Der Arbeitgeber muss also alles tun, damit auch ausländische Arbeitskräfte mit unzureichenden Deutschkenntnissen die Unterweisungen verstehen. Müssen diese Unterweisungen also auch explizit in der jeweiligen Muttersprache der Arbeitnehmer durchgeführt werden? Darauf gibt es, wie bereits oben angedeutet, im Regelwerk keine eindeutige Antwort. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main schränkte z. B. 2006 das Verständlichkeitsgebot insoweit ein, als dass eine Unterweisung "erforderlichenfalls" in der Muttersprache erfolgen muss, aber nur, "wenn nicht garantiert sei, dass der Arbeitnehmer auf Deutsch auch komplizierte technische Vorgänge zweifelsfrei verstehen könne".

Ein Blick auf die Regelungen zu den Arbeitsanweisungen/Betriebsanweisungen lässt ebenfalls vermuten, dass die Pflicht zur muttersprachlichen Unterweisung nicht (in jedem Fall) besteht – und ein Arbeitnehmer daher mit einer einschlägigen Klage gegen seinen Arbeitgeber nicht immer Erfolg haben würde. Der Arbeitgeber kann nämlich auch dann Arbeitsanweisungen oder Betriebsanweisungen in deutscher Sprache erteilen, wenn er weiß, dass seine Angestellten nur über rudimentäre Deutschkenntnisse verfügen. Vielmehr sind die ausländischen Beschäftigten sogar verpflichtet, ihre Sprachkompetenzen z. B. durch Sprachkurse zu verbessern, damit sie u. a. auch betriebliche Regelungen und Sicherheitsvorschriften in deutscher Sprache verstehen und dementsprechend handeln können.

 
Praxis-Beispiel

Kündigung wegen mangelnder Deutschkenntnisse

Das Bundesarbeitsgericht hat 2010 entschieden (BAG vom 28.1.2010 – 2 AZR 764/08), dass ein Mitarbeiter, der Arbeitsanweisungen wegen fehlender Deutschkenntnisse nicht lesen konnte, zu Recht entlassen wurde – dies stelle keine nach § 3 Abs. 2 AGG verbotene mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft dar, wenn der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern die Kenntnis der deutschen Schriftsprache verlangt, soweit sie für deren Tätigkeit erforderlich ist. Weiterhin urteilte es, dass weder eine in deutscher Sprache abgefasste Arbeitsanweisung noch eine vertragliche oder betriebliche Regelung gegen das Diskriminierungsverbot wegen der ethnischen Herkunft des Mitarbeiters verstoße. Sollte sich der sprachunkundige Mitarbeiter weigern, die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse zu erwerben, kann der Arbeitgeber eine Kündigung sogar ohne vorherige Abmahnung vollziehen.

Fazit: Die Forderung nach einer Unterweisung in verständlicher Form und Sprache muss zumindest aus rechtlichen Gründen nicht unbedingt bedeuten, dass ausländische Beschäftigte in ihrer Muttersprache unterwiesen werden müssen. Es muss lediglich sichergestellt sein, dass der Beschäftigte die Information verstehen kann – mit welchen kommunikativen und pädagogischen Mitteln auch immer. Ob eine Unterweisung in der jeweiligen Muttersprache tatsächlich der Königsweg zu einer erfolgreichen Unterweisung ist, das muss jeder Arbeitgeber in eigener Verantwortung selbst entscheiden.

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