Vor Inkrafttreten der REACH-Verordnung[1] war zum einen die Risikobewertung von im Markt befindlichen sog. Altstoffen (vor 1981 bereits auf dem Markt) ein äußerst langwieriges Verfahren, zum anderen war eine einheitliche Bewertung von Alt- und Neustoffen nicht gewährleistet. Daraus ergab sich die Notwendigkeit einer grundlegenden Überarbeitung des Chemikalienrechts, um alle Stoffe gleich zu bewerten.

Die Erwägungsgründe von REACH sind auch so zu verstehen: Durch eine deutlich verbesserte Datenlage zu Stoffeigenschaften und Verwendungsbedingungen wird die Basis für eine adäquate Bewertung der von den Stoffen ausgehenden Risiken gewährleistet und über definierte Kriterien werden diejenigen Stoffe vom Markt genommen, von denen nicht annehmbare Risiken ausgehen. Daher sind auch im ersten Erwägungsgrund der Verordnung folgende Ziele definiert: Die menschliche Gesundheit und Umwelt sollen geschützt, der freie Handel im Binnenmarkt gewährleistet und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit und Innovation verbessert werden.

 
Wichtig

REACH harmonisiert die Anforderungen an Stoffe

Bereits im zweiten Erwägungsgrund wird sehr deutlich, dass die REACH-Verordnung eine Binnenmarktregel, basierend auf Art. 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)[2] ist: Die Harmonisierung der Anforderungen an Stoffe kann nur funktionieren, wenn die Handhabung in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht wesentlich voneinander abweicht. Hier zeigt sich ein grundlegender Unterschied zu den Regelungen im Arbeitsschutz, deren Richtlinien auf dem Sozialrecht (s. Art. 153 AEUV) beruhen und Mindeststandards definieren, die abhängig von nationalen Begebenheiten zu anderen Maßnahmen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten führen können. Es ist wichtig, sich diesen Zusammenhang bewusst zu machen, um manche Schnittstellen zwischen REACH-Regelungen und dem Arbeitsschutz zu erkennen.

Am 1.6.2007 ist die REACH-Verordnung, die die o. g. Ziele erreichen soll, in Kraft getreten. Die mit ihr einhergehende Neuordnung im Europäischen Chemikalienrecht bedingte eine schrittweise Implementierung (Registrierungsfristen 2010, 2013 und 2018) und bedeutete für die betroffene Industrie eine große Herausforderung.

REACH steht für die englischen Begriffe – Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien). Die Unternehmen erhalten dabei weitgehend die Verantwortung für den sicheren Umgang und die Risikobeurteilung der Chemikalien (s. Art. 1 Nr. 3 1907/2006/EG). Dies stellt eine Abkehr vom vorherigen Risikomanagement dar, wonach die Beweislast, dass von den Chemikalien ein unannehmbares Risiko ausgeht, überwiegend bei den Behörden lag. Anwender von Chemikalien (im Folgenden als nachgeschaltete Anwender bezeichnet) werden ebenfalls in die Pflicht der Datenermittlung einbezogen und der Informationsfluss entlang der Lieferkette nimmt eine besondere Stellung ein. Weiterhin soll zur strengen Kontrolle bestimmter besonders gefährlicher Stoffe ein Zulassungsverfahren eingeführt werden. Mit dem REACH-System wird ein Beitrag zur Nachhaltigkeit beim Umgang mit Chemikalien geschaffen, der dem Vorsorgegedanken Rechnung trägt.

 
Achtung

Nicht nur chemische Industrie betroffen

Die REACH-Verordnung betrifft nicht nur die chemische Industrie selbst, sondern sämtliche Firmen, die chemische Stoffe herstellen, von außerhalb der EU importieren oder selbst einsetzen und verwenden.

Der Importeur hat beim Import von Stoffen aus Nicht-EU-Staaten unter REACH nahezu die gleichen Verpflichtungen wie der Hersteller eines Stoffes. Der nachgeschaltete Anwender dieser Stoffe hat ebenfalls erhebliche Pflichten durch REACH und selbst der Produzent (Hersteller) oder der Importeur von Erzeugnissen (Produkte, deren Gestalt, Oberfläche oder Form für die Nutzung des Produktes eher bestimmend sind, wie deren chemische Zusammensetzung) hat im REACH-System zum Teil beträchtliche Verpflichtungen. Von der Verordnung komplett ausgenommen sind nur wenige Stoffgruppen, wie

Selbst Arzneimittel sowie Lebens- und Futtermittel, für die vergleichbare EU-rechtliche Regelungen gelten, sind von der REACH-Verordnung betroffen – wenn auch nur in geringem Umfang. Im Gegensatz dazu werden z. B. kosmetische Stoffe fast vollständig von den Regelungen der Verordnung erfasst. Eine Besonderheit sind Abfälle und daraus hergestellte Recyclingprodukte. Abfälle sind im Geltungsbereich des einschlägigen europäischen Abfallrechts definitionsgemäß weder Stoffe, noch Zubereitungen (Gemische) oder Erzeugnisse und fallen nicht unter die REACH-VO. Daraus hergestellte Recyclingprodukte (die nicht mehr dem Abfallrecht unterliegen) werden wiederum komplett vom Regelungsbereich der REACH-Veror...

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