Der Hersteller muss zunächst eine Risikobeurteilung durchführen (oder durchführen lassen), um die für die Maschine geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu ermitteln. Bei der Konstruktion und dem Bau der Maschine muss das Ergebnis der Risikoanalyse berücksichtigt werden. Im Rahmen der Risikoanalyse und Risikominderung sind dann

  • die Grenzen der Maschine einschließlich ihre bestimmungsgemäße Verwendung sowie jede vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung zu bestimmen,
  • die von der Maschine ausgehenden Gefährdungen zu ermitteln,
  • die Risiken unter Berücksichtigung der Schwere möglicher Verletzungen oder Gesundheitsschäden und der Eintrittswahrscheinlichkeit abzuschätzen,
  • Risiken zu bewerten und bei Bedarf Maßnahmen zur Minimierung einzuleiten.
 
Wichtig

Produktspezifische Normen

Prüfen Sie, ob es für die geplante Maschine eine sog. produktspezifische Norm (C-Norm) gibt. Dies kann u. a. kostenfrei über http://nora.kan-praxis.de erfolgen. Normen selbst sind kostenpflichtig und können beim Beuth-Verlag erworben werden. Sofern Sie eine C-Norm anwenden, wird die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen der Maschinenrichtlinie vermutet (sog. Vermutungswirkung). Sie müssen jedoch die ermittelten Risiken mit den in der Norm beschriebenen Risiken vergleichen und die Anwendbarkeit beschriebener Maßnahmen überprüfen.

Grenzen der Maschine festlegen

Bei der Bestimmung der Grenzen der Maschine sind in Anlehnung an DIN EN ISO 12100 folgende Bereiche zu betrachten (Tab. 1):

  • räumliche Grenzen,
  • Verwendungsgrenzen und
  • zeitliche Grenzen.

Die Grenzen der Maschine sind auch in der Betriebsanleitung anzugeben.

 
Räumliche Grenzen

Beispiele:

  • Maße und Gewicht der Maschine
  • Schnittstellen zur Energieversorgung
  • Schnittstellen zu vor- und nachgeschalteten Anlagen
  • Schnittstellen zu Reinigungsanlagen
  • Schnittstellen zu Menschen
  • Arbeitsplätze und Bewegungsflächen
Verwendungsgrenzen

Beispiele:

  • bestimmungsgemäße Verwendung
  • vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung
  • Eigenschaften/Mengen von Stoffen, Materialien, Hilfsstoffen, die verarbeitet werden
  • Einsatz von Werkstücken
  • Betriebsparameter, wie Druck, Temperatur, Drehzahl, Leistung
  • Einsatzbereich (Industrie, Haushalt)
  • Qualifikation der Bediener/Techniker in den unterschiedlichen Lebensphasen (z. B. Bedienung, Rüsten, Störungsbeseitigung, Instandhaltung)
Zeitliche Grenzen

Beispiele:

  • Gesamtzahl von Umdrehungen
  • Lastspiele
  • Füll- und Austragsvorgänge
  • Arbeitszyklen
  • Betriebsstunden
  • Einfluss von Erosion, Korrosion, Vibration, Kälte, Wärme und sonstigen Umgebungsbedingungen

Tab. 1: Bestimmung der Grenzen einer Maschine

Risikoanalyse

Im Rahmen der Risikoanalyse sind alle Gefahrenquellen der Maschine und alle Gefährdungsereignisse systematisch zu ermitteln. DIN EN ISO 12100 enthält eine Liste möglicher Gefährdungen sowie deren Ursprung und mögliche Folgen. Diese werden u. a. unterteilt in

  • mechanische Gefährdungen,
  • elektrische Gefährdungen,
  • thermische Gefährdungen,
  • Gefährdungen durch Lärm,
  • Gefährdungen durch Vibration,
  • Gefährdungen durch Strahlungen,
  • Gefährdungen durch Materialien und Substanzen,
  • ergonomische Gefährdungen,
  • Gefährdungen im Zusammenhang mit der Einsatzumgebung der Maschine,
  • Kombination von Gefährdungen.

Beim Bau einer Maschinenanlage sind die Gefährdungen, die von den Teilmaschinen ausgehen, i. d. R. bereits durch die Risikoanalyse der Hersteller ermittelt und bewertet worden. Es sind daher hauptsächlich die Gefährdungen zu analysieren, die aus Anordnung und Zusammenwirken der Einzelmaschinen/-komponenten resultieren.

 
Praxis-Tipp

Komplexe Maschinen unterteilen

Die Ermittlung möglicher Gefährdungen wird bei komplexeren Maschinen schnell unübersichtlich. Unterteilen Sie daher komplexe Maschinen in überschaubare Untersysteme (z. B. Funktionseinheiten) und analysieren Sie diese zunächst einzeln. Anschließend analysieren Sie, welche Gefährdungen sich aus der Anordnung und dem Zusammenwirken der Untersysteme ergeben können.

Im nächsten Schritt muss das Risiko abgeschätzt werden, welches von den ermittelten Gefährdungen ausgeht. Dafür sind Abschätzungen zu einem möglichen Schadensausmaß (von z. B. leichten Prellungen bis hin zu irreversiblen Verletzungen oder Tod), zur Häufigkeit und/oder Dauer der Gefährdungsexposition sowie zur Möglichkeit (technisch, menschlich) zur Vermeidung oder Begrenzung eines Schadens notwendig. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sog. Risikozahlen, zu ermitteln (siehe auch DIN EN ISO 12100).

Im Anschluss an die Risikoeinschätzung muss eine Risikobewertung durchgeführt werden. Kommt der Beurteiler zu dem Schluss, dass das ermittelte Risiko nicht tolerierbar ist, muss eine Risikominderung erfolgen. Hierzu sind geeignete Schutzmaßnahmen auszuwählen und anzuwenden. Bei der Minderung eines Risikos muss folgende Reihenfolge zwingend eingehalten werden:

  • Beseitigung oder Minimierung des Risikos durch konstruktive Maßnahmen (Integration der Sicherheit in Konstruktion und Bau der Maschine);
  • Ergreifen notwendiger Schutzmaßnahmen gegen Risiken, die sich nicht beseitigen las...

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