Mit dem Interpretationspapier des BMAS und der Länder zum Thema "Gesamtheit von Maschinen" vom 10.3.2006 (Az: IIIb6-39607-3) hat das seiner Zeit federführende Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Grundlage geschaffen, wie mit dem Thema "Verkettete Anlagen" i. S. des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GSPG) umgegangen werden soll. Damit eine Gesamtheit von Maschinen i. S. von 2006/42/EG vorliegt, müssen alle der nachfolgenden Kriterien erfüllt sein (Abb. 1):

  • Räumlicher Zusammenhang,
  • Funktionale Verknüpfung,
  • Steuerungstechnische Verknüpfung und
  • Sicherheitstechnische Verknüpfung.

Abb. 1: Entscheidungshilfe, ob eine verkettete Anlage/Maschine vorliegt[1]

Sind alle diese Merkmalle erfüllt, muss auf die entsprechende Gesamtheit von Einzelmaschinen die Richtlinie 2006/42/EG angewendet und eine Konformitätserklärung mit zugehöriger CE-Erklärung für die Gesamtanlage abgegeben werden.

[1] Quelle: Interpretationspapier BMAS, Az: IIIb6-39607-3.

2.1 Räumlicher Zusammenhang

Der räumliche Zusammenhang ergibt sich i. d. R. durch die zusammenhängende Anordnung der Einzelmaschinen in einem Raum oder Gebäudeteil. Liegt kein räumlicher Zusammenhang vor, ist 2006/42/EG auf die Gesamtheit der Maschinen nicht anzuwenden.

2.2 Funktionale Verknüpfung

Funktionale Verknüpfungen liegen vor, wenn Teilmaschinen so zusammenwirken, dass sie funktionstechnisch eine Einheit bilden und dadurch auf ein gemeinsames Produktionsziel ausgerichtet sind. Das kann z. B. notwendige vorbereitende Handlungen, die eigentliche Bearbeitung oder den Herstellungsvorgang umfassen und evtl. noch die Verpackung bis zum Aufstapeln der Produkte auf Paletten betreffen.

Um zu entscheiden, ob eine funktionale Verknüpfung der Teilmaschinen i. S. einer Gesamtanlage vorliegt, sind folgende Fragen zu beantworten:

  • Liegt produktionstechnisch gesehen ein gemeinsames Ziel vor?
  • Liegt eine funktionale Verknüpfung vor?

Können beide Fragen mit "Nein" beantwortet werden, liegt keine Gesamtheit von Maschinen vor.

2.3 Steuerungstechnische Verknüpfung

Steuerungstechnische Verknüpfungen liegen vor, wenn Teilmaschinen durch eine übergeordnete Steuerung oder gemeinsame Befehlseinrichtungen miteinander verknüpft sind.

Kann eine oder können beide Fragen aus Abschn. 2.2 mit "Ja" beantwortet werden, ist eine funktionale Verknüpfung der Teilmaschinen vorhanden und es sind folgende weitere Untersuchungen notwendig:

  • Liegt eine steuerungstechnische Verknüpfung vor?
  • Sind die Produktionsschritte einer Teilanlage abhängig von anderen Teilanlagen, z. B. in Bezug auf Zuführgeschwindigkeit, Güte, Ausführung, Reinheit o. Ä.?

Eine gemeinsame Steuerung von Teilmaschinen ist als wesentlich anzusehen, um den Produktionserfolg der Gesamtanlage zu erzielen.

Können beide Fragen mit "Nein" beantwortet werden, liegt keine Gesamtheit von Maschinen vor.

2.4 Sicherheitstechnische Verknüpfung

Sicherheitstechnische Verknüpfung bedeutet, dass nicht nur funktionale und steuerungstechnische Verknüpfungen zwischen den Teilmaschinen vorliegen, sondern auch sicherheitstechnische Wechselbeziehungen zwischen diesen bestehen und damit Gefährdungen von einer Maschine auf andere Maschinen übertragen werden können.

Kann eine oder können beide Fragestellungen aus Abschn. 2.3 mit "Ja" beantwortet werden, ist eine steuerungstechnische Verknüpfung vorhanden und es sind folgende weitere Untersuchungen notwendig:

  • Kann eine an einer Teilmaschine auftretende Gefährdung, zu einer Gefährdung an einer anderen Teilmaschine führen?
  • Sind an den Schnittstellen durch die Verknüpfung Gefährdungen hinzugekommen, die nicht durch einfache, trennende und willensunabhängige Schutzeinrichtungen beseitigt werden können?

Können beide Fragen mit "Nein" beantwortet werden, liegt keine Gesamtheit von Maschinen vor. In diesem Fall darf eine Gefährdungsübertragung zwischen den einzelnen Maschinen oder das Entstehen von neuen Gefährdungen an diesen Maschinen nicht möglich sein.

2.5 Gesamtheit oder keine Gesamtheit?

Kommt man bei den o. g. Überlegungen zu dem Ergebnis, dass keine Gesamtheit von Maschinen vorliegt, bedeutet das

  • die Einzelmaschinen können mit den vorhandenen CE-Konformitätserklärungen in Betrieb genommen werden und
  • es wird keine CE-Konformitätserklärung für die gesamte Anlage benötigt.

Die Beschaffenheitsanforderungen der Betriebssicherheitsverordnung, v. a. §§ 5 bis 9 BetrSichV müssen vom Betreiber aber erfüllt werden.

Zwischenzeitlich liegt eine neuere Version des o. g. Interpretationspapieres zum Begriff "Gesamtheit von Maschinen" vom 5.5.2011 mit dem AZ: IIIb5-39607-3 vor. Inhaltlich hat sich nicht viel geändert. Da die praktische Erfahrung gezeigt hat, dass die produktionstechnischen und sicherheitstechnischen Merkmale bei der Beantwortung der Fragestellung wesentlich sind, wurden die o. g. Kriterien "räumlicher Zusammenhang" und "funktionale Verknüpfung" durch den Begriff "produktionstechnischer Zusammenhang" und die Begriffe "steuerungstechnische Verknüpfung" und "sicherheitstechnische Verknüpfung" durch den Begriff "sicherheitstechnischer Zusammenhang" ersetzt.

 
Praxis-Beispiel

Keine Gesamtheit von Maschinen

Zur Herstellung von Sammelpackungen wird eine Verpackungsmaschine, die PET-Flaschen in Karto...

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