Strategien für Frauengesundheit am Arbeitsplatz
Der Welt-Menopause-Tag am 18. Oktober hat Aufklärung, Informationsaustausch und die Enttabuisierung der Menopause zum Ziel. Auch im beruflichen Kontext hat das Thema große Relevanz: Eine neue Studie der DAK-Gesundheit, bei der 2.500 berufstätige Frauen im Alter zwischen 40 und 62 Jahren befragt wurden, zeigt, wie stark die Wechseljahre auch den beruflichen Alltag beeinflussen.
Rund 86 Prozent der befragten Frauen haben, so die Umfrageergebnisse, bereits Beschwerden erlebt, die mit den Wechseljahren in Verbindung stehen. Diese reichen von Hitzewallungen über Schlafstörungen bis hin zu Konzentrationsproblemen und einem Gefühl der Überforderung. Für knapp zwei von fünf Frauen (38 Prozent) sind die Wechseljahre zudem ein negativer emotionaler Prozess, was ihren allgemeinen Gesundheitszustand zusätzlich belastet. Knapp jede zweite Frau mit Wechseljahresbeschwerden (46 Prozent) schätzt ihre Gesundheit als mittelmäßig bis schlecht ein – insbesondere dann, wenn sie unter mehreren Symptomen gleichzeitig leidet. Der Zusammenhang ist deutlich: Je mehr Beschwerden auftreten, desto schlechter wird der eigene Gesundheitszustand wahrgenommen.
Auswirkungen von Wechseljahresbeschwerden auf das Berufsleben
Die Ergebnisse zeigen alarmierende Einflüsse auf das Arbeitsleben: Drei von zehn Frauen fühlen sich durch ihre Wechseljahresbeschwerden am Arbeitsplatz beeinträchtigt. Knapp die Hälfte dieser Betroffenen beschreibt die Beeinträchtigungen sogar als "sehr stark" oder "eher stark". Besonders betroffen sind Frauen ab 49 Jahren sowie Teilzeitkräfte, deren Work-Performance-Score (WPS) mit -12 Punkten im kritischen Bereich liegt.
Zu den häufigsten Herausforderungen bei Wechseljahresbeschwerden zählen Konzentrationsprobleme (71 Prozent), das Gefühl der Überforderung (58 Prozent) und Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Arbeitsumfangs (47 Prozent). Auch Fehlzeiten und soziale Unsicherheiten treten vermehrt auf – vor allem in größeren Unternehmen. Trotz dieser Belastungen hat jede dritte Frau bisher keine Maßnahmen ergriffen, um ihre Situation zu verbessern; bei Mitarbeiterinnen kleiner Unternehmen liegt dieser Anteil sogar bei 46 Prozent.
Die Konsequenzen für Unternehmen kann Dr. Ute Wiedemann, Mitglied des Vorstands der DAK-Gesundheit, in genauen Zahlen nennen: "Unsere Befragung zeigt, dass zwei Drittel der circa neun Millionen Frauen in Deutschland, die sich aktuell in den Wechseljahren befinden, unter körperlichen oder emotionalen Beschwerden leiden - gut ein Drittel davon sogar stark. Für Arbeitgeber bedeutet das den Verlust von fast vierzig Millionen Arbeitstagen – das sind 9,4 Milliarden Euro Kosten pro Jahr."
Fehlende Unterstützung durch Arbeitgeber in der Menopause
Bedenklich zeigt sich in diesem Zusammenhang die geringe Unterstützung seitens der Arbeitgeber: Mehr als die Hälfte der befragten Betriebe bietet keinerlei spezifische Maßnahmen an, um betroffene Mitarbeiterinnen zu unterstützen. Lediglich jeder vierte Betrieb (23 Prozent) stellt flexible Arbeitszeitregelungen zur Verfügung – eine Maßnahme, die immerhin von 71 Prozent der betroffenen Frauen als effektiv bewertet wird. Andere Angebote wie Anpassungen der Arbeitsumgebung oder Bewegungsprogramme werden noch seltener angeboten (11 Prozent bzw. 14 Prozent). Auch solche Angebote werden aber vom Großteil der betroffenen Frauen als sehr oder zumindest eher effektiv eingeschätzt.
Diese Lücke zwischen Bedarf und Angebot spiegelt sich auch in anderen Bereichen wider: Nur etwa 1 Prozent der befragten Frauen hat jemals Informationen zum Thema Wechseljahre direkt vom Arbeitgeber erhalten. Dabei wünschen sich viele Betroffene einen offenen Umgang mit dem Thema sowie konkrete Hilfsangebote wie Workshops oder Gesprächsmöglichkeiten mit Vorgesetzten.
Wechseljahre: Strategien gegen das Tabu
Warum viele Unternehmen immer noch zögern, das Thema Wechseljahre aktiv anzugehen, hat vermutlich mehrere Gründe. Einerseits herrscht Unsicherheit darüber, wie weit Arbeitgeber in persönliche oder gesundheitliche Belange ihrer Mitarbeitenden eingreifen können bzw. dürfen, ohne als übergriffig wahrgenommen zu werden. Andererseits vermeiden viele Frauen selbst das Gespräch aus Angst vor Stigmatisierung oder beruflichen Nachteilen.
Diese Zurückhaltung – sowohl auf Seiten der Arbeitgeber als auch der Betroffenen – führt dazu, dass Wechseljahresbeschwerden oft tabuisiert bleiben und unzureichend adressiert werden. Die Konsequenzen zeigen die Studienergebnisse: Fast jede sechste Frau hat wegen ihrer Wechseljahresbeschwerden Angst vor Benachteiligung am Arbeitsplatz. Knapp jede fünfte fühlt sich gegenüber männlichen Kollegen ihres Alters weniger wertgeschätzt; gegenüber jüngeren Kolleginnen empfindet dies noch jede Siebte so.
Frauengesundheit in ein betriebliches Gesundheitsmanagement implementieren
"Es ist Zeit für Sichtbarkeit, Unterstützung und Wertschätzung der Frauengesundheit im Unternehmen", erklärt Ute Wiedemann und weist auf die wichtige Funktion des betrieblichen Gesundheitsmanagements hin, in dessen Rahmen Arbeitgeber proaktiv Maßnahmen entwickeln sollten, um betroffene Mitarbeiterinnen zu entlasten. Zu den wichtigsten To-dos gehören:
- Flexibilität schaffen: Flexible Arbeitszeitmodelle gehören zu den effektivsten Maßnahmen zur Unterstützung während der Wechseljahre.
- Gesundheitsförderung stärken: Angebote wie Entspannungskurse oder Workshops speziell für weibliche Beschäftigte können Stress reduzieren.
- Offene Kommunikation fördern: Führungskräfte sollten sensibilisiert werden, um das Thema ohne Vorurteile anzusprechen und Unterstützungsangebote transparent zu machen.
- Arbeitsumgebung anpassen: Kleine Anpassungen wie ergonomische Möbel oder klimatisierte Räume können große Wirkung zeigen.
- Informationskampagnen starten: Informationsmaterialien oder interne Veranstaltungen helfen dabei, Wissen aufzubauen und Tabus abzubauen.
Tipp: Das Arbeitgeber-Portal "Wechseljahre im Job" der DAK-Gesundheit bietet Unternehmen und Führungskräften wissenswerte Informationen, Praxistipps und Online-Vorträge zum Thema.
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