Hersteller und Importeure sind verpflichtet, ihre Produkte und Anwendungen im Rahmen der bestehenden Bestimmungen zur Selbstkontrolle (u. a. hinsichtlich der Geräte- und Produktsicherheit) zu beurteilen, nötigenfalls Maßnahmen für eine sichere Verwendung zu treffen und ihre Kunden darüber zu informieren (Verbraucherschutz).

Für die Verantwortlichen von Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen besteht als Arbeitgeber die Verpflichtung, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten erforderlichen Maßnahmen zu treffen. In diesem Zusammenhang muss das Ziel sein,

  • Risiken grundsätzlich zu vermeiden bzw. auf ein akzeptables Maß zu senken,
  • Gefahren an der Quelle zu bekämpfen und
  • den Faktor "Mensch" und den Stand der Technik bei allen Arbeitsschutzüberlegungen zu berücksichtigen.

Besonderes Augenmerk muss dabei auf die Prozesse gelenkt werden, bei denen Nanomaterialien ungebunden als Ausgangsstoffe genutzt oder bei denen diese als Nebenprodukte erzeugt werden.

Die rechtlichen Arbeitsschutzvorgaben durch Staat und Unfallversicherungsträger enthalten für die Verwendung von Nanomaterialien flexible, allgemein formulierte Schutzziele, die den Rahmen für die eigenverantwortliche Festlegung betrieblicher Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten bilden. Damit kommt dem gewollten Prinzip der Eigenverantwortung im Arbeitsschutz auf dem Gebiet der Nanotechnologie eine Vorreiterrolle zu.

Da in Analogie zum Gefahrstoffrecht Nanomaterialien mit unbekannten Eigenschaften als potenziell gefährlich zu behandeln sind, basieren die im Folgenden aufgeführten Schutzmaßnahmen auch aus Analogieüberlegungen zu Partikeln im Mikrometerbereich.

 
Step by Step

STOP-Strategie

Für alle stoffbedingten Gefährdungen, egal ob klassische Gefahrstoffe, biologische Arbeitsstoffe oder Nanomaterialien, sollte für die Beschäftigten am Arbeitsplatz die STOP-Strategie zu Anwendung kommen. Soll heißen, dass bei der Festlegung der notwendigen Schutzmaßnahmen eine Reihenfolge beachtet wird:

6.1 Substitution

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist zu ermitteln, ob zum Erreichen der vorgegebenen Ziele (z. B. das Erzielen bestimmter Produkteigenschaften) Substitutionsmöglichkeiten bestehen. Dabei sind die Gefährlichkeitsmerkmale (physikalisch-chemischen Eigenschaften) und das Freisetzungspotenzial unter Berücksichtigung der Verfahrens- und Verwendungsbedingungen zu berücksichtigen. Grundsätzlich gehören auch die Sinnhaftigkeit, technische Umsetzungsmöglichkeit und wirtschaftliche Zumutbarkeit einer Substitution zu den Entscheidungskriterien.

Die Substitutionsprüfung hat entsprechend der TRGS 600 "Substitution" zu erfolgen. Beispiele für praktisch umsetzbare Substitutionen sind:

  • Ersatz von staubenden Nanomaterialien, z. B. durch Dispergieren in flüssigen Medien oder durch Bindung in festen Matrizen;
  • Einsatz weniger staubender Materialien, z. B. durch Befeuchtung, Granulate, Pasten, Compounds oder bereits fertig gemischte Materialien;
  • Vermeidung von Verfahren, die zur Aerosolbildung bei der Verwendung von Nanomaterialien in flüssigen Formulierungen führen;
  • Bei der Verwendung von faserförmigen Nanomaterialien: Auswahl von Materialien, die nicht biobeständig oder nicht starr sind oder nicht den WHO-Faserkriterien entsprechen.

In vielen Fällen wird allerdings auch nach der Substitutionsprüfung insbesondere in der Verwendung bestimmter Nanomaterialien die Lösung zur Erreichung der gesetzten Ziele gesehen werden, sodass für den Umgang mit diesen Materialien ausreichende Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen.

6.2 Technische Schutzmaßnahmen

Der Umgang v. a. mit den ungebundenen Nanomaterialien muss bei erhöhter Gefährdung durch inhalative Exposition grundsätzlich in geschlossenen Systemen (Anlagen, Apparaturen, Einhausungen) erfolgen. Abweichungen sind bei Tätigkeiten mit Kleinmengen (im Gramm- bzw. Milliliter-Bereich), mit Nanomaterialien ohne spezifische toxikologische Eigenschaften, oder mit Nanomaterialien, die festkörpergebunden vorliegen, möglich.

Sollte die Herstellung und Verarbeitung der Nanomaterialien in vorhandenen, nicht geschlossenen Anlagen erfolgen, ist zu prüfen, ob mit geeigneten Maßnahmen eine Nachrüstung durchgeführt werden kann. Dazu gehören z. B. Absaugschränke, Sicherheitswerkbänke, Gloveboxen, Objektabsaugungen, Abzugskabinen o. ä. dem Stand der Technik entsprechende Apparaturen.

Ist eine geschlossene Anwendung nicht möglich oder müssen Nanomaterialien außerhalb geschlossener Systeme verwendet werden, z. B. beim Um- und Abfüllen, muss direkt an der Freisetzungsquelle abgesaugt werden. Orientierung zum Stand der Technik bietet hierbei Abschn. 6.2.2 TRGS 500 "Schutzmaßnahmen". Insbesondere Staub emittierende Anlagen, Maschinen und Geräte müssen grundsätzlich mit einer wirksamen Absaugung versehen sein, sofern die Staubfreisetzung nicht durch andere Maßnahmen verhindert wird. Darauf ist besonders bei der Bearbeitung von Erzeugnissen, die biobeständige, faserförmige Nanomateria...

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