Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie Gefahrstoffen, physikalischen Einwirkungen, einer belastenden Arbeitsumgebung, körperlichen Belastungen oder mechanischen Einwirkungen in einem Maß ausgesetzt ist oder sein kann, oder mit Biostoffen der Risikogruppe 2, 3 oder 4 i. S. von § 3 Abs. 1 der Biostoffverordnung in einem Maß in Kontakt kommt oder kommen kann, dass dies für sie oder ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt.

Eine unverantwortbare Gefährdung in diesem Sinne liegt insbesondere vor bei:

1. Gefahrstoffen:

  • Gefahrstoffen, die nach den Kriterien des Anhang I zur Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zu bewerten sind als reproduktionstoxisch nach Kategorie 1A, 1B oder 2 oder nach der Zusatzkategorie für Wirkungen auf oder über die Laktation, als keimzellmutagen nach Kategorie 1A oder 1B, als karzinogen nach Kategorie 1A oder 1B, als spezifisch zielorgantoxisch nach einmaliger Exposition nach Kategorie 1 oder als akut toxisch nach Kategorie 1, 2 oder 3;
  • Blei und Bleiderivaten, soweit die Gefahr besteht, dass diese vom menschlichen Körper aufgenommen werden;
  • Gefahrstoffen, die auch bei Einhaltung arbeitsplatzbezogener Vorgaben möglicherweise zu einer Fruchtschädigung führen können.

Eine unverantwortbare Gefährdung gilt hier insbesondere unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 MuSchG als ausgeschlossen.

 
Wichtig

Bedeutung von "ausgesetzt sein"

Unter "ausgesetzt sein" wird verstanden, dass eine über die ubiquitäre Luftverunreinigung (Hintergrundbelastung) hinausgehende Exposition vorliegt oder umweltmedizinische Grenzwerte überschritten werden, die für die Gesamtbevölkerung konzipiert sind.

Die Vorschriften der Gefahrstoffverordnung gelten entsprechend. Dafür hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften Leitlinien[1] bekannt gemacht zur Beurteilung der chemischen, physikalischen und biologischen Agenzien und der industriellen Verfahren, die als Gefahrenquelle für Gesundheit und Sicherheit von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz gelten (92/85 EWG).

Für viele als sehr giftig, giftig, gesundheitsschädlich oder in sonstiger Weise den Menschen chronisch schädigend eingestuften Gefahrstoffe sind allerdings keine Arbeitsplatzgrenzwerte veröffentlicht. Dann ist die Einstufung des Herstellers maßgebend.

Werdende und stillende Mütter dürfen keinen Kontakt mit hautresorptiven Gefahrstoffen (Stoffe mit "H" gekennzeichnet) haben. Ein geeigneter Handschutz muss zur Verfügung gestellt werden.

 
Step by Step

Maßnahmenpakete

  1. Grundpflichten bei der Durchführung von Schutzmaßnahmen nach § 7 GefStoffV
  2. Allgemeine Schutzmaßnahmen bei geringer und "normaler" Gefährdung nach § 8 GefStoffV
  3. Zusätzliche Schutzmaßnahmen bei "erhöhter" Gefährdung nach § 9 GefStoffV
  4. Besondere Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden und fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B nach § 10 GefStoffV

2. Biostoffen:

Eine unverantwortbare Gefährdung kann auch dann bestehen, wenn der Kontakt mit Biostoffen im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 MuSchG therapeutische Maßnahmen erforderlich macht oder machen kann, die selbst eine unverantwortbare Gefährdung darstellen.

Eine unverantwortbare Gefährdung gilt in Bezug auf Biostoffe insbesondere als ausgeschlossen, wenn die schwangere Frau über einen ausreichenden Immunschutz verfügt (§ 11 Abs. 2 MuSchG).

 
Praxis-Beispiel

Infektionsgefahren

Infektionsgefahren bei Erzieherinnen im Zusammenhang mit Kinderkrankheiten (Masern, Mumps, Röteln usw.).

3. Physikalischen Einwirkungen:

Als solche sind zu berücksichtigen:

  • ionisierende und nicht ionisierende Strahlungen,
  • Erschütterungen, Vibrationen und Lärm,
  • Hitze, Kälte und Nässe.

4. Belastender Arbeitsumgebung:

  • Tätigkeiten in Räumen mit Überdruck i. S. von § 2 Druckluftverordnung,
  • in Räumen mit sauerstoffreduzierter Atmosphäre,
  • im Bergbau unter Tage.

5. Körperlichen Belastungen oder mechanischen Einwirkungen:

Tätigkeiten, bei denen die schwangere Frau

  • regelmäßig Lasten von mehr als 5 kg Gewicht oder gelegentlich Lasten von mehr als 10 kg Gewicht ohne mechanische Hilfsmittel von Hand heben, halten, bewegen oder befördern muss,
  • mit mechanischen Hilfsmitteln Lasten von Hand heben, halten, bewegen oder befördern muss und dabei ihre körperliche Beanspruchung der von Arbeiten nach § 11 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 MuSchG entspricht,
  • nach Ablauf des 5. Schwangerschaftsmonats überwiegend bewegungsarm ständig stehen muss und wenn diese Tätigkeit täglich 4 Stunden überschreitet,
  • sich häufig erheblich strecken, beugen, dauernd hocken, sich gebückt halten oder sonstige Zwangshaltungen einnehmen muss,
  • auf Beförderungsmitteln (gemeint sind hier Fahrzeuge aller Art, die der Beförderung von Personen oder Sachen dienen, sowie Züge und Flugzeuge) eingesetzt wird, wenn dies für sie oder ihr Kind eine unv...

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