Zusammenfassung

 
Überblick

"Mitarbeiter von Fremdfirmen? Vergessen Sie´s! Das ist vogelwild, wie die hier arbeiten." So direkt oder manchmal etwas zurückhaltender reagieren Belegschaften immer wieder auf das Thema bei Seminaren zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in ihren Betrieben. In der Tat vernachlässigen viele Unternehmen den wachsamen und konsequenten Umgang mit Mitarbeitern von Kooperationsfirmen auf ihrem Betriebsgelände. Das hat ganz unterschiedliche Gründe:

  • z. T. mangelhafte Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen bei den Führungskräften,
  • unklare Regelungen innerbetrieblicher Zuständigkeiten (z. B. Vorhandensein von Aufgabenbeschreibung für Fremdfirmenkoordinator, Verantwortung der Führungskräfte oder SiFa vor Ort),
  • zu großer Vertrauensvorschuss auf Pflichtenerfüllung seitens der Kooperationsfirma (z. B. in Bezug auf die regelmäßige Unterweisung, spezifische Unterweisung bzgl. des Arbeitsauftrags, Weitergabe der Informationen über die Arbeitsschutzbedingungen des Auftraggebers usw.),
  • lückenhaftes oder fehlendes Arbeitsschutzmanagement oder
  • im kritischsten Fall mangelndes Verantwortungsgefühl gegenüber den Fremdfirmenmitarbeitern ("Die müssen selbst schauen, dass sie den Arbeitsschutz richtig erfüllen!").

Die eher traurige Bilanz dieser Situationsbeschreibung ist, dass Fremdfirmenmitarbeiter fast doppelt so häufig verunfallen als eigene Mitarbeiter.

1 Gesetzlicher Auftrag

Die gesetzlichen Vorgaben sind eindeutig. In § 8 ArbSchG und in Kap. 2 (§§ 214) DGUV-V 1 werden die Aufgaben und Pflichten des Unternehmers umfassend beschrieben. Danach steht ein Unternehmer immer in der Verantwortung, alle erforderlichen Maßnahmen zur Unfallverhütung oder Abwendung von Gesundheitsgefahren zu treffen. Diese Schutzpflicht besteht ausdrücklich auch für Personen auf dem Betriebsgelände, die keine Beschäftigten sind (§ 1 Abs. 1 DGUV-V 1).

Zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe beginnen für das Unternehmen bereits die ersten Pflichterfüllungen, z. B. im Rahmen von Vergaberichtlinien. Hier sind anhand der Gefährdungsbeurteilung die betriebsspezifischen Gefahren festzustellen und die Überwachungszuständigkeiten bzgl. der festgelegten Schutzmaßnahmen zu bestimmen.

Sobald Beschäftigte mehrerer Firmen an einem Arbeitsplatz tätig werden, hat der Auftraggeber stets auch für eine funktionierende Zusammenarbeit hinsichtlich der Gefahren- und Unfallvermeidung zu sorgen. Besonders bei Bauvorhaben sind in § 3 Baustellenverordnung entsprechende Koordinatoren gefordert.

2 Commitment der Unternehmensführung

Eine ernsthafte Verbesserung der herrschenden Arbeitsschutzkultur im Umgang mit Fremdfirmenmitarbeitern setzt ein klares, unmissverständliches Votum der Unternehmensleitung voraus. Firmen mit Best Practice setzen hier schon den ersten Meilenstein: Mit der Zielvorgabe "Wir behandeln Fremde genauso wie eigene Mitarbeiter" hat es ein großes deutsches Energieunternehmen auf den Punkt gebracht. Um diesen Anspruch auch nach außen hin sichtbar zu unterstreichen, werden dort die Unfälle von Fremdfirmenmitarbeitern ebenfalls in der eigenen betrieblichen Unfallstatistik aufgeführt. Man stellt sich so bewusst dem weiteren externen Vergleich von Kennzahlen, wo diese Zählweise bekanntlich nicht eingefordert wird.

Für vorbildliche Firmen steht außer Frage, dass ihre Leitsätze und Prinzipien neben den eigenen Mitarbeitern auf alle Personen in ihren Betriebsstätten – seien es Zeitarbeitnehmer, Mitarbeiter jeglicher Auftragsfirmen, Gäste und Besucher – Anwendung finden. Gesundheit und Unversehrtheit der Menschen zählen zu ihren höchsten Gütern – ohne Ansehen der Person.

Dort, wo Best Practice zu beobachten ist, haben Unternehmen i. d. R. folgende strategischen Maßnahmen getroffen und eingeleitet:

  • Entwicklung einer nachhaltigen Arbeitsschutzkultur mit dem Ziel "0-Unfall" für alle im Unternehmen betroffenen Mitarbeiter einschließlich Fremdpersonen,
  • Implementierung eines Arbeitsschutzmanagementsystems nebst Fremdfirmenmanagement,
  • Sensibilisierung der Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen für deren Mitverantwortung bei der Umsetzung,
  • Bereitstellung von Ressourcen (Personal, Zeit, Technik, Finanzen) in erforderlichem Umfang.

Erkennbar gelebtes Management-Commitment bringt positive, zählbare Resultate. Das beweisen die beeindruckenden Ergebnisse vieler im Arbeitsschutz erfolgreichen Unternehmen weltweit.[1]

[1] Vgl. dazu: BASF Creating Chemistry Magazin, "Sicherheit an allen Standorten", 2016, www.basf.com/de/company/sustainability/employees-and-society/employees/occupational-safety/global-safety-initiative.html; DGUV Magazin Arbeit & Gesundheit, "Arbeitsschutz weltweit", Ausgabe 7/8 2012, www.arbeit-und-gesundheit.de/2/984.

3 Die Herausforderung

Auch bei Unfällen der Fremdfirmenmitarbeiter zeigt sich das gleiche Entstehungsmuster, wie wir es in den Betrieben inzwischen signifikant beobachten. Nur noch ein geringer Teil der Unfälle hat technische Gründe (< 10 %). Den weitaus größten Anteil bilden organisations- und verhaltensbedingte Ursachen.

Die amerikanischen Unfallforscher Heinrich und Bird konnten mit ihren umfangreichen Untersuchungen den Nachweis ein...

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