Zusammenfassung

 
Begriff

Sitz-Steh-Dynamik ist der häufige Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Bewegen bei der Displayarbeit mit dem Ziel, die einseitige Belastung durch langes Sitzen zu vermeiden. Die Sitz-Steh-Dynamik will einen durch Dauersitzen geprägten Arbeitsstil durch den Wechsel zwischen Sitzen und Stehen zugunsten von mehr Bewegung verändern, um Gesundheit, Wohlbefinden und Leistung zu verbessern. Sitz-Steh-Dynamik ist der zentrale Baustein für mehr Bewegung im Büro (Bürodynamik), denn wer nicht aufsteht, kann sich nicht bewegen. "Aufstehen, um sich zu bewegen" – so muss der Paradigmenwechsel überschrieben werden – statt "aufstehen, um sich zu setzen".

Davon zu unterscheiden ist die Steh-Sitz-Dynamik. Hier geht es um den Wechsel vom Stehen zum Sitzen mit dem Ziel, die einseitige Belastung durch langes Stehen zu vermeiden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Nach Anhang 6.1 Abs. 1 ArbStättV sind die Grundsätze der Ergonomie auf Bildschirmarbeitsplätze anzuwenden. Die Grundsätze der Ergonomie sind in DIN EN ISO 6385:2016-12 "Grundsätze der Ergonomie für die Gestaltung von Arbeitssystemen" niedergelegt, die die Sitz-Steh-Dynamik fordert. Gemäß Anhang 6.1 Abs. 2 ArbStättV muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die Tätigkeiten der Beschäftigten an Bildschirmgeräten durch andere Tätigkeiten oder regelmäßige Erholungszeiten unterbrochen werden. Zudem müssen die Beschäftigten ausreichend Raum für wechselnde Arbeitshaltungen und -bewegungen haben (Anhang 6.1 Abs. 3 ArbStättV).

Die DGUV-I 215-410 "Bildschirm- und Büroarbeitsplätze" spiegelt den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis wider. Der Wechsel zwischen Sitz- und Stehhaltung (Sitz-Steh-Dynamik) wird in Abschn. 8.3.1 unter den wichtigen Kriterien zur Auswahl von Tischen explizit genannt: "Unter Berücksichtigung der Verstellmöglichkeiten des Arbeitstisches/der -fläche sollte die Arbeitshöhe an die unterschiedlichen Körpermaße des Menschen und die Arbeitsaufgabe sowohl im Sitzen als auch im Stehen angepasst werden können."

1 Lebensprinzip Bewegung

Bewegung ist ein notwendiges Lebensprinzip und ein unverzichtbarer Entwicklungsimpuls. Egal, ob wir auf der Couch oder nur im Bett liegen oder als Astronaut im All der Schwerelosigkeit ausgesetzt sind: ohne Bewegung

  • keine Atmung,
  • kein Herzschlag,
  • kein venöser Rückfluss,
  • keine Bandscheibenernährung.

Wir stehen auf, um uns zu setzen. Folglich sind Rückenprobleme durch den Sitzmarathon bereits seit vielen Jahrzehnten die Volkskrankheit Nr. 1.

1.1 Dauersitzen ist teuer

Die Missachtung des Lebensprinzips Bewegung kostet die Gesellschaft Milliarden. Wissenschaftliche Studien der letzten Jahre haben eindeutig gezeigt, dass keine Lösungen zu erwarten sind, wenn wir das Sitzen noch bequemer machen. Es gilt, das "dynamische System" unseres Körpers anzusprechen, ohne dabei Einbußen in den notwendigen Arbeitsprozessen hinnehmen zu müssen.

Sitzen ist immer eine rückenfeindliche Körperhaltung. Insbesondere das Arbeiten am PC bringt unseren Organismus – ein dynamisches System aus 632 Muskeln, die normalerweise über 50 % unserer Körpermasse ausmachen – in eine Zwangshaltung, die "zwangsläufig" zu Schäden führen muss. Der Mensch ist das einzige Wesen auf der Erde, das mit einer senkrechten Körperachse ausgestattet ist. Verändert er diese auf Dauer (8 Stunden Schreibtisch), müssen an der Architektur der Wirbelsäule Schäden entstehen, wie es millionenfach nachgewiesen ist.

Rückenschmerzen sind und bleiben eine Volkskrankheit:

  • Jeder fünfte gesetzlich Versicherte geht mindestens einmal im Jahr wegen Rückenschmerzen zum Arzt;
  • 27 % davon suchen sogar 4-mal oder öfter einen Arzt auf;
  • von den jährlich mehr als 38 Mio. rückenschmerzbedingten Besuchen bei Haus- oder Fachärzten und den dabei veranlassten 6 Mio. Bildaufnahmen wären viele vermeidbar.

Rückenschmerzen haben laut DAK-Gesundheitsbericht 2016 die höchste Behandlungsquote. Die Zahlen:

  • 4,1 % der deutschen Erwerbstätigen waren durchschnittlich an jedem Arbeitstag arbeitsunfähig erkrankt (das entspricht durchschnittlich 15 Krankenstandstagen pro Erwerbstätigen im Jahr);
  • 50,4 % der Mitglieder der DAK-Gesundheit hatten zumindest eine Arbeitsunfähigkeit (Kurzzeiterkrankungen von ein bis drei Tagen werden i. d. R. nicht erfasst);
  • 21,7 % der Krankheitstage entfielen auf Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems. Es ist somit die häufigste Ursache für einen Krankenstand. In dieser Gruppe bilden die Rückenerkrankungen wiederum die größte Untergruppe;
  • 18,3 Tage dauert ein durchschnittlicher Krankenstand aufgrund einer Erkrankung des Muskel-Skelett-Systems;
  • das Risiko einer Erkrankung des Muskel-Skelett-Systems steigt im Alter um 325 %. Die Krankenstände in der Altersgruppe 15–19 sind zu 8,2 % auf diese Erkrankung zurückzuführen. In der Altersgruppe 60+ jedoch schon auf 26,7 %;
  • "Rückenschmerzen" ist die zweithäufigste Einzeldiagnose bei Krankenständen (der Anteil sank um 0,3 % in 2014 auf 5,6 % in 2015);
  • pro 100 Versicherte gab es bei Männern 91,3 Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von Rückenschmerzen. Bei Frauen gab es nur 75,2 AU-Tage.[1]

Betrachten wir die Koste...

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