Krankschreibung - wann muss der „gelbe Zettel“ vorgelegt werden?

Nicht nur im Rahmen der Pandemie - Erkrankungen von Beschäftigten sind leider der Alltag. Nicht immer herrscht jedoch Klarheit hinsichtlich der Frage, wann eigentlich eine ärztliche Krankschreibung - der so genannte „gelbe Zettel“ - beim Arbeitgeber vorzulegen ist. Und wann hat der Betriebsrat mitzureden, wenn es um die Vorlage der Krankschreibung geht?

Die Rechtslage: Üblich ist der dritte Tag!

Im Falle einer krankheitsbedingten Abwesenheit sind Arbeitnehmer verpflichtet, diese schnellstmöglich dem Arbeitgeber zu melden („unverzüglich“, § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG). Das ist üblicherweise bei einem Dienstbeginn morgens spätestens 2 Stunden nach dem Dienstbeginn der Fall.

Ist der Arbeitnehmer schwerer erkrankt (Krankheit von mehr als einem Arbeitstag) sollte üblicherweise ein ärztliches Attest (die Krankschreibung) vorgelegt werden. Das Gesetz (§ 5 Abs. 1 S. 2 EFZG) und die meisten Tarifverträge sehen vor, dass dieses spätestens an dem auf den dritten Krankheitstag folgenden Tag erfolgen muss. Die Rechtsprechung erkennt jedoch auch an, dass im Arbeitsvertrag oder durch eine einseitige Anordnung durch den Arbeitgeber geregelt wird, dass bereits am ersten Krankheitstag eine ärztliche Krankschreibung vorzulegen ist (siehe z.B. BAG, Urteil vom 14.11.2012, Az. 5 AZR 886/11).

Arbeitgeber dürfen von dieser Ausnahmeregelung nur Gebrauch machen, wenn sie verhältnismäßig ist (§ 106 S. 2 GewO, „billiges Ermessen“).

Hat der Betriebsrat hier mitzubestimmen?

Inwieweit hat aber der Betriebsrat mitzubestimmen, wenn eine solche Regelung eingeführt werden soll? In einem aktuellen Fall des LAG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 3.12.2021, Az. 12 TaBV 74/21) führte der Arbeitgeber eines großen Unternehmens für Krankenhausdienstleistungen eine neue Regelung ein, wonach die Beschäftigten nach Abstimmung zwischen dem Vorgesetzten und dem Personalleiter bereits am ersten Krankheitstag ein Attest vorlegen müssen. Der Betriebsrat fordert die Unterlassung der Umsetzung dieser Regelung, da seine Mitbestimmungsrechte verletzt seien.

LAG: Keine Mitbestimmung bei einer Einzelfallregelung!

Das LAG wies das Verlangen des Betriebsrats zurück: Zwar sei es richtig, dass die Pflicht zur Vorlage von Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gungen am ersten Krank­heitstag das Ordnungs­ver­halten, das im § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG als Mitbestimmungstatbestand benannt sei, betreffe. Allerdings fehle hier der notwendige kollektive Tatbestand, der nur dann vorliegt, wenn im Zusammenhang mit solchen Attestauflagen, der Arbeitgeber eine allgemeine und grundsätzlich gegenüber allen Beschäftigten geltende Attestpflicht anordnet (so z.B. das BAG, Beschluss vom 25.1. 2000, Az.  1 ABR 3/99) oder die Attestauflage die Verletzung der gesetzlichen Verpflichtung zur Vorlage des ärztlichen Attestes sanktionieren sollte.

Da hier im Verhältnis nur recht wenige Beschäftigte von der Attestpflicht am ersten Krankheitstag betroffen seien, fehle es an einem kollektiven Tatbestand, so dass kein Mitbestimmungsrecht vorliege.

Wichtig für die Praxis

Ob der Betriebsrat in solchen Fällen ein Mitbestimmungsrecht geltend machen kann, hängt damit maßgeblich davon ab, ob es sich um eine Verhaltensanordnung für mehrere Arbeitnehmer oder um einen konkreten Einzelfall handelt. Nur wann liegen solche „Einzelfälle“ vor? Das LAG gibt einen wichtigen Anhaltspunkt für die Praxis, indem es ausführt, dass „weniger als 2 %“ für einen kollektiven Tatbestand nicht ausreichen würden.