Kündigung wegen Nichttragens des Mund-Nasen-Schutzes

In einem Dienstleistungsbetrieb, in dem ein physischer Kundenkontakt besteht, kann der Arbeitgeber das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) verpflichtend anordnen. Aus einem Attest zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines MNS muss hervorgehen, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund dessen zu erwarten sind.

Besteht aufgrund einer wirksamen Befreiung von der MNS-Pflicht oder aufgrund der Weigerung des Tragens keine andere Möglichkeit des Einsatzes im Betrieb, ist nach einem Urteil des ArbG Cottbus vom 17.6.2021 (Az. 11 Ca 10390/20) eine Kündigung in der Regel gerechtfertigt.

Der Fall: Auf ein Attest gestützte Weigerung, einen Mund-Nasenschutz (MNS) zu tragen

Die Parteien streiten über eine ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sowie hilfsweise die Abgeltung von Urlaub. Die Klägerin ist bei der Beklagten als Logopädin beschäftigt. Die Beklagte ordnete das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) an.

Bei Antritt der Arbeit am 10.8.2020 verweigerte die Klägerin das Tragen eines MNS unter Vorlage eines ärztlichen Attestes. Die Beklagte bot ihr daraufhin verschiedene Masken zum Ausprobieren und Trainieren und die Einlegung von zusätzlichen Pausen an. Am 10.8.2020 erschien die Klägerin zur Arbeit mit einem erneuten ärztlichen Attest vom 8.8.2020 und wollte ohne Maske arbeiten. Die Beklagte schickte die Klägerin nach Hause. Am 12.8.2020 erschien die Klägerin erneut zur Arbeit und wollte ohne Maske arbeiten.

Mit Schreiben vom 12.8.2020 kündigte die Bekl. das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.10.2020 und stellte die Klägerin unwiderruflich unter Anrechnung auf Urlaubs- und Freistellungansprüche frei. Gegen diese Kündigung wendet sich die Klägerin und macht mit allgemeinem Feststellungantrag den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend. Sie hält die Kündigung für treuwidrig.

ArbG: Die Weigerung, einen MNS zu tragen, ist eine Arbeitspflichtverletzung

Die Kündigung ist nach Ansicht des ArbG insbesondere nicht treuwidrig (das KSchG war nach § 23 KSchG nicht anwendbar). Die Beklagte konnte zu Recht die Entscheidung treffen, dass während der Behandlung ein Mund-Nasen-Schutz (MNS) zu tragen ist. Bereits nach der zum damaligen Zeitpunkt gültigen SARS-CoV-2- Umgangsverordnung des Landes Brandenburg war das Tragen eines MNS zwingend vorgeschrieben.

Danach war geregelt, dass in Einrichtungen zur Erbringung von Dienstleistungen, bei denen ein physischer Kundenkontakt stattfindet, das Tragen eines MNS zwingend ist. Auch die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards für logopädische Praxen sahen das Tragen eines MNS vor. Es könne dahinstehen, ob diese verbindlich sind. Jedenfalls seit es nicht zu beanstanden, wenn Arbeitgeber sich diese zu eigen machen und die Vorgaben umsetzen

Auf Grundlage der durchzuführenden Gefährdungsanalyse sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das Tragen eins MNS angeordnet hat. Sie konnte dabei zu Recht davon ausgehen, dass bei einer logopädischen Behandlung ein Abstand von 1,50 m nicht stets zu gewährleisten ist. Ebenfalls zu Recht konnte die Beklagte aufgrund seriöser wissenschaftlicher Erkenntnis davon ausgehen, dass das Risiko einer Übertragung des SARS-CoV-2-Virus in geschlossen Räumen nur durch Tragen eines MNS wirksam eingedämmt werden kann.

Sie war also nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet zum Schutz der Gesundheit der Patienten und der Klägerin sowie zum Eigenschutz, das Tragen eines MNS anzuordnen. Hinzu komme, dass die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung zahlreiche Bemühungen unternommen hat, der Klägerin. ein Arbeiten mit MNS zu ermöglichen. So habe sie angeboten, das Tragen eines MNS mit verschiedenen Maskentypen zu Hause zu trainieren und zusätzliche Pausen einzulegen. Nachdem die Klägerin das Tragen eines MNS während der Behandlung endgültig abgelehnt hatte, war für sie keine Einsatzmöglichkeit im Betrieb der Bekl. mehr vorhanden.

Die von der Klägerin vorgelegten Atteste seien nicht geeignet, eine wirksame Befreiung vom Tragen eines MNS zu begründen. Atteste, in denen lediglich festgestellt wird, dass der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit sei, können nicht Grundlage einer Befreiungsentscheidung sein. Vielmehr muss derjenige, dem das Attest vorgelegt wird,

  • aufgrund konkreter nachvollziehbarer Angaben in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen prüfen zu können und
  • es muss aus dem Attest hervorgehen, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund eines MNS zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren.
  • Zudem muss erkennbar sein, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gekommen ist.

In den von der Klägerin vorgelegten Attesten ist lediglich die Rede davon, das Tragen eines MNS sei ihr unzumutbar. Derartige Atteste seien nicht hinreichend aussagekräftig und zur Glaubhaftmachung gesundheitlicher Gründe, die eine Befreiung von der Maskenpflicht rechtfertigen, nicht ausreichend. Es spreche viel dafür, dass die Atteste Gefälligkeitsbescheinigungen waren. Jedenfalls beruhe die Einschätzung erkennbar nicht auf einer seriösen medizinischen Einschätzung.

Da keine wirksame Befreiung von der Maskenpflicht vorlag, stellt die Weigerung einen MNS zu tragen eine Arbeitspflichtverletzung dar.

Wichtig für die Praxis: Die Maskenpflicht bleibt ein Streitpunkt!

Mit der gerade erfolgten Verlängerung der Wirksamkeit der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung bis zum 24.11.2021 bleiben Streitigkeiten um das Tragen einer Maske an der Tagesordnung.

Die hier vorgestellte Entscheidung arbeitet sehr gut heraus, welche Anforderungen gelten, wenn das Tragen eines MNS aufgrund eines Attestes ausgesetzt werden soll.

Schlagworte zum Thema:  Coronavirus, Arbeitsschutz, Rechtsprechung