"Wer sich nicht an die Regeln hält, darf nicht mehr handeln: China will knallhart gegen Bestechung vorgehen. Korrupte Unternehmen kommen in Zukunft auf eine schwarze Liste."[1]

Mit solchen und ähnlichen Schlagzeilen machte die Volksrepublik China in jüngster Vergangenheit beim weltweiten Kampf gegen Korruption immer wieder auf sich aufmerksam. "Tiger wolle er bekämpfen, genauso wie Fliegen",[2] hatte Chinas neuer Staatspräsident Xi Jinping zu seinem Amtsantritt 2013 verkündet. Gemeint war damit eine Antikorruptionskampagne mit dem offiziellen Titel "Neue Bescheidenheit", die große und kleine Gauner erwischen und nicht einmal vor jenen ganz oben in der Hierarchie des Partei- und Regierungsapparats[3] Halt machen sollte. Mit ihr soll auch der allseits schwelende Groll der Bevölkerung gegenüber korrupten Kadern, der immer wieder durch Veröffentlichungen westlicher Medien zu prall gefüllten Offshore-Konten zahlreicher prominenter chinesischer Parteioberer oder auch durch einen Blick in die Offshore-Leaks-Datenbanken genährt wird, eingedämmt werden.

In der Tat ist der Umgang mit Mauscheleien, Schmiergeldern und Vetternwirtschaft in China verbreiteter als in vielen anderen Ländern der Welt. Im chinesischen Geschäftsalltag spielen die "Guanxi" genannten persönlichen Beziehungen – informelle Beziehungen, die mit üppigen Geschenken und generösen Einladungen gepflegt werden wollen – seit jeher eine wichtige Rolle, im Zweifel eine wichtigere als das Einhalten von Regeln und Gesetzen. Nach Expertenschätzungen belaufen sich Schmiergeldzahlungen und ähnliche Delikte auf rund 15 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung. Allein zwischen 2008 und 2013 sollen korrupte chinesische Regierungsbeamte 800 Mrd. Yuan (knapp 100 Mrd. EUR) außer Landes gebracht haben.

Gestützt wird dieses Bild durch einen Blick auf die jährlich von Transparency International veröffentlichte Korruptionsrangliste, den sogenannten TICPI.[4] Danach lag die Volksrepublik 2013 bei insgesamt 177 untersuchten Ländern auf Platz 80. Am geringsten ist die wahrgenommene Korruption in Dänemark, Finnland und Neuseeland; Deutschland lag auf Platz 12. Was der chinesischen Regierung vor allem zu denken geben muss: Im Vergleich zur Rangliste vor fünf Jahren hat sich China mitnichten verbessert – die bald größte Wirtschaftsnation der Welt[5] rangiert in Sachen saubere Geschäfte immer noch weit hinter Ländern wie Tunesien, Ruanda oder Saudi-Arabien.

Dabei lässt sich Korruption entgegen mancher Überzeugung nicht unbedingt als fester Bestandteil der chinesischen Kultur begreifen, wie der Blick in die TI-Rangliste ebenfalls zeigt. Die frühere britische Kronkolonie Hongkong und der von Chinesen dominierte Stadtstaat Singapur schaffen es mit Rang 15 bzw. Rang 5 sogar unter die am wenigsten von Korruption betroffenen Länder. Auch Taiwan steht mit Rang 36 noch wesentlich besser da als die Volksrepublik.[6]

Das legt den Schluss nahe, dass dort, wo ein klarer Rechtsrahmen existiert, dessen Einhaltung systematisch kontrolliert wird, und wo Gesetze entsprechend durchgesetzt werden, traditionelle Mentalitäten durchaus weniger zum Tragen kommen. Und es besteht Hoffnung, dass Xi Jinping mit seinen Kampagnen genau dort ansetzt. Zumindest gibt es seit einigen Jahren verbindliche Regeln und Anforderungen an das Geschäftemachen und lässt sich beim Studium in englischer Sprache verfügbarer Pressemeldungen beobachten, dass die chinesischen Regulierungsbehörden Verstöße gegen diese Regeln zunehmend ernst nehmen und immer öfter behördliche Untersuchungen einleiten. Allein von Januar bis November 2013 wurden in mehr als 27.000 Fällen Ermittlungen gegen insgesamt fast 37.000 Funktionäre wegen des Verdachts der Bestechlichkeit aufgenommen.[7]

Vor diesem Hintergrund ist Integritätsmanagement sowohl für chinesische als auch für in China tätige ausländische Firmen zu einem überaus wichtigen Managementthema geworden und kommt einem stabilen Compliance Management System (im Weiteren auch CMS) – wobei Compliance über seine allgemeine Bedeutung als gesetzeskonformes Handeln hinaus schwerpunktmäßig auch immer der Prävention von wirtschaftskriminellen Tatbeständen wie Korruption, Betrugsdelikten, Geldwäsche und Wettbewerbsverstößen dient und auf die Gewährleistung von sauberem und transparentem Geschäft ausgerichtet ist – eine wachsende Bedeutung zu.

Hier klare Richtlinien aufzustellen und genaue Standards für verantwortungsvolles Wirtschaften festzulegen ist unerlässlich, will man sich aktiv vor typischen Compliance-Verstößen schützen und nachhaltiges Vertrauen von Kunden und Geschäftspartnern gewinnen. Zwar bieten auch die besten Compliance-Richtlinien keine völlige Sicherheit vor Gesetzesverstößen, sie schützen jedoch vor ungewollten Imageschäden und empfindlicher Bestrafung, die über die oben beschriebene "schwarze Liste" den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen bedeuten oder Geldstrafen in existenzgefährdender Höhe und Schadensersatzforderungen zur Folge haben kann. In sehr schwerwiegenden Fällen kan...

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