance-Schulungen anzusprechen. In jedem Fall sind eine Arb...

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