Anordnung von anlasslosen Coronatests am Arbeitsplatz

Eine anlasslose Aufforderung an Beschäftigte, einen Coronatest durchzuführen, ist mit dem Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht vereinbar. Arbeitgeber können jedoch aus allgemeiner Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB von Arbeitnehmern die Durchführung eines Coronatests verlangen, sofern diese Kontakt mit auf das Coronavirus positiv getesteten Kollegen hatten.

Das hat das ArbG Villingen-Schwenningen entschieden. Voraussetzung für eine wirksame Testanordnung ist jedoch die Zurverfügungstellung eines entsprechenden Tests durch den Arbeitgeber. Dies gilt selbst bei der Möglichkeit für Arbeitnehmer, kostenlose Bürgertests in Anspruch zu nehmen.

Der Fall: Testverpflichtung ja oder nein?

Der Arbeitgeber forderte zunächst alle Arbeitnehmer auf, regelmäßige Schnelltests, die er einmal wöchentlich zur Verfügung stellte, durchzuführen. Er konkretisierte diese Anweisung dahingehend, dass eine Testverpflichtung nur vorliegen sollte, wenn Arbeitnehmer Kontakt mit einem positiv getesteten Mitarbeiter hatten. Ein Mitarbeiter weigerte sich, sich testen zu lassen und wurde deswegen nicht beschäftigt. Dieser verlangt nun - unter anderem - Annahmeverzugslohn.

Arbeitsgericht: Corona-Test ist hier zumutbar

Der Arbeitgeber durfte mittels Direktionsrechts grundsätzlich anordnen, dass ein negativer Corona-Test vorgelegt wird, so das Urteil des ArbG Villingen-Schwenningen vom 22.10.2021 (Az. 2 Ca 52/21). Eine allgemeine gesetzliche Pflicht zur Durchführung von Corona-Tests existiere zwar nicht. Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich vorliegend jedoch das Recht des Arbeitgebers, einen negativen Corona-Test zu verlangen, aus der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht, § 241 Abs. 2 BGB, sofern - wie vorliegend - ein konkreter Corona-Fall im Unternehmen bestand.

Jeder Arbeitnehmer habe aufgrund der nach § 241 Abs. 2 BGB geschuldeten Rücksichtnahmepflicht im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers zu nehmen. Daraus folgt u. a. auch eine Schadensabwendungspflicht, nach welcher der Arbeitnehmer gehalten ist, drohende Schäden vom Arbeitgeber sowie anderen Arbeitnehmern abzuwenden bzw. zu beseitigen, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist.

Einen Corona-Test zu machen - unabhängig davon, welchen Test man macht und unabhängig von der Frage, wer den Test stellen muss -, liege regelmäßig im Rahmen der Möglichkeiten der Arbeitnehmer. Die Durchführung eines solchen Corona-Tests ist den Arbeitnehmern aber auch unter Berücksichtigung der betroffenen Grundrechte zumutbar, wenn es - wie hier - einen konkreten Corona-Fall im Unternehmen gab.

Voraussetzung für eine wirksame Testanordnung sei jedoch die Zurverfügungstellung eines entsprechenden Tests durch den Arbeitgeber. Dies gelte selbst bei der Möglichkeit für Arbeitnehmer, kostenlose Bürgertests in Anspruch zu nehmen.

Wichtig für die Praxis

Die derzeitige Bereitschaft des Gesetzgebers, den Schutz der Bürger vor der Pandemie auch an den Arbeitsplätzen deutlich zu reduzieren, steht im Widerspruch zur Entwicklung der Ansteckungszahlen. Arbeitgeber sind nun aufgefordert, eigene Schutzszenarien zu schaffen, zu denen es - wie das ArbG Villingen Schwenningen hier ganz richtig entscheidet - auch gehören kann, unter bestimmten Voraussetzungen eine Testverpflichtung für Arbeitnehmer einzuführen, die im Betrieb anwesend sein müssen. Dabei ist aber stets die Abwägung dahingehend vorzunehmen, wie stark die Rechte sind, die der Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen kann, wenn er in Rechte des Arbeitnehmers eingreifen will, insbesondere, wenn das Recht auf körperliche Unversehrtheit betroffen ist.

Schlagworte zum Thema:  Coronavirus, Arbeitsschutz, Rechtsprechung