Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz

Auch der Rückweg nach dem Ende der Tätigkeit im Homeoffice steht als mitversicherter Betriebsweg unter dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz, so das SG Schwerin in einer aktuellen Entscheidung.

Der Fall: Treppensturz nach Homeoffice-Arbeitstag

Die Klägerin arbeitet an 2 Tagen/Woche im Homeoffice. Sie bewohnt eine Maisonettewohnung und hat ihr Büro im oberen Teil der Wohnung. Am Tag des Unfalls beendete sie ihre Tätigkeit, sammelte ihre Unterlagen in einer Mappe und verbrachte diese in den unteren Teil der Wohnung, um sie dort in die Tasche für den nächsten (Büro)-Arbeitstag zu stecken und ihren Feierabend zu beginnen. Auf der Treppe stürzte sie und zog sich eine Fußverletzung zu.

Die beklagte BG lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall auch im Widerspruchsverfahren ab. Es handele sich bei dem Sturz auf der Treppe in der Häuslichkeit nicht um einen versicherten Wegeunfall, denn der Arbeitsweg beginne und ende mit dem Durchschreiten der Außenhaustür, die jedoch im Homeoffice nicht durchschritten werde. Es sei im Unfallzeitpunkt auch kein versicherter Betriebsweg in Ausübung der Tätigkeit zurückgelegt worden. Solche Wege müssten in unmittelbaren Betriebsinteresse stehen. Es komme dabei auf die objektivierte Handlungstendenz im Zeitpunkt der Verrichtung an. Das Hinabsteigen der Innentreppe im Unfallzeitpunkt sei objektiv und subjektiv darauf gerichtet gewesen, einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen. Die versicherte Tätigkeit sei mit dem Abmelden und Herunterfahren des Rechners beendet worden. Das Einpacken von Arbeitsgegenständen in die Arbeitstasche für den nächsten Tag stelle keine mit der bereits beendeten Tätigkeit in Zusammenhang stehende Verrichtung dar, es handele sich um eine eigenwirtschaftliche, unversicherte Vorbereitungshandlung. Diese sei unabhängig von der abgeschlossenen versicherten Tätigkeit im Homeoffice.

Das SG folgt dem BSG und bejaht einen Arbeitsunfall

Das SG Schwerin gab der Klägerin Recht (SG Schwerin, Urteil v. 13.12.2022, S 16 U 49/22). Es folgt im Wesentlichen dem Urteil des BSG vom 8.12.2021, nach dem ein Beschäftigter, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett in sein Homeoffice stürzt, durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt ist. Da der Hinweg in das Homeoffice-Büro nach dieser Rechtsprechung versichert sei, müsse das auch für den Rückweg gelten: Nach langjähriger, ständiger Rechtsprechung und in konsequenter unfallversicherungsrechtlicher Systematik gelte, dass ein Rückweg in der Regel den Charakter des Hinweges teilt. Es seien - so das SG - keine Gründe ersichtlich, diese gleiche rechtliche Charakterisierung für Hin- und Rückwege nicht auch für Betriebswege im Homeoffice gelten zu lassen. Zudem bestünde Versicherungsschutz schon deswegen, weil die Klägerin ohne das Verbringen der Unterlagen in ihre Tasche am nächsten Tag nicht hätte arbeiten können.

Wichtig für die Praxis

Offenkundig ist der Widerstand bei den BGen dagegen, Arbeitsunfälle im Homeoffice anzuerkennen, trotz eindeutiger gesetzlicher Regelungen und einer klaren und eindeutigen Rechtsprechung des BSG ungebrochen. So wird man als betroffener Versicherter scheinbar ohne eine Klage nicht zum Ziel kommen. Dass die beklagte BG trotz eindeutiger Ausführungen des BSG zu einem Hinweg in das Homeoffice nun den Rückweg aus demselben als unversichert ansehen will, ist vollkommen unverständlich.

Der hier geschilderte Sachverhalt macht es zudem zu einem außerordentlich wichtigen Aspekt, die Unfallumstände sehr exakt zu dokumentieren und ggfs. durch im Haushalt vorhandene Zeugen bestätigen zu lassen.