Die REACH-Verordnung ist keine Arbeitsschutzvorschrift im engeren Sinne: Art. 2 Abs. 4a 1907/2006/EG sagt ausdrücklich, dass die REACH-Verordnung unbeachtet der Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG gilt. Folgt man dem genauen Wortlaut der REACH-Verordnung, ist der nachgeschaltete Anwender verpflichtet, die vom Registranten empfohlenen Maßnahmen zur sicheren Verwendung anzuwenden. Die in den Expositionsszenarien kommunizierten Maßnahmen sind tatsächlich aber anders, als die im Betrieb umgesetzten, die trotzdem den sicheren Umgang gewährleisten. Diese Schnittstelle zwischen REACH (Expositionsszenarien) und Arbeitsschutz (Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung) mag für die Praxis einen Unsicherheitsfaktor darstellen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat dazu eine Position veröffentlicht[1], an der man sich bei der Wahl seiner Maßnahmen orientieren kann.

Für die Aufsichtspersonen der Länder stellt sich die Frage, welche Teile von REACH von den Arbeitsschutzbehörden zu überwachen sind. Das ist insbesondere für die Länder von Bedeutung, in denen das Arbeitsschutzrecht (inklusive der Gefahrstoffverordnung) und die Chemikaliensicherheit – die i. Allg. eher dem Umweltschutz zugeordnet wird – bei verschiedenen Ressorts angesiedelt und daher unterschiedliche Behörden für die Überwachung zuständig sind. Zur Klärung der Schnittstellen zwischen den eher arbeitsschutzrechtlichen Aspekten und den anderen Regelungen der REACH-Verordnung hat der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) eine Projektgruppe eingesetzt, die eine Handlungsanleitung für die Aufsichtspersonen erarbeitet hat.[2]

Auch nach 12 Jahren gibt es immer wieder Zusammenhänge, in denen die "Zuständigkeit" der REACH-Verordnung mit ihrem harmonisierenden Grundsatz oder des Arbeitsschutzes, der ausgehend von Mindeststandards dem Unternehmer durchaus zugesteht, individuelle Lösungen zum Schutz der Beschäftigten zu finden, geklärt werden muss.

Grundsätzlich gilt allerdings festzuhalten: Durch die Registrierungspflichten von REACH und der Verwaltung der dabei zu erbringenden Daten durch die ECHA stehen zu allen Stoffen über einer Tonne Jahresvolumen grundlegende Informationen zu Verfügung. Auch wenn die Kommunikation dieser Daten in der Lieferkette noch Verbesserungspotenzial hat, wird ein Austausch unter den Akteuren notwendig gemacht und fördert somit auch die Kenntnisse zu Stoffeigenschaften und Verwendungsbedingungen.

Das Sicherheitsdatenblatt, das eine zentrale Rolle in der Kommunikation hat, hat ebenfalls noch einige Nachteile – vor allem wird es zu einem nicht lesbaren Aktenstapel, wenn Registranten komplette Expositionsszenarien an das erweiterte Sicherheitsdatenblatt einfach anhängen. Die Struktur ist in Anhang II aber klar vorgegeben und eine Zusammenfassung der wesentlichen Informationen ermöglicht theoretisch die schnelle Überprüfung und ist beste Informationsquelle zur Erstellung der Gefährdungsbeurteilung.

Die Zulassungspflicht von REACH für Stoffe mit besonderer Besorgnis baut einen enormen Substitutionsdruck auf, den es in dieser Form vorher nicht gegeben hat. Man kann auch abschätzen, dass auf diesen Aspekt der Zulassung in der Zukunft noch weit mehr Augenmerk gerichtet wird. Das Instrument der Beschränkung bietet weitere Chancen, Arbeitsplatzbedingungen zu verbessern, und in allen Diskussionen der rechtsetzenden Gremien gewinnt die Beschränkung immer mehr an Bedeutung.

 
Wichtig

REACH unterstützt den Arbeitsschutz

REACH kann den Umgang mit Gefahrstoffen an den Arbeitsplätzen nicht abschließend regeln, aber die Informationen auf der einen Seite und die Verbote bei hochrisikoreichen Verwendungen auf der anderen Seite dienen sehr wohl einer Unterstützung des Arbeitsschutzes.

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