Die Verletzung von Normen und Regeln ist i. d. R. mit Sanktionen verbunden. Ein System, das auf die Einhaltung von Normen und Regeln ausgerichtet ist, Risiken rechtzeitig meldet und ein Bewusstsein für die Gefährlichkeit von Verstößen schafft, hat vor allem eine Präventivfunktion zu erfüllen und vor Schaden zu bewahren. Das gilt für die Haftung der Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts sowie die zivil- und strafrechtliche Haftung von Bürgermeistern, Kämmerern, sonstigen Beamten und Beschäftigen wie auch von kommunalen Mandatsträgern.[1] Insbesondere kommunale Wahlbeamte sollten sich aber auch vor Vertrauensverlust und Imageschäden schützen. Im Vorfeld strafrechtlich relevanter Sachverhalte gibt es genügend Fettnäpfchen, in die man treten kann. Bereits hier geht es nicht selten um die berufliche Existenz. Geradezu vernichtend wirken sich i. d. R. strafrechtliche Verfahren aus. Wegen riskanter Zinswetten mit Millionenverlusten für die Stadt Pforzheim hat das Landgericht Mannheim die ehemalige Oberbürgermeisterin und die frühere Kämmerin zu Bewährungsstrafen verurteilt. Das Landgericht Mannheim[2] sieht den Vorwurf der Untreue als bewiesen an. Sie verurteilte Ex-Oberbürgermeisterin Christel Augenstein (FDP) zu 1 Jahr und 8 Monaten Haft auf Bewährung und die damalige Stadtkämmerin zu 2 Jahren auf Bewährung.

Der BGH hat die Verurteilung zwar aufgehoben, aber das Spekulationsverbot bekräftigt. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen blieben bis auf diejenigen zum Vermögensnachteil unberührt.[3]

Abgesehen von einer formalisierten Schutzfunktion von Compliance durch die Installation bestimmter Regularien, wie z. B.

  • Wiedervorlagesysteme,
  • Mitzeichnungspflichten,
  • institutionalisierte Berichte,
  • Vier-Augen- und
  • Rotationsprinzip,

entwickelt ein Compliance-Management-System ein gesteigertes Bewusstsein für die Notwendigkeit von Regelkonformität und Integrität. Eine Organisation gilt als integer, wenn sie ethische Spannungsfelder fortlaufend erkennt, nach den Leitideen der Diskurs- und Anerkennungsethik analysiert und als Teil der normalen Managementaufgaben löst.[4]

Bei Compliance-Management-Systemen haben die Erfassung, Gewichtung und Analyse der Risiken eine Schlüsselfunktion (Risikoanalyse).[5] Selbstverständlich funktioniert Compliance nur auf der Basis einer entsprechenden Selbstverpflichtung (Commitment) und mit einer Implementierung in die Organisation und die Prozesse. Im Hinblick auf mögliche Haftungsfälle und die geforderten Nachweise, dass keine Sorgfaltspflichten verletzt wurden, kommt der Dokumentation eine große Bedeutung zu.

[1] Brüning, Haftung der Gemeinderäte, Hauptverwaltungsbeamten und Beigeordneten, Rn. 174 ff.
[2] Landgericht Mannheim, Urteil v. 21.11.2017, Az. 22 KLs 631 Js 31056/09.
[3] Vgl. dazu auch Meier, Zum Spekulationsverbot für Gemeinden – Bestehen und Konsequenzen, Der Gemeindehaushalt 5/2018, S. 110 ff.
[4] Vgl. Renz/Frischherz/Wettstein, Integrität im Managementalltag, S. 5.
[5] Vgl. Stober/Ohrtmann (Hrsg.), Compliance. Handbuch für die öffentliche Verwaltung, 2015, Rn 163.

2.1 Risikoanalyse

Für die Schaffung eines allgemeinen Bewusstseins ist die Risikoanalyse von besonderer Bedeutung. Um welche Risiken es sich handelt, ist tätigkeits- und verantwortungsbezogen zu ermitteln. Nach wie vor dürften korruptionsgefährdete Bereiche besondere Aufmerksamkeit verdienen. Überall, wo die Verwaltung Genehmigungen zu erteilen hat, Vergaben tätigt, Rechte einräumt oder Geldleistungen gewährt, besteht erhöhte Korruptionsgefahr. Ferner sind Handlungsfelder, die einer hohen Regelungsdichte unterliegen, wie etwa das Steuer- und Abgabenrecht, besonders anfällig. Das gilt in besonderem Maße dort, wo die Städte und Gemeinden oder/und ihre Gesellschaften selbst steuerpflichtig sind (Tax Compliance).

Abbildung 1 zeigt die Themenfelder, für die die spezifischen Risiken zu bestimmen sind.

Abb. 1: Wichtige Themenfelder für die Risikoanalyse.

Anhand der dargestellten Felder kann für die Produkte und Prozesse einer Verwaltung abgeprüft werden, wo sich in der Verwaltung besonders risikoanfällige Tätigkeiten befinden.

2.2 Commitment

Die Selbstverpflichtung der Handelnden ist kein einmaliger Akt. Sie bedarf der Kommunikation und periodischen Erneuerung, um nachhaltig wirksam zu sein. Es reicht nicht aus, in einer Dienstanweisung Compliance als organisatorisches Ziel zu definieren, sondern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen Schulung, Sicherheit und Rückhalt im Arbeitsalltag. Dazu kann z. B. auch die Einrichtung einer Stelle gehören, bei der anonym Korruptionsverdachtsfälle gemeldet werden können. Eine solche anonyme Meldestelle ist aber nicht nur sinnvoll, sondern unter den Voraussetzungen des Hinweisgeberschutzgesetzes und den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen auch eine gesetzliche Verpflichtung. Die Nichtbeachtung zieht insoweit nicht nur praktische Konsequenzen nach sich, sondern stellt auch eine Ordnungswidrigkeit für die verantwortlichen Personen dar.

2.3 Implementierung in die Organisation und die Prozesse

Ein Compliance-Management-System muss integraler Bestandteil der Organ...

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