Kollaborierende Roboter[1] sind dadurch charakterisiert, dass sie mit Menschen direkt zusammenarbeiten. Grundsätzlich gibt es mehrere Möglichkeiten, wie Menschen und Roboter in einem Raum arbeiten können. Die möglichen Formen sind in Abb. 1 gezeigt und werden anschließend beschrieben:

Möglichkeiten der Gestaltung von Arbeitsplätzen mit Robotern

Quelle: Boenisch, Peter; Deml, Barbara; Kölmel, Lena; Peifer, Yannick; Weber, Marc-André (2022): Mensch-Roboter- Kollaboration in der Praxis. Einsatzfelder, Potenziale und Akzeptanz aus arbeitswissenschaftlicher Perspektive. In: Leistung und Entgelt (4), S. 6-42.

Abb. 1: Möglichkeiten der Gestaltung von Arbeitsplätzen mit Robotern[2]

Bei der Vollautomatisierung, die am weitesten bekannte und verbreitetste Form des industriellen Einsatzes von Robotern, arbeiten Mensch und Roboter in eigenen, räumlich getrennten Arbeitsbereichen. Der Roboter ist mit einem Schutzzaun umgeben, sodass der Mensch nicht in dessen Bereich gelangen und sich verletzen kann. Berührungen zwischen Mensch und Roboter sind somit ausgeschlossen.

Bei der partiellen Automatisierung entfällt dieser Schutzzaun. Mensch und Roboter arbeiten getrennt voneinander. Betritt der Mensch den Arbeitsbereich des Roboters, erkennt dieser den Mensch und stoppt umgehend seine Arbeit, um keine Gefährdung darzustellen.

Beide zuvor beschriebenen Varianten stehen für die Mensch-Roboter-Koexistenz, da grundsätzlich von getrennten Arbeitsräumen auszugehen ist, wohingegen die nachfolgend beschriebenen Varianten von einem gemeinsamen Arbeitsraum ausgehen.

Die Kooperation von Mensch und Roboter zeichnet sich dadurch aus, dass beide einen gemeinsamen Arbeitsbereich nutzen, jedoch Berührungen zwischen Mensch und Roboter – ebenso wie bei der Koexistenz – nicht erwünscht sind. I. d. R. liegt eine aufeinander folgende (sequenzielle) Arbeitsweise vor, jedoch ist auch eine parallele Arbeit möglich.

 
Praxis-Beispiel

Mensch-Roboter-Kooperation

Der Roboter legt ein Bauteil auf einem Werktisch ab und sobald der Roboterarm den Werktisch verlassen hat, kann der Mitarbeiter das Bauteil übernehmen.

In diesem Beitrag wird die Kollaboration zwischen Mensch und Roboter beschrieben (vgl. fünfte Spalte in Abb. 1). Bei dieser sind Berührungen zwischen Mensch und Roboter genauso möglich wie bei der Koexistenz ohne Schutzzaun und der Kooperation, jedoch sind sie hier für das Prozessziel explizit notwendig. Folglich liegt eine gleichzeitige (parallele) Arbeitsweise vor, in der keine Trennung der Arbeitsräume mehr vorgenommen wird, weil diese vermischt sind.

 
Praxis-Beispiel

Mensch-Roboter-Kollaboration

Der Mensch greift den Roboterarm, führt ihn an eine bestimmte Stelle über dem Werktisch und gibt dem Roboter so zu verstehen, dass er an dieser Stelle ein Bauteil greifen soll.[3] Danach kann der Mitarbeiter fertige Bauteile, die er händisch bearbeitet hat, an diese Position legen und der Roboter greift sie von dort, um sie in Verpackungseinheiten zu legen.

Aus der Tatsache heraus, dass Berührungen zwischen Mensch und Roboter in kollaborierenden Systemen gewünscht sind, ist es wichtig, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, insbesondere für nicht beabsichtigte Kollisionen.

In Abb. 2 werden verschiedene Berührungsarten dargestellt. Neben dem erwünschten Kontakt wird grundlegend nach dem freien vorübergehenden Kontakt und dem quasi-statischen Kontakt unterschieden. Damit sind Berührungen im freien Raum sowie Einklemmen zwischen Roboter und einem anderen festen Gegenstand, z. B. dem Werktisch, gemeint. Wichtig ist, dass die umfangreiche Sensorik des Roboters – im Rahmen ihrer begrenzten künstlichen Intelligenz – in der Lage ist, zwischen erwünschtem und unerwünschtem Kontakt zu unterscheiden sowie bei Letzterem zu erkennen, welche Kontaktform vorliegt (frei oder quasi-statisch), um zielgerichtet handeln zu können.

Abb. 2: Kontaktmöglichkeiten zwischen Mensch und Roboter

Der Roboter muss in der Lage sein, zielgerichtet zu reagieren, etwa durch Stopp oder Zurückfahren des Roboterarms. Liegt eine freie Berührung des Menschen vor, muss die Kollision als solche erkannt werden und der Roboter darf nicht Nachdrücken. Liegt ein Einklemmen vor, muss dies ebenfalls erkannt werden und der Roboter muss ein Stück zurückweichen, um den Menschen wieder "zu befreien". Arbeitsmedizinisch bestimmte Grenzwerte für den ausgeübten Druck geben eine Orientierung, welche Kräfte maximal zulässig sind, um Verletzungen zu reduzieren.[4]

[1] Auch als Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) bezeichnet.
[2] Boenisch/Deml/Kölmel/Peifer/Weber (2022): Mensch-Roboter- Kollaboration in der Praxis. Einsatzfelder, Potenziale und Akzeptanz aus arbeitswissenschaftlicher Perspektive, in: Leistung und Entgelt (4), S. 6–42.
[3] Eine weitere Möglichkeit, dies ohne Berührung zu machen, ist durch vernetzte Handschuhe gegeben, die Greifbewegungen des Menschen auf den Roboter übertragen.
[4] BGIA (Hrsg.) (2011), BG/BGIA-Empfehlungen für die Gefährdungsbeurteilung nach Maschinenrichtlinie, Gestaltung von Arbeitsplätzen mit kollabo...

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