BGM erweitert den Unfallversicherungsschutz nicht

Die Teilnahme an einem jährlich stattfindenden Fußballturnier ist nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann nicht unter dem Gesichtspunkt des Betriebssports nach § 8 Abs. 1 SGB VII unfallversichert, wenn das Fußballspiel in das Programm des betrieblichen Gesundheitsmanagements aufgenommen wurde.

Der Fall: Beinbruch beim betrieblichen Fußballturnier

Das „Gesundheitsmanagement“ der Firma, bei der der Kläger beschäftigt ist, hatte mit einem Aushang und anderen betriebsinternen Veröffentlichungen zum „Teamcup“ alle fußballinteressierten Mitarbeiter eingeladen. Die Veranstaltung wurde auch aus dem Budget des „betrieblichen Gesundheitsmanagements“ unterstützt. Ca. 70 von insgesamt ca. 1.600 Beschäftigten nahmen an dem Turnier teil. Betriebsfremde Personen waren dort nicht beteiligt. Ein Mitglied der Unternehmensleitung war zeitweise anwesend. Bei einem der Fußballspiele prallte der Kläger mit einem Gegenspieler zusammen und zog sich einen Schienbeinbruch zu.

Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die Gewährung einer Entschädigung aus Anlass des Unfalls ab. Die Klage zum Sozialgericht und die Berufung zum Landessozialgericht waren erfolglos (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2019, Az. L 3 U 66/18). Mit seiner Revision zum Bundessozialgericht (BSG) rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Das betriebliche Gesundheitsmanagement sei Teil der betrieblichen Gesundheitsförderung und unterfalle deswegen grundsätzlich dem Unfallversicherungsschutz.

BSG: Teilnahme an Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements begründet nicht grundsätzlich Versicherungsschutz

Das BSG weist die Revision zurück (BSG, Urteil vom 28.7.2022, Az. B 2 U 8/20 R). Bei dem Fußballturnier handele es sich nicht um die Ausübung von versichertem Betriebssport. Es fehle dem jährlichen Teamcup am für Betriebssport charakteristischen Ausgleichszweck. Als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung lasse sich das Fußballturnier ebenfalls nicht einstufen, da die Teilnahme nur für eine bestimmte Gruppe der Beschäftigten interessant war und deshalb nicht allen Betriebsangehörigen offenstand.

Die Aufnahme des Fußballturniers in das Programm des betrieblichen Gesundheitsmanagements führte auch nicht zum Versicherungsschutz. Ein betriebliches Gesundheitsmanagement im Unternehmen habe zum Ziel, gesundheitsfördernde Strukturen zu entwickeln und zu verankern sowie die Gesundheitskompetenz der Versicherten zu stärken. Allein die Existenz eines betrieblichen Gesundheitsmanagements oder die Teilnahme an einer - von der gesetzlichen Krankenversicherung (mit-)finanzierten, vom Unternehmer bezuschussten und ausgerichteten - Maßnahme der betrieblichen Gesundheitsförderung begründet nach Ansicht des BSG noch keinen Unfallversicherungsschutz.

Wichtig für die Praxis

Unfallversicherungsfragen, die im Zusammenhang mit Betriebssport, insbesondere auch der Teilnahme an Turnieren stehen, beschäftigen die Sozialgerichtsbarkeit immer wieder, so zuletzt das LSG Nordrhein-Westfalen (Fußballturniere als (versicherter) Betriebssport?). Fast allen Entscheidungen ist gemeinsam, dass der Unfallversicherungsschutz nicht anerkannt wird. Insofern ist die hier vorgebrachte Argumentation, das Turnier sei Bestandteil des betrieblichen Gesundheitsmanagements gewesen, womit quasi „automatisch“ der Unfallversicherungsschutz entstehe, ein durchaus interessanter Ansatz. Diesen weist das BSG allerdings mit deutlichen Worten zurück:

  • Die Teilnahme an einzelnen Veranstaltungen eines betrieblichen Gesundheitsmanagements könne nach allgemeinen Grundsätzen nur dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen, wenn die unmittelbar vor Eintritt des Unfallereignisses ausgeübte Verrichtung nach wertender Betrachtung in einem inneren oder sachlichen Zusammenhang mit der grundsätzlich versicherten Tätigkeit stehe. Das sei bei der Sportausübung im Rahmen von Turnieren nach der ständigen Rechtsprechung des BSG jedoch grundsätzlich nicht der Fall.
  • Auch die betriebliche Gesundheitsförderung als Bestandteil eines betrieblichen Gesundheitsmanagements begründe keinen von weiteren Voraussetzungen losgelösten inneren Zusammenhang zur betrieblichen Tätigkeit. Die im Unterschied zum betrieblichen Gesundheitsmanagement gesetzlich verankerte betriebliche Gesundheitsförderung richtet sich an die Krankenkassen, die mit Leistungen der betrieblichen Gesundheitsförderung insbesondere den Aufbau und die Stärkung gesundheitsförderlicher Strukturen in Betrieben fördern sollen. Die Krankenkassen sollen diese Leistungen auch durch Zuschüsse sowohl an die Versicherten als auch an die Arbeitgeber fördern. Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung würden hierdurch jedoch nicht Teil der gesetzlichen oder vertraglichen Beziehungen zwischen einem Unternehmer und seinen Beschäftigten, aus denen ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII generell abgeleitet werden könnte.

Insgesamt bleibt damit festzustellen, dass Betriebssport im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanagements nicht bereits dadurch zum unfallversicherten Risiko wird, weil er in diesem Rahmen stattfindet. Auch für Sportveranstaltungen dieser Art gelten die - strengen - Voraussetzungen, unter denen ein Unfall als versichert anzusehen ist.