Zusammenfassung

 
Überblick

Eine sich verändernde Arbeitswelt bringt neue Herausforderungen für alle davon Betroffenen mit sich. Führungskräfte und Mitarbeiter müssen sich mit den Veränderungen auseinandersetzen, was nicht allen ohne Probleme gelingt. Psychische Gesundheitsbeeinträchtigungen und Störungen sind heute der häufigste Grund für das Ausscheiden aus dem Beruf und Frühverrentungen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über das Thema und stellt einen Handlungsleitfaden für den Umgang mit psychisch auffälligen Mitarbeitern vor.

1 Auswirkungen der modernen Arbeitswelt: Verschiebung der Belastungsprofile für Mitarbeiter

Dass sich die Arbeitswelt verändert hat und immer weiter verändert, hat keinen Neuigkeitswert mehr. Arbeitsinhalte, die Organisation der Arbeit und die Arbeitsbedingungen orientieren sich an einer Dienstleistungs-, Wissens- und Kommunikationsgesellschaft mit den entsprechenden Erwartungen der Konsumenten, die bedient werden wollen. Diejenigen, die das tun – die Arbeitnehmergeneration von heute – haben mit anderen Arbeitsbelastungen zu tun als die Vorgängergeneration in einer reinen Produktionsgesellschaft.

Dieser Übergang ist natürlich nicht absolut zu sehen, da Fertigung in der Automobilindustrie, im Maschinenbau, in Handwerksbetrieben nach wie vor einen bedeutenden Platz in der Unternehmenslandschaft hat – und auch in Produktionsbetrieben verändern sich die Arbeitsbedingungen. Der Einfluss der Digitalisierung, Globalisierung und eine Steigerung des Workloads sind nur einige der vielen Auswirkungen auf das Arbeitshandeln von Mitarbeitern in der Fertigung. Abb. 1 verdeutlicht die Charakteristiken der modernen Arbeitswelt.[1]

Abb. 1: Charakteristiken der modernen Arbeitswelt

Mit den Veränderungen in der Arbeitswelt gehen auch Veränderungen in den Belastungsprofilen für die Beschäftigten einher. Früher waren es Lärm, Hitze, Kälte, Zugluft, schweres Tragen und Heben, Kontakt mit toxischen Stoffen und Umgang mit unergonomischen Arbeitsmitteln, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Beschäftigten führten. Heute sind es

  • Arbeitsverdichtung,
  • Anforderungsverdichtung,
  • Zeit-, Termin-, Kosten- und Leistungsdruck,
  • unplanbare Arbeitszeiten,
  • häufige Arbeitsunterbrechungen,
  • ständige Erreichbarkeit,
  • wiederholte Reorganisationsprozesse,
  • fehlende Wertschätzung,
  • Defizite in der Kommunikation,
  • Arbeitsplatzunsicherheit und
  • zunehmende Gewalt am Arbeitsplatz durch Mobbing oder Kunden, Bürger, Patienten,

die Mitarbeiter gedanklich und emotional beanspruchen.

Auch diese "neuen "Belastungen bleiben nicht ohne Folgen für die Gesundheit der Beschäftigten.

2 Relevanz des Themas

Mit dem Verschieben des Belastungsprofils hat sich das Gesundheitsprofil verändert: Früher wurden Beschäftigte häufiger wegen körperlicher Beschwerden arbeitsunfähig, heute sind es oftmals psychische Beeinträchtigungen, die es einem Mitarbeiter nicht mehr erlauben, seiner Beschäftigung nachzugehen.

Dieser Trend hält schon seit Jahren an und wird von allen Krankenkassen berichtet.[1]

Auf Platz 1 im Ranking der Erkrankungsarten stehen zwar immer noch die Muskel-Skelett-Erkrankungen, gefolgt von Atemwegserkrankungen. Auf Platz 2 bzw. 3 (unterschiedlich bei den Krankenkassen) folgen die Diagnosen psychischer Störungen.

Hinsichtlich der Dauer der Fehlzeiten sind es jedoch die psychischen Erkrankungen, die Spitzenplätze belegen. Bei der Techniker Krankenkasse liegen psychische Störungen 2018 erstmals an der Spitze der Fehlzeiten. Die Barmer Ersatzkasse gibt für das Jahr 2017 durchschnittlich 45 Fehltage je Beschäftigtem aufgrund psychischer Erkrankungen an.

Exemplarisch sind die Fehltage wegen psychischer Erkrankungen aus dem Gesundheitsreport 2019 der Techniker Krankenkasse angeführt.

Abb. 2: Fehltage wegen psychischer Erkrankungen aus dem Gesundheitsreport 2019 der Techniker Krankenkasse[2]

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) psychischer Erkrankungen liegt in Deutschland bei 25 bis 30 %. Setzt man diese Zahl in Relation zum Anteil der Erwerbstätigen, heißt das, dass ca. 15 % aller Arbeitnehmer psychisch oder psychosomatisch beeinträchtigt sind.[3]

Weitere Fakten zu psychischen Erkrankungen in der Arbeitswelt:

Die Daten entstammen der Informationsschrift "Psychisch krank im Job"[4]. Sie spiegeln die Verhältnisse aus den Jahren 2012, 2014 und 2015 wider. Es ist davon auszugehen und durch die jährlichen Gesundheitsreporte der Krankenkassen bestätigt, dass die Faktenlage sich nicht groß verändert bzw. sogar verschlechtert hat:

  • Fast jede zweite Frührente ist inzwischen psychisch verursacht. Der Anteil hat sich damit in den letzten 20 Jahren verdoppelt.
  • Die Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen haben sich seit 2000 auf 70 Mio. verdoppelt – während Fehltage anderer Krankheitsbereiche gesunken sind.
  • Die direkten Krankheitskosten für psychische Erkrankungen lagen 2012 bei knapp 16 Mrd. EUR. Die indirekten Kosten, z. B. durch reduzierte Produktivität während der Arbeit und vorzeitige Verrentung, machen einen noch größeren Anteil aus und sind hier noch nicht mit einberechnet.
  • Langfristige Arbeitsbelastungen erhöhen das Risiko, an e...

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